Nicht immer sind Unfallschäden direkt sichtbar. Unter Umständen müssen Versicherungsnehmer dann beweisen, dass ein Unfall die Erstverletzung auslöste. Doch die Beweisbarkeit einer unfallbedingten Invalidität ist nicht so trivial und häufig ein „Knackpunkt“ des gerichtlichen Versicherungsprozesses, darauf macht Fachanwalt Björn Thorben M. Jöhnke (Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte) in einem Gastbeitrag aufmerksam.
Der Invaliditätsschutz aus einer Unfallversicherung entsteht nur dann, wenn die Invalidität auch durch einen Unfall verursacht wurde. Der Versicherungsnehmer muss im Zweifel beweisen, dass ein Unfall die Erstverletzung auslöste. Welche Nachweise der Versicherungsnehmer erbringen muss, um eine unfallbedingte Erstverletzung nachzuweisen, behandelt diese Entscheidung des Kammergerichts (KG Berlin, Beschluss v. 23.03.2021 - Az. 6 U 18/20).
Der Sachverhalt vor dem Kammergericht
Der Kläger unterhielt bei der beklagten Versicherung eine Unfallversicherung. Der Versicherungsnehmer wurde am 27.08. 2016 in einen Verkehrsunfall verwickelt. Seit dem Unfall leidet er unter chronischen Kopfschmerzen. Nach Meinung des Klägers sind die chronischen Kopfschmerzen auf den Verkehrsunfall zurückzuführen. Er reichte deshalb bei seiner Versicherung die Unfallanzeigeformulare ein und fügte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ärztliche Unterlagen ein, die nur eine Diagnose der Symptome erkennen ließen, jedoch keine Tatsachen, die die Symptome mit dem Unfall in Verbindung bringen konnten. Die Versicherung verweigerte in der Folge die Leistung.
Die rechtliche Wertung des Kammergerichts
Gesundheitsschäden sind über die Unfallversicherung versichert, wenn der Kläger sie durch ein von außen auf den Körper einwirkendes Unfallereignis erlitten hat und so eine Invalidität verursacht wurde. In den Versicherungsbedingungen war in § 5 Ziff. 5.2.6 AUGB der Anspruch ausgeschlossen für „krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch den Unfall verursacht worden sind“. Es kam somit darauf an, ob die Kopfschmerzen durch den auf den Körper einwirkenden Unfall verursacht worden, oder ‚lediglich‘ eine psychische Reaktion aufgrund des Unfalls sind.
Der Kläger muss beweisen, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. Die Versicherung kann dann im Anschluss die Beweise dafür anführen, dass der Anspruch ausgeschlossen ist. Vorliegend musste der Versicherungsnehmer beweisen, dass die Kopfschmerzen auf den Unfall zurückzuführen sind. Der Versicherungsnehmer hatte keine äußeren Kopfverletzungen, so dass nur eine Verletzung der Halswirbelsäule oder ein Schädel-Hirn-Trauma in Betracht käme. Die eingereichten ärztlichen Unterlagen lassen aber nach Einschätzung des Gerichts keinen Rückschluss darauf zu, dass ein solcher Befund vorliegt. Die ärztlichen Feststellungen beschränken sich darauf, dass der Versicherungsnehmer ein „Hochrasanztrauma“ erlitt - dies reichte jedoch nicht aus, um die tatsächlichen Auswirkungen festzustellen.
Fazit und Hinweis für die Praxis
Die Beweisbarkeit einer unfallbedingten Invalidität ist häufig ein „Knackpunkt“ des gerichtlichen Versicherungsprozesses. Der Versicherungsnehmer sollte frühzeitig nach einem Unfall den Beweis durch eindeutige ärztliche Diagnosen erbringen, damit er Leistungen aus dem Versicherungsvertrag erhalten kann. Im Verlauf des Verfahrens kann es angezeigt sein, sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu wenden, damit keine vertraglich zugesicherten Ansprüche vereitelt werden. Weitere Informationen und Rechtsprechungen sind im Bereich „Unfallversicherung“ zu finden.