Um die Rentenpläne der angehenden Ampel-Regierung zu finanzieren, werden die Beschäftigten länger in der Woche arbeiten und auf Urlaub verzichten müssen. Dies fordert das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln. Eine Möglichkeit sei jedoch, Teilzeitbeschäftigte mehr arbeiten zu lassen: Dies entspreche durchaus ihrem Wunsch.
SPD, Bündnis 90/die Grünen und FDP wollen im Fall einer gemeinsamen Regierung das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisieren, das Renteneintrittsalter soll nicht über die ohnehin geplante Anhebung auf 67 Jahre steigen. Zugleich steuern die deutschen Ruheständler auf eine Rekord-Rentenerhöhung zu: 5,2 Prozent soll es ab 2022 mehr geben. Das ruft nun das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln auf den Plan. Um diese Rentenpläne zu finanzieren, sollen die Beitragszahler deutlich länger arbeiten, fordert das komplett arbeitgeberfinanzierte Think Thank. Sonst seien die Rentenpläne nicht zu finanzieren.
Wochenarbeitszeit soll rauf
"In zehn Jahren wird Deutschland drei Millionen Erwerbstätige weniger haben. Diesen Verlust an Arbeitszeit müssen wir ausgleichen", sagte IW-Forscher Thomas Obst der BILD-Zeitung (Freitagsausgabe). Das bedeutet: Die Bürger müssten auf Freizeit verzichten. Statt wie bisher im Schnitt 33,9 Stunden pro Woche zu arbeiten, sollen die Deutschen ein bis zwei Stunden in der Woche mehr arbeiten. Als Beispiel nannte Obst die Schweiz (durchschnittlich 36,1 Stunden Arbeitszeit pro Woche) und Schweden (35,2 Stunden pro Woche).
Damit nicht genug: auch auf Urlaub sollen die Beitragszahler zur gesetzlichen Rente verzichten. Statt aktuell 43,4 Wochen im Jahr sollten Arbeitnehmer in Deutschland künftig 45 Wochen arbeiten, fordert das IW laut „BILD“. Allerdings gebe es auch hierfür eine Lösung: Teilzeitbeschäftigte könnten ihre Arbeitszeit aufstocken. Diese wollen ohnehin oft länger arbeiten, argumentiert das Think Thank.
Wiederholt Kritik an fehlenden Renten-Reformen
In den letzten Wochen haben Ökonomen wiederholt Kritik geäußert, weil auch die potentielle neue Regierung das Rentensystem nicht reformieren will. Unter anderem haben die Wirtschaftsprofessoren Axel Börsch-Supan, Friedrich Breyer und Klaus M. Schmitt in einem Kommentar für die „Süddeutsche Zeitung“ Reformen angeraten. Im Jahr 2045 müsste bereits mehr als das Doppelte des Bundeshaushalts allein für die Finanzierung der Rente zugeschossen werden, warnen die Experten, die auch das Bundeswirtschaftsministerium beraten. Das Geld fehle dann für dringend notwendige Investitionen. „Ein Land, das mehr als die Hälfte seines Bundeshaushalts für die Alimentierung der Rentenbezieher verwendet, gibt seine Zukunft auf“, warnen sie.
Die Ökonomen fordern unter anderem, dass sich die Rentenformel künftig an der Inflation orientieren solle statt an der Entwicklung der Löhne: Das würde die Renten weniger stark ansteigen lassen. Zudem sollen Menschen mit sehr hohen Alterseinkommen künftig weniger Rente erhalten. Das Renteneintrittsalter solle an die steigende Lebenserwartung angepasst werden.