Die Corona-Pandemie setzt auch den Schaden-Unfall-Versicherern zu. Dennoch aber können die Unternehmen mit dem Geschäft 2020 zufrieden sein: Einige Zweige profitieren derart durch Corona, dass sie negative Auswirkungen gänzlich wettmachen. Versicherungsbote stellt wichtige Kennzahlen des Kompositgeschäfts in 2020 vor.
Die Sammelsparte für das Schaden- und Unfallgeschäft
Die Trennung nach Sparten beim Betrieb von Versicherungen wird durch Paragraph 8 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) vorgeschrieben – der Betrieb der Lebensversicherung ist vom Betrieb anderer Versicherungssparten zu trennen. Ebenso ist der Betrieb der Krankenversicherung vom Betrieb anderer Versicherungssparten zu trennen. Die Folge: All jene Zweige und Bereiche, die nicht unter die Lebens- oder Krankenversicherung fallen, werden einer dritten großen Sparte zugeordnet: Dem Kompositgeschäft ("Compositum" = das Zusammengesetzte).
Und Ergebnisse dieser Komposit-Sparte können sich sogar im Coronajahr 2020 sehen lassen. Das zeigt der aktuelle „Branchenmonitor Kompositversicherung 2015-2020“ der V.E.R.S Leipzig GmbH: 1.288,29 Mio. Euro an Bruttoprämien verbuchte der Gesamtmarkt in 2020 – ein gewaltiges Geschäft.
Größter Prämienposten durch Kfz-Versicherung
Der größte Teil dieses Prämienkuchens – 43 Prozent – entfällt auf den Komposit-Zweig Kraftfahrt Gesamt. Zweitgrößter Posten im Komposit-Portfolio verdankt sich der Summe mehrerer kleinerer Zweige – der Branchenmonitor fasst diese unter „Rest“ zusammen. Hierzu gehört die wichtige Rechtsschutzversicherung. Aber auch Zweige wie „Feuer, „Kredit und Kaution“, „sonstige Sachversicherung“, „technische Versicherung“ oder „Transport und Luftfahrt“ werden dem Rest zugeordnet. In 2020 verdanken sich beachtliche 20 Prozent der Prämien dieser Sammelkategorie.
Drittgrößter Posten des Komposit-Geschäfts ist die Verbundene Gebäudeversicherung mit dreizehn Prozent vom Prämienkuchen. Knapp dahinter liegt die Haftpflicht mit elf Prozent sowie die Unfallversicherung mit neun Prozent. Den kleinsten Posten stellt, letztendlich, die äußert profitable Verbundene Hausrat – auf sie entfallen fünf Prozent der verbuchten Prämien.
Nur zwei Unternehmen schreiben rote Zahlen
Dass sich mit dem Kompositgeschäft gutes Geld verdienen lässt, zeigen auch weitere Kennzahlen. Zum Beispiel mussten nur zwei der 50 im Monitor untersuchten Unternehmen in 2020 eine Schaden-Kosten-Quote von über 100 Prozent ausweisen – und schreiben demnach rote Zahlen. Betroffen ist die Allianz Direct mit einer Combined Ratio (CR) in Höhe von 120,99 Prozent sowie die Haftpflichtkasse mit einer CR in Höhe von 166,64 Prozent.
Hingegen retteten sich zwei noch in 2019 betroffene Unternehmen 2020 in den auskömmlichen Bereich: die DA Deutsche Allgemeine verbessert sich von 102,12 Prozent auf 95,49 Prozent. Und der Bayerische VersVerband freut sich über eine Verbesserung seiner Schaden-Kosten-Quote von 102,73 Prozent auf 94,20 Prozent. Der CR-Schnitt des Marktes über alle 50 Versicherer hinweg liegt 2020 bei guten 90,31 Prozent –eine Verbesserung um 1,98 Prozentpunkte gegenüber 2019.
Verbesserte Schaden-Kosten-Bilanz durch größten Zweig
Die Corona-Pandemie wirkte sich bisher ganz verschieden auf verschiedene Komposit-Zweige aus. Besonders schlimm trifft es die Rechtsschutzversicherung (im Branchenmonitor unter den "Rest" gefasst): Sie rutscht 2020 in die roten Zahlen. Verschlechtert sich doch die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote über 25 Versicherer hinweg von 96,92 Prozent in 2019 auf 101,87 Prozent. Zwölf Versicherer reißen die kritische 100-Prozent-Marke und können so Schadenaufwendungen und weitere Kosten nicht mehr durch die Einnahmen decken – fast die halbe Branche.
Auf der anderen Seite aber profitieren die Verbundene Hausrat, besonders aber die – stetig kriselnde – Kfz-Versicherung (gelistet unter "Kraftfahrt gesamt") von der Corona-Pandemie. Demnach wirkt sich durchaus positiv auf die eh profitable Hausratversicherung aus, dass Menschen durch Homeoffice und Homeschooling mehr zuhause sind – die Combined Ratio über 50 Unternehmen hinweg verbessert sich von 72,94 Prozent auf unglaublich gute 68,42 Prozent.
Und der reduzierte Verkehr lässt auch die Schaden-Kosten-Quoten der Kfz-Versicherung sinken: Von durchschnittlich 99,24 Prozent auf komfortablere 91,03 Prozent (Versicherungsbote berichtete). Dass dieser Wert für den größten Kompositzweig auch dem gesamten Schaden-Unfall-Geschäft nutzt, versteht sich von selbst.
Einige Zweige sind besonders profitabel
Wie eh und je erwiesen sich in 2020 die kleineren Zweige Haftpflicht (durchschnittliche CR von 84,26 Prozent am Markt), Unfall (durchschnittliche CR von 80,00 Prozent) sowie Verbundene Hausrat (durchschnittliche CR von 68,42 Prozent) als besonders profitabel.
Diese Zweige sichern, dass sich auch in der Summe das Komposit-Geschäft sehen lassen kann: Beim versicherungstechnischen Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) glänzt jeder Versicherer im Schnitt mit einem komfortablen Plus von durchschnittlich 95,10 Millionen Euro in 2020. Weil das versicherungstechnische Ergebnis in 2019 noch bei 65,07 Mio. Euro lag, kann sich die Branche über eine Verbesserung von mehr als 46 Prozent freuen.
Wie wirkt sich Unwettertief Bernd auf die Schaden-Unfall-Versicherung aus?
Freilich: Solche Zahlen aus 2020 könnten eine nur kurzzeitige Momentaufnahme sein. Das zeigt sich schon an einer sehr auskömmlichen CR in Höhe von 89,50 Prozent für den Zweig Verbundene Gebäude – bei einer verbesserten Schadenquote (sie sinkt von 66,14 Prozent in 2019 auf nunmehr 62,35 Prozent in 2020) hat auch das Schicksal seine Hände im Spiel. Blieben doch auch in 2020 extreme Wetterereignisse aus, wie sie immer mehr die Bilanzen auch der Kompositversicherer belasten.
Umso härter aber schlug das Jahr 2021 zu: Die verheerende Flutkatastrophe Mitte Juli an Ahr und Erft kostete die Versicherungswirtschaft bisher rund 8,5 Milliarden Euro. Für die private Versicherungswirtschaft ist dies das bisher teuerste Naturkatastrophen-Ereignis in der Geschichte der Bundesrepublik (Versicherungsbote berichtete). Man muss also davon ausgehen, dass die Kennzahlen des Marktes sich für 2021 auffallend verschlechtern.
Hintergrund: Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Kompositversicherung 2015-2020“ BaFin-Berichte sowie das Statistische Jahrbuch des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherungsunternehmen und damit 86 Prozent des Schaden-/ Unfallmarktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.