Versicherungsbote: Der Gesetzgeber hat immer ein Förderprodukt mit möglichst geringen Kosten gefordert. Kann man sagen, dass er sich dieses Produkt durch die ausgebliebene Riester-Anpassung „erzwungen“ hat?
Dietmar Bläsing: Nein, das würde ich nicht sagen. Er hat vor allem erreicht, dass die meisten der bisherigen Riester-Anbieter das Produkt nun nicht mehr verkaufen; und dass die Rentenlücke, die mit der Riester-Rente ein Stück weit geschlossen werden sollte, für immer mehr Menschen zur Realität werden könnte. Ich halte das in unserer alternden Gesellschaft für ein fatales politisches Signal. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber auch nichts gegen den hohen Aufwand für die Verwaltung von Riester-Renten, insbesondere für die Zulagenverwaltung, unternommen. Damit hat er es selbst versäumt, zur Senkung der Kosten von Riester-Renten beizutragen. Aus unserer Sicht ist die Diskussion um die Zukunft der Riester-Rente noch offen. Unser Wunsch ist, dass eine reformierte Riester-Rente mit verminderter Beitragsgarantie und weniger Verwaltungsaufwand die Lösung sein wird.
Von einigen Vermittlern war zu lesen, dass sie mit Blick auf Cross-selling-Potenzial durchaus bereit sind, auf die Vergütung von Riester-Beratung zu verzichten. Ist das die Zukunft im Vertrieb – „bezahlt“ mit der Hoffnung auf Folgegeschäft?
Was Sie hier schildern, entspricht nicht unsere Erfahrungen. Und es wären auch keine zukunftsfähigen Überlegungen. Denn eins ist klar: Eine Beratungsleistung ist wertvoll und verdient damit immer eine Vergütung – ob als Provision oder in Form eines Honorars.
Dr. Helge Lach, DVAG-Vorstand, hält ein angemessenes Honorar für Riester-Beratung für nicht durchsetzbar. Teilen Sie diese Auffassung?
Das wird sich zeigen. Wir haben unser Riester-Angebot ja erst seit Anfang des Jahres vollständig auf den Nettotarif umgestellt. Von daher können wir heute noch keine Schlüsse ziehen. Wichtig finde ich aber, dass wir unseren Vertriebspartnern damit weiter die Möglichkeit geben, eine Volkswohl Bund-Riester-Rente für ihre Kunden abzuschließen. Denn der Bedarf an einer privaten Altersvorsorge ist sehr hoch – und eine Riester-Rente ist für jeden Förderberechtigten eine sinnvolle Sache.
Ist die Einführung eines neuen, staatlich geförderten Altersvorsorge-Produktes aus Ihrer Sicht sinnvoll? Denn die Zulagenstruktur bliebe doch erhalten, wenn die Riester-Verträge Bestandsschutz erfahren sollen? Gäbe es im schlimmsten Fall parallel geführte Förderstrukturen?
Natürlich bliebe auch bei Einführung eines neuen, staatlich geförderten Produktes der Verwaltungsaufwand für die Riester-Bestandsverträge bestehen. Ein zusätzliches, parallel geführtes System wäre aus unserer Sicht auch deshalb kontraproduktiv. Da wir die Riester-Rente grundsätzlich für ein gutes Produkt halten, wünschen wir uns stattdessen eine baldige Reform dieses staatlich geförderten Altersvorsorgeproduktes.
Hinweis: Der Text erschien zuerst im kostenlosen Versicherungsbote-Fachmagazin 01/2022.