Der paneuropäische Altersvorsorge-Markt startet ohne Anbieter und Produkt. Die ‚Europarente’ offenbart damit ihren ‚Geburtsfehler’, findet Martin Klein (Votum-Verband).
Wenn am 22. März das paneuropäische private Pensions-Produkt (PEPP) - die sogenannte Europarente - startet, entsteht damit erstmals ein einheitlicher europäischer Binnenmarkt für Altersvorsorge. Die Europarente soll weniger komplex sein, mehr Vergleichbarkeit durch standardisierte Produktinformationen bieten, flexibel in der Geldanlage sein und dabei auf teure Garantien verzichten. Zudem gibt es flexible Ein- und Auszahlungsmöglichkeiten, EU-grenzüberschreitende Mitnahme und ein Wechselrecht alle fünf Jahre.
Und auch für Anbieter eröffne die Europarente neue Chance, meint Til Klein, Gründer des Berliner Altersvorsorge Start-up Vantik. Denn neben Versicherungen können auch Banken und Vermögensverwalter eine Europarente anbieten. „Dabei können sie ihre Lizenz in Zukunft europaweit nutzen und damit erhebliche Größenvorteile realisieren“, schreibt Vantik.
Tatsächlich will Vantik auch selbst ein solches Produkt anbieten - allerdings hängt das Genehmigungsverfahren noch. Vantik sei mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im „finalen Austausch“ darüber, welche Daten und Dokumente genau für das Genehmigungsverfahren benötigt würden, so Vantik gegenüber Versicherungsbote.
Damit ist Vantik vergleichsweise allein im ‚Startblock’. Andere Anbieter scheinen die Chancen weniger hoch einzuschätzen. Die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA zeige sich auf Nachfragen hinsichtlich der bei ihr laufenden Genehmigungsverfahren für derartige Produkte sehr zurückhaltend, schreibt der VOTUM-Verband. Das mangelnde Interesse der Anbieter verwundert VOTUM-Vorstand Martin Klein keineswegs. Vielmehr zeige diese Entwicklung deutlich den Geburtsfehler der „Europarente“ auf: „Wenn EU-Gesetzgeber und Regulatoren mit unrealistischen Wunschvorstellungen selbst Produktentwickler spielen, dürfen sie sich nicht wundern, dass der Markt nicht folgt“, so Martin Klein. „Der Zwang, bei jedem Angebot auch ein Standardprodukt mit hohen Garantien, Inflationsausgleich und minimalen Kosten – also das Perpetuum mobile der Altersvorsorge – vorzuhalten, lässt die Anbieter zurecht zurückschrecken. Andauernd niedrige Zinsen bei gleichzeitig steigender Inflation waren in der Fantasie der europäischen Produktregulierer offenbar nicht präsent.“
Kern des Problems, so Martin Klein, sei die viel zu starre Begrenzung der Kosten. Der Verbands-Vorstand fühlt sich gar an die Anfänge der Riester-Rente erinnert: „Auch hier hatte man am Start Produktschranken vorgegeben, welche die Verbreitung dieser sinnvollen privaten Vorsorge zunächst zum Rohrkrepierer werden ließen. Auch die aktuellen Probleme bei der Riester-Versicherung beruhen im Wesentlichen auf dem überkomplexen Zulagenverfahren“, moniert Martin Klein.
Der ‚Fehlstart‘ bei PEPP zeige, dass weder Gesetzgeber noch Aufsicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hätten. Der Start einer paneuropäischen Altersvorsorge findet ohne Anbieter und Produkt statt. Das sollte die Bundesregierung genau betrachten, rät Klein, wenn sie sich Gedanken über die Neugestaltung der Riester-Rente macht.