Mit welchen Schadenhöhen ist denn im Brandfall zu rechnen?
Eine klassische Müllverbrennungsanlage verfügt über eine Waage für die Lkw sowie eine Anlieferhalle, die an einen Müllbunker grenzt. Dann kommen der Müllkessel mit Dampferzeugung, der über Kräne beschickt wird, die Rauchgasreinigungsanlage, der Schornstein und die Aggregate zur Strom- und Fernwärmeerzeugung. Bis auf die Waage liegt meist alles nah beieinander.
Wir sind aus unserer Erfahrung heraus sehr gut in der Lage, das aus Sicht der Versicherungswirtschaft bewertete Schadenpotenzial im Verhältnis zur Verwertungskapazität einer Anlage einzuschätzen. Bei einer Jahreskapazität von 300.000 Tonnen kann hier schnell eine mögliche Schadensumme von 250 bis 300 Mio. Euro bei einem einzigen Brand zustande kommen.
Wie kommt das zustande?
Für die Bewertung eines möglichen Großschadens wird meist nur eine Trennung der Komplexe als schadenverhütend betrachtet. Die organisatorischen und technischen Brandschutzstandards helfen bei der Frage der grundsätzlichen Zeichnungswürdigkeit und des Preises, bleiben hier aber meist außen vor. Insofern nimmt die Versicherungswirtschaft trotz der hohen Branderkennungs- und Brandbekämpfungsmaßnahmen theoretisch sehr hohe Großschadenszenarien bei der Zeichnungsentscheidung an, gepaart mit mäßiger bis hoher Eintrittswahrscheinlichkeit. Hieraus resultiert dann eine Begrenzung der Deckungskapazität.
Ähnlich wie bei einer Portfoliosteuerung am Kapitalanlagemarkt kommt hinzu, dass das Risiko heute verstärkt in der Breite gestreut und die Risikoausprägung nach oben hin begrenzt wird. Insofern stehen das Großschadenpotential, eine erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeit und ein Diversifikationswille der Versicherungswirtschaft im Schulterschluss nebeneinander. Für Betreiber mit großen Anlagenvolumina und hoher Risikobewertung ist das kein einfacher Rahmen. Wobei ich nochmals betonen will: Es ist ausreichend Feuerversicherungsschutz am Markt vorhanden; es erfordert aber Know-how und Arbeit, ihn für den Kunden zu erlangen.
Solche Großrisiken werden ja oft zwischen mehreren Anbietern aufgeteilt. Wie hat sich die Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei den Spezialanbietern in den letzten Jahren entwickelt?
Die Zusammenarbeit ist in der Regel von der Dienstleistung des qualifizierten Maklers geprägt. Dort werden die Versicherungsbedingungen und die Regeln des Konsortiums verfasst, die dann von den Anbietern bestätigt werden. Es entsteht eine Einheitlichkeit, aus der auch im Schadenfall eine gemeinsame Abwicklung der eigentlich unabhängigen Vertragsverhältnisse zwischen Versicherungsnehmer und jeweiligem Versicherer folgt. Diese Vorgehensweise liegt im Interesse der Betreiber. In den letzten Jahren hat aber eine kritischere Betrachtung dieser Bedingungen Einzug gehalten. Es wird nicht mehr alles einfach durchgewinkt. Da merkt man, dass gerade bei Individualgeschäft weniger Wettbewerb in der Versicherungswirtschaft herrscht. Außerdem möchten die Führungsversicherer bei ihrer qualifizierten Arbeit mit Versicherungsnehmer und Makler von den Beteiligten entsprechend zusätzlich vergütet werden, was hin und wieder Reibungswärme erzeugt hat.