Rentenzahlungen aus Versicherungsverträgen, die vor 2005 geschlossen wurden, sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Welche Prämissen erfüllt sein müssen und über welche Fragen die Finanzverwaltung (immer noch) nachdenkt, schildert Susanne Heitzler im Gastbeitrag.
Der Bundesfinanzhof hatte Anfang Juli letzten Jahres ein weiteres wegweisendes Urteil zur Besteuerung von Renten gefällt (VIII R 4/18). Konkret ging es um die Besteuerung der Rentenbezüge aus einer privaten Kapitallebensversicherung mit Kapital- bzw. Rentenwahlrecht, abgeschlossen vor 2005. Seit 2005 sind „Renten und andere Leistungen“ als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Bis 2005 waren die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer zur gesetzlichen Rentenversicherung steuermindernd kaum berücksichtigt, dafür waren die späteren Zahlungen steuerfrei. Das Modell wird bis 2040 schrittweise auf eine nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Dabei darf es aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu einer Doppelbesteuerung der Bezüge kommen und die Systematik des Altersvorsorgesetzes wird daher zeitlich gestreckt werden. Zur Berechnung des steuerpflichtigen Anteils der Rente hatte der Bundesfinanzhof bereits Grundsatzurteile gefällt. Diese nachgelagerte Besteuerung greift jedoch nur für Rentenleistungen, die als wiederkehrende Bezüge oder Kapitalabfindungen (andere Leistungen) aus einer gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden.
Ertragsanteil aus privaten Renten
Wiederkehrende Bezüge - Kapitalauszahlungen statt Rentenleistungen
Neu ist die höchstrichterliche Erkenntnis, dass „Sonstige Einkünfte“ auch aus wiederkehrenden Bezügen – Renten - steuerlich nach dem Gesetz nur gegeben sind, wenn es sich nicht um Einkünfte aus anderen Einkunftsarten handelt. In dem vom Bundesfinanzhof abschließend beurteilten Fall handelte es sich bei den Rentenzahlungen demnach um Kapitalbezüge, die gesetzlich vorrangig den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen sind. Der Gesetzgeber hatte im Rahmen der Neuregelung Steuerfreiheit für Kapitalleistungen gewährt aus gesetzlich näher definierten privaten Vorsorgeverträgen, die vor 2005 abgeschlossen wurden. Dies gilt jedoch nach dem neuen Urteil nicht nur für die bisher unstreitigen Fälle, in denen bei Fälligkeit der Leistung aus dem Vertrag von dem Wahlrecht zu einer einmaligen Kapitalzahlung Gebrauch gemacht wird. Auf die Auszahlungsart kommt es nicht an, wie ausführlich in dem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs dargelegt ist. Bei Ausübung des Rentenwahlrechts beinhalten die wiederkehrenden Bezüge danach also keine Rentenzahlungen im Sinne des Einkommensteuergesetzes.
Wenn ein vor 2005 abgeschlossener Vertrag den gesetzlichen Vorgaben entspricht und soweit der Jahresbetrag der Zahlungen die einbezahlten Beiträge nicht übersteigt, ist die „Rente“ danach als Kapitalzahlung wie eine Einmalkapitalzahlung steuerfrei. Der Bundesfinanzhof hat die vorgängige Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt. Das Klagebegehren im konkret entschiedenen Fall war jedoch nur auf die Besteuerung der Bezüge mit dem Abgeltungssteuersatz für Kapitaleinkünfte anstatt mit dem Normaltarif gerichtet, so dass dem Kläger keine Steuerfreiheit für den im betroffenen Jahr ausbezahlten Rentenbetrag gerichtlich zugesprochen werden konnte.
Umsetzung der Rechtsprechung durch die Steuerverwaltung
Das Bundesfinanzministerium prüft noch die Anwendung des Grundsatzurteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus. Problematisch dürfte nicht vorrangig die Gewährung von Steuerfreiheit für Rentenzahlungen aus den Altverträgen vor 2005 sein. Im Ansatz des Rentenertragsanteils bei Neuverträgen ab 2005 vergleichsweise zu einer Ermittlung der Differenz zwischen Auszahlungsbetrag und Beiträgen, die bei Einmalzahlungen laufzeit- und altersabhängig ggf. nur zu 50 % steuerpflichtig ist, ist dagegen ein Knackpunkt zu sehen. Jedenfalls können Bezieher von Renten aus privaten Kapitallebensversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, die Steuerfreiheit in ihren aktuellen Steuererklärungen unter Berufung auf das neue Urteil des Bundesfinanzhofs schon einmal geltend machen.