Wie Assistenzhunde bei PTBS helfen können

Quelle: Bundeswehr / Anne Weinrich

Warum gibt es beim Bund Deutscher Einsatzveteranen einen Ansprechpartner, der sich um das Assistenzhundewesen kümmert? Die erste wichtige Erkenntnis auf dem Weg zu einer Antwort auf diese Frage: Dienst- und Assistenzhunde sind nicht dasselbe.

Diensthunde bei der Bundeswehr werden vielfältig eingesetzt; etwa beim Objektschutz, als Sprengstoffspürhund oder sogar, um Covid-Infektionen zu ‚erschnüffeln‘. Feldjäger setzen auch Drogenspürhunde ein. Ausgebildet werden solche Tiere in der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr im rheinland-pfälzischen Ulmen. Und auch für diese Hunde gibt es ein Dienstzeitende: Grundsätzlich werden die ‚ausgemusterten’ Hunde im Gnadenbrot tierschutzgerecht betreut, schreibt die Schule für Diensthundewesen. Auch ein Pflegevertrag ist möglich, bei dem meist der alte Diensthundeführer zum Halter des ehemaligen Diensthundes wird. Versichert sind diese Hunde - auch über das Dienstzeitende hinaus - über ihren Dienstherrn.

Quelle: Bundeswehr / Anne WeinrichDavon abzugrenzen sind Assistenzhunde. Dabei handelt es sich um Tiere, die so ausgesucht und ausgebildet werden, dass sie Menschen helfen können, bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Assistenzhunde können nach ihren Aufgaben in Blindenführ-, Service- und Signalhunde unterschieden werden. So gibt es beispielsweise auch Epilepsieanzeigehunde, die bei Anfällen ihres Hundeführers Hilfe oder Medikamente holen können.

Tatsächlich können speziell trainierte Hunde auch als Assistenten von Menschen arbeiten, die mit Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) leben. Wie ein Hund Betroffenen helfen kann, schildert Hauptfeldwebel Christian Patzenhauer gegenüber Versicherungsbote. Patzenhauer ist beim Bund Deutscher Einsatzveteranen Ansprechpartner für das Assistenzhundewesen und seit Sommer 2021 der erste deutsche Soldat, der die österreichische Assistenzhundeteamprüfung mit seinem Staffordshire Bullterrier „ISAD“ erfolgreich abgelegt hat.

Ein Problem von PTBS-Patienten sind die sogenannten Flashbacks. Die traumatischen Ereignisse werden dabei ‚wiedererlebt‘ - der Patient wird in die belastende Situation ‚entrückt‘. Der Fachbegriff dafür lautet Dissoziation: Gedanken, Gefühle oder auch Handlungen werden abgespalten, um die traumatische Situation zu überstehen. Vorhersehbar sind solche Flashbacks nicht und können deshalb zu einer enormen Einschränkung im Alltag werden. Bereits Kleinigkeiten - wie etwa ein bestimmter Signalton - können diese Flashbacks auslösen. „Der Hund spürt den Schub und reagiert. Er zwickt mir in Finger oder leckt über die Hände, um mich wieder ins Hier und Jetzt zurückzuholen“, beschreibt Patzenhauer.

Doch bis das Verhältnis zwischen Tier und Hundeführer so eng ist, dass das Tier derart helfen kann, dauert es. Im Fall von Patzenhauer waren es vier Jahre. In dieser Zeit war der Hund auch als ‚Brückenbauer‘ für Patzenhauer wichtig, um überhaupt erstmal wieder Nähe und Vertrauen zuzulassen. „Die Ausbildung meines Hundes war mein mir selbst erteilter Auftrag“, sagt Patzenhauer heute. Dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Denn viele Soldaten, die zeitweise oder dauerhaft dienstunfähig sind, erleben die ‚Auftragslosigkeit‘ als Sinnverlust. „Mein Hund hat mir in dieser Zeit zu Struktur und Stabilität verholfen“, so Patzenhauer.

Beim Bund Deutscher Einsatzveteranen klärt Christian Patzenhauer darüber auf, wieviel Arbeit und Zeit die Ausbildung eines Assistenzhundes erfordert und welche bürokratischen Hürden zu nehmen sind. Und er muss auch klarmachen, wie der Alltag mit Assistenzhund aussehen kann. Zwar hat sich durch das 2021 in Kraft getretene Assistenzhundegesetz einiges geändert. So sind anerkannte Assistenzhunde berechtigt, ihren Hundeführer überall in der Öffentlichkeit zu begleiten. Doch ganz ‚störungsfrei‘ ist der Alltag mit Assistenzhund bei der Bundeswehr allerdings nicht. Denn (noch) dürfen nur Diensthunde in Dienstfahrzeugen mitgenommen werden. „Obwohl das Gesetz längst in Kraft ist, fehlt immer noch die zugehörige Rechtsverordnung und wie weit sich die Assistenzhundeprüfung in der vorgesehenen Form auch für traumatisierte Soldaten und Veteranen eignet, wird noch abzuwarten sein“, so Patzenhauer.

Aus seiner Sicht müssen klare Regeln für Assistenzhundeprüfungen definiert werden. Die Ausbildung, die er mit seinem Hund absolvierte, wird nur in Österreich durchgeführt - einem Pionierland in Sachen Assistenzhundewesen. Auch die Frage nach der Ausbildungsfinanzierung durch gesetzliche Krankenkasse oder private Krankenversicherung ist ebenfalls noch offen. Dafür wäre es nötig, dass alle Assistenzhunde als Hilfsmittel anerkannt werden. Bislang werden allerdings nur Blindenführhunde als Hilfsmittel anerkannt. Immerhin: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) will mit einer Studie ermitteln, welche Qualitätsstandards anwendbar sind und welche Kosten mit einer späteren Übernahme verbunden wären.