Darüber hinaus kann auch der Staat eine kapitalgedeckte Altersvorsorge organisieren: oft umgangssprachlich, trotz verschieden ausgeprägter Modelle, als „Staatsfonds“ bezeichnet. „Wenn der Staat selbst als „Spieler“ auftritt, so geht dies mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen einher. Da manche dieser Risiken und Nebenwirkungen außerhalb der ersten Säule besonders stark ausgeprägt sind, tritt der Staat in den oft zitierten Beispielen aus anderen Ländern lediglich in der ersten Säule als Spieler auf“, schreiben die ifa-Autoren.
Stark vereinfacht kann der Staat in zweierlei Art als „Spieler“ auf dem Markt eingreifen: indem er in der ersten Säule selbst einen Kapitalstock aufbaut, um das gesetzliche Rentensystem in Zukunft zu stützen. Oder ein investmentfondsartiges Produkt anbieten, an dem die Bürgerinnen und Bürger Anteile erwerben können, die wiederum ihrem individuellen Rentenkonto zugeordnet sind. Letzteres Modell kann privatwirtschaftliche Produkte, die auch im Wettbewerb zum staatlichen Angebot stehen, zulassen und ausschließen. Als Beispiele werden oft der norwegische Staatsfonds, die Schwedische Prämienrente und der Canada Pension Plan herangezogen - trotz unterschiedlicher Ausprägungen.
Darüber hinaus kann der Staat auch als „Schiedsrichter“ agieren - er beschränkt sich darauf, dass von der Privatwirtschaft sinnvolle Altersvorsorgeprodukte angeboten werden, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen und durch Steuern und Zulagen gefördert werden. Ähnliches passiert zum Beispiel bereits mit Blick auf die Riester-Rente, wo eine 100-Prozent-Beitragsgarantie festgelegt ist.
Risiken: der Staat als "Spieler" bzw. Marktakteur
Tritt der Staat als „Spieler“ auf, dann sei dies bei den internationalen Beispielen oft auf die erste Säule der Altersvorsorge beschränkt: stark vereinfacht die gesetzliche Rentenversicherung. Die Fifa-Autoren machen deutlich, dass dies nicht ihr bevorzugtes Modell ist. Die genannten Risiken: Zum einen sei denkbar, dass der Staat den Fonds missbrauche und in Zeiten knapper Kassen drauf zugreife. Das sei etwa bereits in Irland passiert, wo die Regierung in der Finanzkrise 2008 rund 20 Milliarden Euro zur Rettung notleidender Banken entnommen habe. Einen vollständigen Schutz vor zukünftigen Zugriffen könne es nicht geben.
Zum anderen sehen die Autoren die Gefahr, dass der Staat bewusst Fehlanreize setzt, um als Investor am Kapitalmarkt zu profitieren. Zum Beispiel, indem Gesetze Unternehmen bevorzugen, in die er investiert hat. Oder auch, dass das Investment nach politischem Kalkül erfolgt: etwa investiere der spanische Staatsfonds hohe Anteile in spanische Staatsanleihen - mit fehlender Risikostreuung. Auf oft diskutierte Vorteile solcher Fonds: extrem niedrige Verwaltungskosten, der Wegfall von Abschlussprovision sowie die Möglichkeit, bewusst ökologische, soziale und nachhaltige Investments zu unterstützen, geht die ifa-Studie nicht ein.
Im Gegensatz zu vergangenen Rentenreformen spielt die Auszahlphase in der aktuellen Diskussion kaum eine Rolle, bemängeln die Autoren. Das gelte vor allem mit Blick auf neu einzuführende, staatlich organisierte und kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme. „Auch in Zukunft muss aber durch geeignete Anreize sichergestellt werden, dass zumindest diejenigen Bürger, deren gesetzlicher Rentenanspruch absehbar unter einem gewissen Mindestniveau liegt, ihre lebenslangen Ausgaben durch ein lebenslanges Einkommen absichern“: folglich einer lebenslangen Rente. Dies sei in existierenden Systemen (Riesterrente, bAV) bereits umgesetzt. Sonst bestehe ein finanzielles Risiko darin, länger zu leben als das Geld reicht.
Leitplanken: höheres Renteneintrittsalter, Kapitalstock, Erhalt bestehender Systeme
Was die ifa-Autoren letztendlich vorschlagen, um die Rente zu reformieren, wäre für viele schmerzhaft: aber sie bieten wenig neue Rezepte. Sie schreiben als Plädoyer: "Insgesamt sollte man bei der Reform der Altersvorsorge in Deutschland folgende Leitplanken unbedingt im Blick haben: Die Einrichtung eines Kapitalstocks zur langfristigen Stabilisierung der gesetzlichen Rente ist sinnvoll. Fragen, wie die teilweise Kapitaldeckung konkret ausgestaltet werden sollte, welche Volumina im weiteren Zeitverlauf aufgebaut werden und wie man deren Finanzierung plant, müssten zeitnah beantwortet werden. Und man muss sich bewusst sein, dass man die Herausforderungen der 2030er Jahre hierdurch nicht bewältigen kann".
Weiter argumentieren sie: "Um die Herausforderungen der 2030er Jahre ohne eine Überforderung der öffentlichen Finanzen zu bewältigen, ist eine Abkehr von der doppelten Haltelinie sowie eine weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze (idealerweise automatisiert gekoppelt an die Entwicklung der Lebenserwartung) erforderlich. Da dies bereits heute offenkundig ist, sollte es den Bürgern auch transparent kommuniziert werden. Außerhalb der gesetzlichen Rente müssen vorrangig existierende kapitalgedeckte Systeme gestärkt werden statt neue, staatlich organisierte einzuführen".