Bezüglich einer Altersvorsorgepflicht verweist der Beirat auf die Erfahrungen der Riester-Rente. Das Fehlen einer verpflichtenden Teilnahme habe dazu geführt, dass weniger als die Hälfte der in Frage kommenden Anleger tatsächlich einen Vertrag abgeschlossen haben. Gegner einer Pflicht wenden wiederum ein, man solle Anleger nicht in einen Vertrag zwingen, der am Ende eine deutlich schlechtere Entwicklung als alternative Anlageprodukte aufweist, in die Anleger freiwillig investieren könnten.
Potentielles Vorbild für eine verpflichtende Altersvorsorge ist Schweden. Dort müssen Arbeitnehmer nicht nur verpflichtend ins Umlagesystem einzahlen (derzeit 16 Prozent), sondern zusätzlich in Kapitalmarktfonds. Dabei stehen den Anlegern unterschiedliche Fonds zur Auswahl. Als Standard gibt es einen staatlichen Aktienfonds, der von den meisten Anlegern gewählt wird. Er hat vergleichsweise niedrige Kosten und konnte in den letzten Jahren eine hohe Rendite erzielen.
Altersvorsorge-Pflicht ohne Beitragsgarantie
Für eine verpflichtende Altersvorsorge empfiehlt der Beirat ein Abrücken von der gesetzlichen Beitragsgarantie: das also zu Rentenbeginn bzw. zu Ablauf des Vertrages alle Beiträge zur Verfügung stehen müssen. Riester sieht diese Garantie aktuell noch vor. Denn Garantien müssen mit -vermeintlich sicheren- Anleihen abgesichert werden. „Das Eintreten für die Beitragsgarantie verkennt auch die langfristige Perspektive bei der Vermögensbildung für das Rentenalter. Hierbei handelt es sich um Investitionsphasen von mehreren Jahrzehnten, für die die empirische Kapitalmarktforschung für die Vergangenheit zwar mitunter große Schwankungen, aber fast durchgehend höhere Renditen bei Investitionen in Aktien über diejenigen in Staatsanleihen und andere Schuldverschreibungen dokumentiert“, heißt es im Gutachten.
Sicherheit ließe sich erreichen, indem die Ersparnisse einige Jahre vor Renteneintritt schrittweise in sichere Staatsanleihen und Schuldverschreibungen umgeschichtet würden.
Pflicht zur lebenslangen Rente
Eine weitere wichtige Frage sei, wie das angesparte Kapital ausgezahlt werden solle. Stark vereinfacht hebt der Beirat auf den Unterschied zwischen Einmalzahlung und lebenslanger Rente ab. Bei Auszahlung der Summe sei das Risiko der Langlebigkeit nicht abgesichert, weil das Geld sofort ausgegeben werden könne. Eine Rente sei für Menschen mit hoher Lebenserwartung attraktiv. Hier gebe es das Problem der adversen Selektion: „Falls der oder die einzelne besser über die eigene Lebenserwartung informiert ist als die Versicherer, werden sich letztere bei der Kalkulation an Personen mit besonders hoher Lebenserwartung orientieren. Für einen großen Teil der Bevölkerung sind die Bedingungen für die Annuitäten unattraktiv“, so der Bericht. Wer eine geringe Rest-Lebenserwartung hat, lässt sich das Geld auszahlen. Wer eine hohe Lebenserwartung hat, entscheidet sich eher für die Rente.
Lösung sei eine Rentenpflicht für alle. Wobei es den Anlegern offen bleiben soll, ob die Altersvorsorge von einem staatlichen oder privaten Anbieter betreut und verwaltet wird. Ähnlich wird es derzeit in Schweden gehandhabt. Die monatlichen Raten müssten aber auch an die Lebenserwartung angepasst werden, wenn Wahlfreiheit bestünde. Soll heißen: Frauen, die statistisch länger leben, erhalten weniger Rente.
Und wo soll das Geld für den Kapitalstock der Altersvorsorge herkommen? Das Problem: Die Kassen sind leer. Deshalb schlägt das Gremium eine Finanzierung auf Pump vor. Es sei zu prüfen, ob das kapitalgedeckte System durch eine mit den Fiskalregeln kompatible öffentliche Schuldenfinanzierung ausgebaut werden sollte. "Im Rahmen der Schuldenbremse muss sichergestellt sein, dass aus haushalterischer Perspektive eine finanzielle Transaktion vorliegt. Der Verschuldung müsste also ein Erwerb von Vermögensansprüchen gegenüberstehen; sie kann nicht zur Finanzierung von Auszahlungen herangezogen werden", heißt es.