Immobilienrenten sind eine Möglichkeit, im Alter sein Haus zu verkaufen und sich eine monatliche Rente auszahlen zu lassen - aber dennoch in der Immobilie wohnen zu bleiben. Doch reguliert sind diese Modelle kaum. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge fordert nun Korrekturen.
Als Think Thank der Finanzbranche, finanziert unter anderem von Deutscher Bank und Zurich, ist das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) eher nicht bekannt dafür, für mehr Regulierung zu trommeln. Und doch wirbt die Denkfabrik in einem aktuellen Pressetext genau dafür. Thema ist die Immobilienrente in ihren verschiedenen Ausprägungen, auch als „Umkehrhypothek“, „ZustifterRente“ oder „Leibrente“ bekannt.
Derartige Modelle richten sich in der Regel an Seniorinnen und Senioren, die ihre eigene Immobilie verkaufen wollen, aber dennoch auch weiterhin darin wohnen wollen. Ein Problem zum Beispiel für Erben - die im Zweifel leer ausgehen. Es gibt zwar Modelle, wo zum Beispiel bei vereinbarter Rentenzahlung und einem frühen Tod der Bewohner weiter Rente an die Erben gezahlt wird - für einen vereinbarten Zeitraum. Im Falle eines Umkehrdarlehens -stark vereinfacht ein Kredit, der mit der Immobilie abgesichert wird und wo sich die Schuldenlast langsam aufbaut- können Nachlassberechtigte die Immobilie auch entschulden. Ursprünglich aus den USA stammend, werden solche Immobilienrenten von Finanzinstituten, Versicherern und spezialisierten Stiftungen beworben.
Fehlende Markt- und Regulierungsstandards
Es fehlt aber an Markt- und Regulierungsstandards, wie nun das DIA moniert: Die Verrentung und der Teilverkauf von Immobilien bräuchten dringend ein Mindestmaß gesetzlicher Regulierung. Es sollten einheitliche Standards gelten, vor allem in der Beratung der Eigentümer. Denn diese geben für den Erhalt einer Rente oder Kapitalleistung ihre selbstgenutzte Immobilie ganz oder teilweise aus den Händen. Die Beratung und Aufklärung zu diesem Rechtsakt sollte zumindest in einem Beratungsprotokoll nachvollziehbar festgehalten werden, fordert das Institut. Besondere Pointe: in den USA, wo derartige Modelle zuerst sich durchgesetzt haben, gibt es die Pflicht, einen unabhängigen Berater hinzuzuziehen.
„Das Deutsche Institut für Altersvorsorge plädiert seit jeher für Eigenverantwortung der Bürger und ist gegen eine überbordende Regulierung der privaten Finanzangelegenheiten, aber bei der Immobilienverrentung besteht erkennbarer Bedarf an mehr Regulierung“, gibt DIA-Sprecher Klaus Morgenstern zu bedenken. „Derzeit herrscht eine skurril anmutende Situation. Für den Abschluss eines Fondssparplans, in den monatlich 50 Euro eingezahlt werden, ist ein Beratungsprotokoll vorgeschrieben. Für die Verrentung einer Immobilie im Wert von 500.000 Euro fordert der Gesetzgeber das nicht.“
Kaum vergleichbar und wenig transparent
Die vielen Angebote seien kaum vergleichbar und wenig transparent, schreibt das DIA. So würden die Eigentümer zum Beispiel oft im Unklaren gelassen, welche Folgekosten selbst bei Verrentung drohen, zum Beispiel für die Sanierung der Heizung. Tatsächlich werden derartige Rentenmodelle oft Ruheständlern angepriesen, die zwar ein Haus besitzen, aber kein Geld angespart haben für teure Reparaturen und Instandhaltung. In manchen Modellen wird das Haus verkauft, die Seniorinnen und Senioren bleiben aber wirtschaftlicher Eigentümer: erwerben ein sogenanntes Nießbrauchrecht. Dann ist man im schlimmsten Fall weiterhin verpflichtet, alle anfallenden Reparaturen zu zahlen: Das Ziel des Verkaufs wurde verfehlt. Inwiefern die Nutzerinnen und Nutzer von diesen Kosten befreit sind, regelt der jeweilige Vertrag.
In einem ersten Schritt wäre es hilfreich, wenn unabhängige Checklisten für die Immobilienbesitzer zur Verfügung stünden, mit denen sie alle relevanten Faktoren überprüfen können, argumentiert nun das DIA. Eine große Intransparenz beobachtet auch Günther Strehle, Immobilien-Verkaufsleiter bei Wüstenrot: "Dem Kunden wird ein Betrag genannt. Eine Vergleichbarkeit besteht nicht. Es gibt viele verschiedene Modelle. Jeder Anbieter rechnet anders. Alle geben vor, ein Problem älterer Menschen zu lösen, aber je nach Geschäftsgebaren sind die Konditionen sehr unterschiedlich, aber nie für den Eigentümer durchschaubar“, wird Strehle auf der Webseite des Institutes zitiert.
Es drohen weiterhin hohe Reparatur- und Umbaukosten
Das Problem könnte sich künftig noch verschärfen, wenn ab 2025 nur noch neue Heizungen erlaubt sein könnten, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden: ein entsprechendes Vorhaben strebt die Ampel-Koalition an. Das erhöht auch die Kosten für den Ersatz alter Heizungen deutlich. Und noch ein weiteres Problem zeigt sich oft: Viele Seniorinnen und Senioren wollen in dem eigenen Haus bleiben, obwohl es nicht alters- und behindertengerecht ist. Im Zweifel müssen sie dann in eine neue Wohnung umziehen oder gar ins Pflegeheim, wenn sie die Treppe nicht mehr hochkommen. Viele Anbieter schreiben ein Mindestalter vor, um derartige Immobilienrenten zu nutzen: etwa 65 oder 70 Jahre. Die Kosten für den altersgerechten Umbau oder Sanierungen fressen dann den vermeintlichen Ertrag auf. Auch die laufenden Betriebskosten müssen oft weiter gezahlt werden.
Zwar bieten die Unternehmen auch Einmal- und Teilauszahlungen an. Aber anhand von Sterbetafeln berechnen Anbieter auch einen „Wohnwert“ für die Zeit der zu erwartenden Lebensdauer: Er wird dem Verkaufswert zu Lasten der Seniorinnen und Senioren abgezogen. Das kann ordentlich ins Geld gehen. In Vergleichsrechnungen bei biallo.de mindert sich die ausgezahlte Rente bei einer Immobilie mit 250.000 Euro Verkaufswert um satte 800 Euro monatlich - statt der vereinbarten 1.900 Euro werden nur noch 1.100 Euro ausgezahlt.