Der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall fordert eine längere Wochenarbeitszeit und ein Renteneintrittsalter ab 70 Jahre. Anders seien die steigenden Kosten der Sozial- und Rentenversicherung nicht aufzufangen.
Wer soll für die steigenden Kosten der Renten- und Sozialversicherung aufkommen? Geht es nach Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, dann sind vor allem die Arbeitnehmer in der Pflicht. Sie sollen später in Rente - und auch in der Woche deutlich länger arbeiten.
"Reserven sind aufgebraucht"
"Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht“, sagte Wolf der Funke Mediengruppe. Und weiter: „Wir werden deutlich länger arbeiten müssen!“ Das Rentenalter solle stufenweise auf 70 Jahre angehoben werden, „weil das Lebensalter immer weiter steigt“, sagt der studierte Rechtsanwalt, der auch Vorstandsvorsitzender des Autozulieferers ElringKlinger AG ist.
Wolf steht selbst einer Branche vor, in der Arbeitnehmer laut TK Gesundheitsreport ein erhöhtes Risiko haben, aufgrund gesundheitlicher Probleme vor Erreichen der Regelaltersrente aus dem Job auszuscheiden. Kein Wunder: Laut einer Sonderauswertung der IG Metall aus dem Jahr 2019 leistet knapp ein Drittel der Beschäftigten in der Metallbranche sehr häufig oder oft körperlich schwere Arbeit. Knapp über die Hälfte (52 Prozent) muss sehr häufig oder oft in ungünstigen Körperhaltungen arbeiten.
Entgegen Wolf hat sich der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, gegen einen späteren Renteneintritt ausgesprochen. Stattdessen will er die Wochenarbeitszeit deutlich verlängern: von derzeit 38 auf 42 Stunden. Auch hier lautet jedoch das Credo: Die Deutschen sollen deutlich länger arbeiten müssen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erteilte den Forderungen jedoch eine Absage. "Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Und daran wird sich nichts ändern", sagte er laut Deutscher Presse-Agentur (dpa).
Gegen den Trend?
Damit stellen sich die deutschen Arbeitgeber gegen den Trend in einigen anderen europäischen Ländern, die genau die entgegengesetzte Richtung gehen: weniger Arbeitszeit. So hat Spanien im Zuge eines Pilotprojektes die Vier-Tage-Woche für 200 Unternehmen eingeführt. Die Idee: Nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf könnte sich verbessern, sondern auch die Produktivität, wenn die Teilnehmenden eine bessere Work-Life-Balance haben. Auch in Belgien dürfen Arbeitnehmer verbindlich einen Tag pro Woche zusätzlich freinehmen: müssen die fehlende Arbeitszeit aber auf den Rest der Woche verteilen. Das soll die Flexibilität beim Arbeiten erhöhen. In Großbritannien und Island wurden ähnliche Modelle ebenfalls getestet.