Die mehrfach geänderte Insolvenzordnung (InsO) legt einen Schwerpunkt darauf, insolvente Unternehmen zu sanieren und inklusive der Arbeitsplätze, Lieferantenbeziehungen und Co. für die Zukunft zu erhalten. Ein spezielles Instrument ist der Insolvenzplan. Was dieses Verfahren auszeichnet und wie es richtig eingesetzt wird, erklärt Fachanwalt für Insolvenzrecht Mark Steh im Gastbeitrag.
Und diese kann durchaus im Rahmen einer Insolvenz gefunden werden. Eine Insolvenz: ja, richtig, eine Insolvenz! Diese stellt nicht automatisch das Ende eines Unternehmens dar, sondern ist oftmals ein neuer Anfang, der gesetzlich gefördert und geschützt ist. Denn unter dem Mantel der Insolvenzordnung lassen sich Sanierungsvorhaben wesentlich einfacher durchführen. Das beruht auf der Revision des deutschen Insolvenzrechts durch die seit 1999 gültigen und seither mehrfach geänderte Insolvenzordnung (InsO). Damit hat der Gesetzgeber mehrere alte Gesetze, darunter die Konkursordnung von 1877, ersetzt und das Insolvenzrecht umfassend modernisiert. Denn zielte die Konkursverwaltung in der Vergangenheit häufig auf eine zügige Liquidation eines Unternehmens ab, legt die InsO von 1999 einen Schwerpunkt darauf, einen insolventen Unternehmensträger zu sanieren, und hat dafür neue Instrumente geschaffen.
Insolvenzverwalter kann Insolvenzplan als Sanierungsinstrument vorschlagen
Eines davon ist der Insolvenzplan beziehungsweise das Insolvenzplanverfahren. Im Kern stellt das Insolvenzplanverfahren einen vorwiegend vom Insolvenzverwalter erarbeiteten und administrierten Vergleich dar, durch den sowohl die Gläubiger bestmöglich befriedigt werden sollen als auch das Unternehmen erhalten bleiben soll. Das ist besonders wirksam für Unternehmer, denn sie haben dadurch die Chance, die Vorteile der Insolvenzordnung zu nutzen, ohne dass ihr Unternehmen für die Sanierung an einen Dritten übertragen werden muss.
Wie das funktioniert? Zunächst muss der zahlungsunfähige und/oder überschuldete Unternehmer Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Die Gläubigerversammlung kann dann in der ersten Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans zu beauftragen. Der Insolvenzschuldner kann alternativ die Vorlage des Insolvenzplans mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbinden. Der Plan muss spätestens im Schlusstermin dem Insolvenzgericht vorliegen, um berücksichtigt zu werden. Auch kann der Insolvenzverwalter die Erstellung eines Insolvenzplans als Sanierungsinstrument vorschlagen.
Ist das Unternehmen überhaupt sanierungswürdig?
Für das Gelingen des Insolvenzplans müssen also zahlreiche Voraussetzungen gegeben sein. Der sanierungswillige Insolvenzverwalter wird nicht ins Blaue hinein aufgrund einer Laune einen Insolvenzplan forcieren, sondern in einem ersten Schritt eine ganze Reihe von Fragen aufwerfen, bevor er der Gläubigerversammlung die Ausarbeitung eines Sanierungsplans vorschlagen wird. Hat das Unternehmen eine Chance am Markt? Ist das Unternehmen überhaupt sanierungswürdig? Kann durch Veränderung der Kostenstrukturen die dauerhafte Rentabilität sichergestellt werden? Besteht grundsätzlich Interesse der Gläubiger an der Sanierung und können diese überzeugt werden, sich an der Sanierung zu beteiligen? Besteht Vertrauen in die Unternehmensleitung oder ist diese vielleicht ein Teil des Problems? Bieten die beteiligten Gesellschafter eine langfristige Perspektive für das sanierte Unternehmen?
Voraussetzung für die Sanierung im Insolvenzplanverfahren ist also, dass das Unternehmen leistungswirtschaftlich wirklich saniert werden kann und es seitens der Gläubiger keine schwerwiegenden Zweifel an der Kompetenz und Redlichkeit der Unternehmensführung gibt. Erst wenn diese Bedingungen positiv beantwortet sind, wird der Insolvenzverwalter den Insolvenzplan aufstellen und darin die Maßnahmen formulieren, die für die erfolgreiche Fortführung entscheidend sind. Dabei wird der Insolvenzverwalter auch den Schuldner beziehungsweise die Organe und die Gläubiger einbeziehen, um eine nachhaltige Lösung der Probleme zu erreichen und die erfolgreiche Zukunft des Betriebs zu gewährleisten.
Gericht wird missbräuchliche Versuche von Gläubigern unterbinden
Dabei ist wichtig: Der Insolvenzplan ist kein Selbstzweck. Er legitimiert ein grundsätzlich insolventes Unternehmen nicht zu einem „Weiter so!“, sondern er muss zwingend und mit allen Konsequenzen eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, kann das beispielsweise dazu führen, dass im Plan vorgesehene Stundungen oder ein teilweiser Erlass von Forderungen hinfällig werden. Und: Das Gericht kann den Insolvenzplan des Verwalters nur bestätigen, sofern die Gläubiger diesen positiv beschieden haben und dieser deutlich macht, dass eine echte Sanierungschance besteht. Ebenso wird das Gericht aber auch missbräuchliche Versuche von Gläubigern unterbinden, das Insolvenzplanverfahren aufgrund insolvenzzweckwidriger Eigeninteressen zu konterkarieren.
Hat das Gericht den Insolvenzplan bestätigt, wird nachfolgend das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Schuldner erhält das Recht zurück, frei über sein Vermögen zu verfügen, ohne dass ein Insolvenzverwalter oder Sachwalter beteiligt werden müsste. Das hat weitreichende Vorteile. Das Unternehmen wird erhalten und existiert weiter. Auch die Gläubiger besitzen in dem Verfahren wesentlich mehr Mitbestimmungsrechte, da sie über die Annahme des Insolvenzplans als Sanierungsinstrument entscheiden und oftmals auch höhere Quoten als im Regelinsolvenzverfahren erhalten können, die zudem schneller zur Auszahlung kommen.
Insolvenzordnung schafft einen stabilen Rahmen für die Sanierung
Ebenso stellt der Insolvenzplan in der Regel die einzige Möglichkeit für den Unternehmenserhalt dar, etwa wenn bestimmte Rechte, Genehmigungen oder Zulassungen untrennbar mit dem Rechtsträger verbunden sind. Gerade Banken und Lieferanten bietet eine Sanierung des Schuldnerunternehmens die Möglichkeit, nicht nur eine bessere Befriedigung ihrer Insolvenzforderungen zu erhalten, sondern überdies einen wirtschaftlich erholten Kunden und Geschäftspartner langfristig zu binden. Vorteilhaft für die Sanierung im Insolvenzplanverfahren ist zudem, dass Schuldner und Gläubiger von den Vorschriften der Insolvenzordnung abweichen können, wenn sie der Meinung sind, dass dies zu einer besseren Verwirklichung des Verfahrensziels führen kann. Dazu gehören beispielsweise die Vorgaben zur Regulierung der Schulden des insolventen Unternehmens. Auch lassen sich Verträge oder Dauerschuldverhältnisse leichter beenden.
Was heißt das nun für Unternehmen in der Krise? Sie müssen, sofern ihr Substanz für eine zukunftsfähige Gestaltung ausreicht, durch die Insolvenz nicht das Ende ihrer unternehmerischen Existenz befürchten. Die Insolvenzordnung schafft einen stabilen Rahmen für die Sanierung, der Insolvenzplan ist das Instrument für die Zukunft. Bislang jedoch sind weniger als ein Prozent aller Insolvenzverfahren über einen Insolvenzplan beendet worden. Das zeigt, dass das Instrument noch weiteres Potenzial besitzt.