Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt Politik, Wirtschaft und Bürger zuznehmend. Für Unternehmen stehen die Punkte Environment, Social und Governance im Fokus. Doch das Thema ist komplex. Was Unternehmen beachten sollten, erklärt Sarah Köpfer von der Unternehmensberatung Höppner Management & Consultant GmbH. Die Leiterin des Kompetenzteams Klimaschutz und Nachhaltigkeit berät Unternehmen bei der Umsetzung von Sustainable Finance-Maßnamen.
Nachhaltiges Finanzwesen (auch grünes Finanzwesen oder Sustainable Finance) ist die Gesamtheit der Finanzvorschriften, Standards, Normen und Produkte, die ein ökologisches Ziel verfolgen und insbesondere die Energiewende erleichtern sollen. Somit ist ein Zusammenspiel von Banken und Wirtschaft von großer Bedeutung für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, denn Unternehmensfinanzierungen nach ESG-Kriterien nehmen immer weiter zu.
Der Kampf gegen den Klimawandel und soziale Ungleichheiten, der Ausbau der Erneuerbaren Energien und alternativer Mobilität, die Förderung von Bildungs- und Geschlechtergerechtigkeit und, und, und: Die Menschheit steht vor großen Herausforderungen, denen sich Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinschaftlich stellen müssen. Dabei kommen dem nachhaltigen Investieren und Finanzieren besondere Bedeutung zu. So schreibt beispielsweise die Deutsche Bundesbank: Sustainable Finance beziehungsweise Nachhaltigkeit im Finanzsystem bezeichnet den Einbezug von Umwelt-, sozialen und Unternehmensführungsaspekten in die Entscheidungen von Finanzakteuren. Vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens sind insbesondere die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an dessen Folgen in den Fokus gerückt. Die Bankenaufsicht muss in diesem Kontext sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsrisiken, inklusive Klimarisiken und Risiken aus dem Übergang in eine nachhaltigere Wirtschaft, von den Instituten in angemessener Weise berücksichtigt werden.“
Environment, Social und Governance im Fokus
Dabei stehen die ESG-Kriterien im Fokus. Das steht für „Environment“, „Social“, „Governance“, also „Umwelt“, „Soziales“ und „Gute Unternehmensführung“. Nachhaltigkeit im Bereich „Umwelt“ bedeutet für Unternehmen und Institutionen beispielsweise Verantwortung zeigen durch den Einsatz Erneuerbarer Energien, einem effizienten Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Reduktion von CO2-Emissionen. Das kann zusammengefasst in einer umfassenden Klimastrategie münden. Im Bereich „Soziales“ sollte beispielsweise, über alle Lieferketten hinweg die Einhaltung zentraler Arbeitsrechte und hohe Standards bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sichergestellt und faire Bedingungen am Arbeitsplatz, eine angemessene Entlohnung sowie Aus- und Weiterbildungschancen gewährleistet werden. „Gute Unternehmensführung“ umfasst zum Beispiel die Verankerung einer Nachhaltigkeitsstrategie und des Nachhaltigkeitsmanagements auf Führungs- und Aufsichtsebene oder auch transparente Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption und Bestechung und die konsequente Orientierung an Corporate Social Responsibility-Richtlinien.
Sustainable Finance transparent bei ESG-Faktoren
Bei der EU-Kommission heißt es: „Im politischen Kontext der EU wird nachhaltiges Finanzwesen als Finanzierung zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitiger Verringerung der Umweltbelastung und Berücksichtigung von sozialen und Governance-Aspekten verstanden. Nachhaltiges Finanzwesen umfasst auch Transparenz, wenn es um Risiken im Zusammenhang mit ESG-Faktoren geht, die sich auf das Finanzsystem auswirken können, sowie die Minderung solcher Risiken durch eine angemessene Governance der Finanz- und Unternehmensakteure. Nachhaltiges Finanzwesen spiele eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der politischen Ziele im Rahmen des europäischen Green Deals sowie der internationalen Verpflichtungen der EU in Bezug auf Klima- und Nachhaltigkeitsziele. Dies geschieht durch die Kanalisierung privater Investitionen in den Übergang zu einer klimaneutralen, klimaresistenten, ressourceneffizienten und fairen Wirtschaft als Ergänzung zu öffentlichen Geldern. Nachhaltige Finanzen werden dazu beitragen, dass Investitionen eine widerstandsfähige Wirtschaft und eine nachhaltige Erholung von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie unterstützen.“
Das bedeutet also: Sustainable Finance soll im Sinne der Ausgewogenheit der drei Säulen der Nachhaltigkeit die Finanzierung nachhaltiger Akteure sicherstellen, um Wachstumziele zu unterstützen. Das seit langem bestehende Konzept wurde vor allem mit der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens gefördert, in dem festgelegt ist, dass die Vertragsparteien die Finanzströme mit einem Weg zu niedrigen Treibhausgasemissionen und einer klimaresistenten Entwicklung in Einklang bringen müssen.
Unternehmen benötigen fachlich tiefe Begleitung und Beratung
Das Problem ist, dass Sustainable Finance nicht geschützt beziehungsweise standardisiert ist. Dies führt dazu, dass zwei unabhängig voneinander durchgeführte ESG-Bewertungen zu zwei komplett unterschiedlichen Ergebnissen führt. Diese Intransparenz hat zudem zu Folge, dass ESG-Bewertungen an Glaubwürdigkeit verlieren und auch der Begriff Greenwashing in dem Zusammenhang im Raum steht. Und das, obwohl die Banken ein originäres Interesse daran haben, ihr Geschäft mit Krediten beziehungsweise Anlagen in nachhaltigen Vermögensgegenständen deutlich auszubauen und auf diese Weise den Klimaschutz zu finanzieren, wie es beim Bankenverband heißt. Daher benötigen Unternehmen fachlich tiefe Begleitung und Beratung bei ihren Sustainable Finance-Vorhaben, weil ihre Finanzierungsfähigkeit sonst auf Dauer eingeschränkt werden könnte. Dabei kommt es dabei an, dass die Berater eine immer aktuelle Kenntnis der Regelungen und Verpflichtungen in der EU-weiten Nachhaltigkeitsdiskussion haben.
Daher müssen Unternehmen für nachhaltige Finanzierungen sowohl die Auswirkungen als auch die Risiken ihrer wirtschaftlichen Ziele analysieren und bewerten lassen. Dafür ist es notwendig, die unternehmerische Tätigkeit hinsichtlich der drei Nachhaltigkeitskriterien genau zu überprüfen. Daraus ergibt sich ein ESG-Score, der Auskunft über die tatsächliche Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens gibt. Sie weisen damit nach, wie sie hinsichtlich Umwelt- und Klimaschutz, sozialen und Governance-Kriterien aufgestellt sind, welchen positiven Impact sie dadurch erzielen, welchen konkreten Beitrag sie bei den allgemeinen Nachhaltigkeitsbemühungen sie leisten und welchen ESG-Risiken sie ausgesetzt sind beziehungsweise welche ESG-Risiken sie durch ihre Geschäftsmodelle verursachen.
Die G20-Staaten hatten 2021 beschlossen, die großen Unternehmen (ab 1000 Mitarbeitende) strenger an den Klimaschutz zu binden. Das Stichwort sind Green Corporates, also grüne Unternehmen. Die Ausgangslage: Investoren wollen vielfach ihr Kapital nur noch in Green Corporates investiert sehen, sodass Asset Manager überwiegend auch nur noch in Green Corporates anlegen können und wollen. Daraus entsteht das Problem, dass Unternehmen, die nicht als grün gelten, kaum noch Möglichkeiten der Refinanzierung haben. Was also sind die Standards, dass ein Unternehmen sich als Green Corporate bezeichnen darf? Aktuell gibt es, wie bereits erwähnt, kein standardisiertes Bewertungsschema, was zu unterschiedlichen Ergebnisse im Ranking führen kann. Dieser Bewertungsstandard, und somit die Sicherstellung der Glaubwürdigkeit und Transparenz von ESG-Bewertungen, ist aktuell in Ausarbeitung. Die vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften diskutieren derzeit ein einheitliches Regelwerk zur Bewertung. Dieser Prozess hat aber noch keine Ergebnisse gebracht.
„Corporate Sustainability“ wichtiger Faktor für sämtliche Stakeholder
Die Nachhaltigkeitsleistung oder die Performance eines Unternehmens im Bereich „Corporate Sustainability“ ist somit ein wichtiger Faktor für sämtliche Stakeholder, zu denen auch die Kapitalgeber gehören. Nachhaltigkeitsindikatoren oder KPIs zur Messung dieser Leistung sind grundlegende und bedeutende Variablen des Unternehmenserfolges und nachhaltiges Wirtschaften ist mehr denn je Stellschraube und Fokus einer zukunftsfähigen Organisation. Gerade die Aktionäre börsendotierter Unternehmen verlangen inzwischen eine angemessene und messbare Abbildung von Klimarisiken in der Berichterstattung. Diese hat somit unmittelbaren Einfluss auf die Finanzierungsfähigkeit eines Unternehmens. Im Fokus steht die systematische Erfassung und Berichterstattung und das konsequente Management der unternehmerischen Nachhaltigkeitsleistung und erstellen Nachhaltigkeitsberichte gemäß den Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI) oder des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK).
Ebenso wichtig für Sustainable Finance sind auch die Corporate Social Responsibility-Richtlinien (CSR). Unter CSR ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens zu verstehen. CSR ist die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Durch diese Prüfungen wir die CSR-Grundlage für Sustainable Finance-Maßnahmen hergestellt.