Schaut man aufs Komposit-Geschäft, gehört die Haftpflichtversicherung zu den dankbaren Geschäftszweigen – für die meisten Versicherer ist das Geschäft gewinnbringend und lukrativ. Aktuelle Kennzahlen des zurückliegenden Geschäfts, die dies beweisen, seien im Folgenden vorgestellt.
Die Haftpflichtversicherung darf als lukrativer Zweig des Komposit- Geschäfts gelten. Und der Markt ist hierbei zunehmend im Wandel. Denn zum einen versuchen die Wettbewerber den hart umkämpften Markt durch Leistungserweiterungen und Zusatzleistungen für sich zu gewinnen: Was vor Jahren einzig in Premium-Tarifen enthalten war, gehören mittlerweile standardmäßig zum Leistungsumfang. Produkte werden auch immer mehr den individualisierten Bedürfnissen der Kunden angepasst.
Insurtechs als neue Konkurrenz
Zum anderen aber gilt die Haftpflichtversicherung als Zweig mit geringer Komplexität der Produkte – das macht sie attraktiv für neue Vertriebswege. InsurTechs treten in Konkurrenz zum traditionellen Vertrieb, positionieren sich aber zunehmend sogar selber als Risikoträger. Dadurch treten sie zudem in Konkurrenz zu den Versicherern. Die Haftpflicht – noch immer ein „Must Have“ für viele Kunden – ruft stetig neue Wettbewerber an den lukrativen Markt.
Corona ohne Auswirkungen
Wie aber lief das Geschäft für die Haftpflichtversicherer in 2020? Glaubt man den Kennzahlen des aktuellen "Branchenmonitor Haftpflicht 2015-2020" , kann die Branche trotz Corona zufrieden sein: Sie ist lukrativ wie eh und je. Gehört doch die Haftpflichtversicherung zu den wenigen Branchen, die durch die Corona-Pandemie kaum beeinflusst werden – weder negativ noch positiv.
Eine durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote bzw. Combined Ratio (CR) von 84,26 Prozent am Markt zeigt, dass der Zweig profitabel ist. Zwar stellt der Wert eine leichte Verschlechterung gegenüber 2019 dar – damals lag die durchschnittliche CR über 50 Unternehmen hinweg noch bei 83,74 Prozent (Versicherungsbote berichtete). Sieht man aber vom Rekordwert 2019 ab, dann ist die Combined Ratio in 2020 immerhin besser als zu allen anderen Jahren ab 2015.
Nur fünf der insgesamt 50 analysierten Unternehmen weisen in 2020 eine CR über 100 Prozent aus und schreiben demnach rote Zahlen: die DEVK Allgemeine (100,43 Prozent), die BGV-Versicherung (106,47 Prozent), Janitos (109,88 Prozent), die Inter Allgemeine (111,42 Prozent) und die Feuersozietät Berlin Brandenburg (112,99 Prozent.
Bei nur fünf Versicherern Ergebnis im Minus
Auch das versicherungstechnische Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) kann sich für die Branche sehen lassen: 19,22 Mio. Euro plus weist jeder Versicherer 2020 im Schnitt vor. Gegenüber dem Vorjahresergebnis verbessert sich damit der Schnitt um 1,2 Mio. Euro. Das beste Ergebnis erwirtschaftet hier die Axa (247,36 Mio. Euro) vor der Allianz (79,88 Mio. Euro) und der LVM (58,24 Mio. Euro).
Gegenüber dem Vorjahr hat die Axa die Allianz vom Rang eins beim Ergebnis verdrängt: In 2019 lag die Allianz noch vorn (mit 147,27 Mio. Euro.), während die Axa (mit 120,70 Mio. Euro) nur Rang zwei einnahm.
Fünf Versicherer sind es hingegen, die 2020 beim versicherungstechnische Ergebnis ein Minus vorweisen müssen: Janitos (-0,39 Mio. Euro), die Basler Sachversicherung (-1,18 Mio. Euro), die Inter Allgemeine (-1,94 Mio. Euro), die BGV-Versicherung (-2,62 Mio. Euro) und die R+V Allgemeine (-6,18 Mio. Euro).
Die Branche wächst – Verträge werden teurer
Dass sich die Haftpflicht für den Großteil der Branche als auskömmliches Geschäft erweist, liegt auch an der geringen Schadenquote: Mit 48,60 Prozent in 2020 liegt sie schon das dritte Jahr hintereinander unter 50 Prozent. Die Schadenaufwendungen freilich sind leicht gestiegen: Von 74,72 Mio. Euro je Versicherer in 2019 auf 76,10 Mio. Euro in 2020. Dennoch liegen sie niedriger als in den Jahren 2016 bis 2018.
Bei den gebuchten Bruttobeiträgen weisen alle Zeichen auf langsamen, aber stetigen Wachstum: Wurden in 2015 noch durchschnittlich 132,67 Mio. Euro je Versicherer gebucht und 2018 noch 142,03 Mio. Euro, kletterten die Prämien schon 2019 auf 148,51 Mio. Euro und liegen nun 2020 bei 151,04 Mio. Euro.
Und auch die Anzahl der durchschnittlich gehaltenen Verträge wächst, wenngleich nicht ganz so schnell: In 2015 wurden noch 790.238 Verträge je Versicherer gehalten und in 2018 insgesamt 824.613 Verträge. Bis 2020 ist die Zahl nun weiter auf 862.586 Verträge geklettert.
Die meisten Verträge hält die Allianz in 2020 (4.467.614 Stück) vor der Axa ( 3.163.714 Stück) und der Generali Deutschland (2.250.526 Stück). Zu beachten bei solchen Vergleichen ist aber: Der Branchenmonitor weist Tochterunternehmen nach Rechtsform getrennt aus (die Zahl der Generali enthält zum Beispiel nicht die Verträge der neuen Tochter fürs Maklergeschäft Dialog Versicherung).
Haftpflichtverträge werden teurer
Freilich begründet sich der anteilig größere Prämiensprung gegenüber dem Sprung bei den Vertragszahlen auch durch eine zunehmende Verteuerung der Produkte – wenngleich bei verbesserten Tarifen. Denn in 2015 lagen Durchschnittsprämien je Vertrag in der privaten Haftpflicht noch bei 144,00 Euro jährlich und kletterten bis 2019 auf 155,99 Euro. Zwar ging die Zahl in 2020 leicht zurück auf 155,87 Euro. Dennoch stiegen Durchschnittsprämien zwischen 2015 und 2020 um 13,8 Prozent.
Hintergrund: Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Haftpflichtversicherung 2015-2020“ der V.E.R.S. Leipzig GmbH BaFin-Berichte der zurückliegenden Jahre sowie Zahlen des Statistischen Jahrbuchs des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 93 Prozent des Marktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.