Wichtige Erkenntnisse des Statistischen Bundesamtes werden in der Allianz-Studie hingegen übergangen: obwohl man sich auf diese Werte teilweise bezieht. So könnte fälschlicherweise der Eindruck entstehen, das Zweiradfahrer überproportional Hauptverursacher der Unfälle sind. Das ist mitnichten so: wie der Blick auf Kollisionen mit PKW zeigt.
Sowohl bei Kraftkradbenutzern als auch Fahrrädern ist der PKW bei Zusammenstößen häufigster Unfallgegner. Bei motorisierten Zweirädern wurden laut Destatis 2020 67,6 Prozent der Unfälle vom PKW verursacht: 93,5 Prozent der Unfallopfer waren jedoch Kraftradfahrer oder -mitfahrer.
Noch deutlicher fallen die Zahlen bei Radfahrern aus. Zwar galten bei den Unfällen mit Personenschaden 49,4 Prozent aller Radler als Hauptverursacher des Unfalls: auch wegen der zunehmenden Zahl an Alleinunfällen, die etwa ein Viertel (28,3 Prozent) aller Rad-Unfälle ausmachen. Bei 69 Prozent gab es einen weiteren Unfallbeteiligten. Auch bei den Fahrradfahrern ist hierbei ein Pkw der häufigste Unfallgegner gewesen (71,9 Prozent).
“Bei Unfällen mit einem Pkw war der Radfahrer nur zu 24,8 Prozent und bei Unfällen mit Güterkraftfahrzeugen nur zu 19,4 Prozent der Hauptverursacher des Unfalls“, berichtet das Statistische Bundesamt. Genau das sind aber die Unfälle, die im Stadtverkehr oft mit schweren Verletzungen oder gar dem Tod des Radfahrers enden. Fakten, die die Allianz-Unfallforscher übergehen. Und so Vorurteile gegen Zweiradfahrer bestärken? Auch in den Vorjahren bewegten sich die Zahlen etwa in dem Bereich.
Folge von Alleinstürzen oft unterschätzt
Stattdessen hebt die Allianz-Studie stärker auf das Fehlverhalten der Zweirad-Nutzer ab. So sei bei einem Alleinsturz nach AZT-Berechnung das Risiko einer schweren Verletzung bei Fahrradfahrern, inklusive E-Fahrrad, doppelt so hoch wie bei Unfällen mit Dritten. Im Fahrradverkehr werde zwar das Fehlverhalten „falsche Straßenbenutzung“ am häufigsten registriert, doch jüngst nehme auch dort der für das Motorrad klassische „Geschwindigkeitsfehler“ zu: stark vereinfacht nicht angepasste Geschwindigkeit.
Tatsächlich werden die Folgen von Alleinunfällen oft unterschätzt, wie auch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen. 25.883 Fahrradfahrer wurden 2020 verletzt und 118 getötet, wenn sie allein verunfallt sind (zum Vergleich Zusammenstoß Rad mit PKW: 45.388 Verletzte, 154 Getötete). Bei motorisierten Zweirädern sind die Zahlen noch deutlicher: 184 getötete Motorradfahrer und 17 Mopedfahrer wurden bei Unfällen ohne Fremdeinwirkung gezählt. Bei Alleinunfällen gilt der Verunfallte automatisch als Hauptverursacher des Unfalls: auch, wenn die Ursache nicht aus Regelverstößen resultiert, etwa wegen eines technischen Defektes oder Gegenständen auf der Fahrbahn.