Beruft sich ein Versicherer auf Verletzungen von Wartungsobliegenheiten, müssen diese klar und eindeutig in seinen Bedingungen formuliert sein, zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.
Im April 2021 wies das Landgericht Limburg die Deckungsklage eines Mannes gegen seinen Wohngebäudeversicherer ab. Die Limburger Richter hielten den Versicherer zur Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung berechtigt, weil der Kläger die Hebepumpe der Rückstausicherung nie kontrolliert habe.
Gegen diese Entscheidung ging der Mann in Berufung und war damit überwiegend erfolgreich (OLG Frankfurt am Main; Az.: 7 U 71/21).
Wasserschaden durch Ausfall der Hebepumpe
Im März 2019 fiel im Haus der Kläger die Hebepumpe aus. In Folge des Ausfalls drang Wasser durch die Abflüsse in das Haus ein und sorgte dort für Schäden. Nachdem die Kosten für die Schadenbeseitigung geltend gemacht wurden, nahm der Versicherer eine Leistungskürzung i.H.v. 50 Prozent vor und begründete das mit einer Obliegenheitsverletzung. Anders als vereinbart, sei keine Wartung der Anlage vorgenommen wurden.
So brachte der Versicherer vor, dass der Kläger vor Zeugen (u.a. dem vom Versicherer beauftragten Schadengutachter) geäußert habe, die Rückstau-Sicherung sei seit Bestehen des Hauses (2008) weder geprüft noch gewartet worden. Der Kläger hingegen behauptete, er hätte nur geäußert, dass die Wartung nie durch ein Unternehmen erfolgt sei - durch ihn persönlich aber schon. Zudem verwies der Kläger darauf, dass der Agent des Versicherers ihm gegenüber sowohl vor als auch nach dem Versicherungsfall geäußert habe, dass eine Sichtprüfung der Rückstausicherung durch ihn (den Kläger) ausreichend sei.
Versicherer sah sich arglistig getäuscht
Der Versicherer erhob daraufhin den Vorwurf, dass der Kläger durch Falschangaben zur Wartung Einfluss auf die Regulierung zu nehmen versucht und sah deshalb den Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung erfüllt. Dass die Obliegenheit, die Rückstausicherung funktionsbereit zu halten, grob fahrlässig verletzt wurde, hielt der Versicherer ebenfalls aufrecht. Der Versicherer argumentierte, dass die Wartung nach DIN 1986, Teil 33 hätte durchgeführt werden müssen. Und zwar aller zwei Jahre durch einen Fachbetrieb.
Allerdings fanden sich all diese Ansprüche an die Wartung der Rückstau-Sicherung nicht in den Versicherungsbedingungen. So gelten für die Wohngebäudeversicherung die VGB 2011. Dort heißt es, dass der „Versicherungsnehmer zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen anzubringen und funktionsbereit zu halten“ hat. Zudem ist Abänderung von § 28 Nr. 3 VGB 2011 ein Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit vereinbart.
In dieser Formulierung erkannten die Richter am Frankfurter Oberlandesgericht keine wirksame Wartungsobliegenheit. „Wegen der einschneidenden Sanktionen, die an eine Obliegenheitsverletzung geknüpft sind, muss das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sein, klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird“, begründeten die Richter. Der Versicherer benennt in seiner Klausel weder Wartungs- noch Instandsetzungsobliegenheit. Entgegen der Auffassung des Versicherers knüpft die Klausel schon gar nicht an eine DIN-gerechte Wartung an, so die Richter. „Es bleibt vielmehr im Ungewissen, welche Verhaltensweisen dem Versicherungsnehmer zur Erhaltung des Versicherungsschutzes konkret abverlangt werden sollen“, heißt es im Urteil.
Die Frage, ob und in welchem Umfang die Rückstau-Sicherungen regelmäßig zu warten waren bzw. tatsächlich gewartet wurden, könne deshalb dahingestellt bleiben, so das Gericht. Das Urteil der Vorinstanz wurde abgeändert; der Versicherer verurteilt, an den Kläger 11.401,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.10.2020 zu zahlen.