Ukraine-Krieg: Versicherer fürchten milliardenschwere Cyberschäden

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Den Versicherern drohen durch den Ukraine-Krieg Milliardenschäden durch Cyberangriffe. Auch, wenn kriegsbedingte Schäden oft ausgeschlossen sind, lässt sich der Urheber eines Cyberangriffes oft nicht nachweisen. Vor allem größeren Unternehmen könnte es deshalb zunehmend schwer fallen, Schutz gegen Cyberrisiken zu finden.

Wenn der Ukraine-Krieg auch mit russischen Cyberangriffen auf westliche Unternehmen und IT-Systeme einher geht, drohen den Versicherern Milliardenschwere Schadensforderungen. Für eine große Cyberattacke könnten rasch 20 Milliarden US-Dollar oder mehr fällig werden, sagte der Chef des Londoner Versicherungsmarktes Lloyd's, Bruce Carnegie-Brown, der Nachrichtenagentur Reuters. Das sei so viel wie nach einem schweren Hurrikan in den USA.

Zwar schließen viele Versicherer in ihrem Bedingungswerk kriegsbedingte Schäden üblicherweise aus. Doch schwierig ist es, überhaupt nachzuweisen, dass ein Cyberangriff auch tatsächlich auf einen Krieg zurückzuführen ist bzw. auf staatliche Anordnung einer Kriegspartei. Marcel Straub, Head of Legal und Schadenexperte bei Finlex, berichtete dem Versicherungsboten, dass sich schon vor dem Ukrainekrieg Versicherer auf die Kriegsausschlussklauseln berufen wollten. „Verfangen hat diese Argumentation nicht, denn regelmäßig fehlte es bei den Angriffen an der zielgerichteten Handlung eines angreifenden Staates. Zudem ist herrschende Meinung, dass sich der Kriegsausschluss vornehmlich auf physische Kriegsakte bezieht.“

Zwar seien größere Hacker-Attacken seit Ausbruch des Krieges bisher ausgeblieben. Aber Reuters nennt einen Bericht der Analysefirma Cybercube, wonach es Cyberattacken russischer Hacker bisher auf Einrichtungen in der Ukraine gegeben habe: etwa auf kritische Infrastruktur und Banken. Die Attacken gehen jedoch auch in die andere Richtung. So seien russische Stellen Angriffsziel geworden - wie Nachbarstaaten, etwa Polen und Lettland. Die Nachrichtenagentur zitiert Meredith Schnur vom US-Versicherungsmakler Marsh, wonach viele Versicherer bereits darüber nachdenken, Angriffe aus Russland und der Ukraine von der Deckung auszunehmen.

Doch bereits vor dem Ukrainekrieg seien die Prämien von Cyberpolicen nahezu explodiert: Laut Marsh hätten sich die Prämien in den USA im vierten Quartal 2021 mehr als verdoppelt, in Großbritannien verdoppelt. Grund seien hohe Lösegeldforderungen der Hacker an die Unternehmen. Der Ukraine-Krieg könnte diesen Trend beschleunigen. Eine Folge von den hohen Schäden sei, dass zahlreiche Versicherer große Unternehmen gegen Cyberschäden gar nicht mehr versichern oder nur noch in Konsortien. Stattdessen konzentrieren sie sich auf kleine und mittelständische Betriebe.

Marcel Straub und Dennis Wrana von Finlex machen deutschen Firmen zumindest Hoffnung, dass die Versicherer auch für Hackerangriffe aus Russland zahlen müssen. „Cyberattacken russischer Hacker gegen deutsche Unternehmen sind nach unserer Einschätzung weiterhin versichert. Die klassische Kriegsausschlussklausel ist nicht einschlägig, da es an dem Merkmal der Zwischenstaatlichkeit fehlt und sich Russland nicht im Krieg mit Deutschland befindet", schreiben sie. Sie verweisen jedoch darauf, dass es auf dem Markt eine Vielzahl verschiedener Kriegsausschlussklauseln gebe: Diese könnten künftig noch zahlreicher und strenger werden.