Lebensversicherung: Überschüsse dürfen gekürzt werden, wenn der Versicherer in finanzielle Schieflage gerät. Dass Versicherer darüber aber keine Rechenschaft ablegen müssen, will der Bund der Versicherten (BdV) nicht hinnehmen und strengt nun eine Verfassungsbeschwerde an.
Bereits seit 2016 schwellt ein Rechtsstreit zwischen dem Bund der Versicherten e.V. (BdV) und der Victoria Lebensversicherung AG. Im Kern geht es in dem Musterverfahren, das der Verbraucherschutzverein anstrengt, um die Frage, ob die Überschusskürzungen bei kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen rechtens sind.
Nachdem der Versicherer bereits 2017 und 2018 juristische ‚Punktsiege‘ gegen den BdV errang, fand der Streit in diesem Jahr seine Fortsetzung vor dem Landgericht Düsseldorf (Az. 9 S 46/16). Die Richter wiesen im März die zweite Berufung der Verbraucherschützer zurück und ließen keine Revision zu. Dagegen richtete sich eine Anhörungsrüge, die ebenfalls abgewiesen wurde.
„Nach diesem Urteil können die Versicherer Leistungen an Versicherte streichen, ohne wirklich Rechenschaft ablegen zu müssen. Das ist so nicht hinnehmbar“, sagt Stephen Rehmke, Vorstand des BdV. Will der Versicherer Überschussbeteiligungen kürzen - was das Lebensversicherungsvertragsgesetz (LVRG) zulässt - ist der Versicherer nach Auffassung des BdV verpflichtet, die finanzielle Schieflage hinreichend und nachprüfbar belegen.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde verfolgt der BdV zwei Ziele. Zum einen sieht der Verbraucherschutzverein durch die abgewiesene Revision und Anhörungsrüge sein Recht auf effektiven Rechtsschutz und sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Weil während des Verfahrens eine Überprüfung Vorschriften zur Überschussbeteiligung einschließlich der Bewertungsreserven unterlassen worden sei, sieht der Verein auch Eigentumsrechte verletzt.
Der Gang vor das Bundesverfassungsgericht soll aber auch zu einer Nachbesserung beim LVRG führen. Die durch das Gesetz gedeckte Kürzung der Bewertungsreserven seien ein Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht aller Versicherten. Das sei nicht zu tolerieren, so die Verbraucherschützer.
Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 201/17) vertritt der BdV weiterhin die Sichtweise, dass das LVRG nicht verfassungsgemäß sei, weil es entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Az. 1 BvR 80/95) Versicherte nicht angemessen an den Überschüssen und Bewertungsreserven beteiligen würde. „Es ist höchste Zeit, diesen Anspruch verfassungsrechtlich noch einmal hervorzuheben und das LVRG entsprechend auszubessern“, fordert Stephen Rehmke.