Die gesetzliche Regelaltersrente in Deutschland liegt im OECD-Vergleich im obersten Viertel. Das zeigt die OECD-Studie Pensions at a Glance von 2021. Aber viele Staaten haben die Regelaltersgrenze bereits für künftige Generationen anheben müssen: Spitzenreiter ist Dänemark mit 74 Jahren.
Deutschland diskutiert über eine Rentenreform: Diese wurde von der Regierung aus SPD, FDP und Grünen im Koalitionsvertrag angekündigt. Dabei droht eine Anhebung der Regelaltersgrenze. Doch wie sieht es in anderen Staaten aus? Eine grobe Orientierung erlauben Zahlen der OECD, wobei beachtet werden muss, dass die Rentensysteme sehr verschieden gestaltet sind.
Im Jahr 2020 lag das durchschnittliche normale Renteneintrittsalter in den OECD-Staaten bei 64,2 Jahren für Männer und 63,4 Jahren für Frauen. „Normal“ bedeutet das Renteneintrittsalter, ab dem eine volle Rente ohne Sanktionen bezogen werden kann: also, stark vereinfacht, ab dem keine Abschläge aufgrund eines vorzeitigen Renteneintritts in Kauf genommen werden müssen. Die Werte sind theoretisch, da eine abschlagsfreie Rente in den Staaten an weitere Faktoren gebunden sein kann: etwa, wie in Deutschland, Mindestversicherungs-Zeiten. Sie gelten für eine Modellperson, die im Alter von 22 Jahren in das Erwerbsleben eintritt und ohne Unterbrechung arbeitet.
Deutschland hat hohe Regelaltersgrenze
In Deutschland lag diese Regelaltersgrenze im Jahr 2020 bei 65,7 Jahren. Damit befindet sich die Republik bereits im vorderen Bereich, was die Höhe des Renteneintritts angeht. Spitzenreiter sind hier Staaten wie Island, Norwegen und Israel, wo man aktuell mit 67 Jahren erst in Rente gehen kann, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Zu bedenken ist hierbei, dass die Ansprüche aus der Rente sehr unterschiedlich ausfallen können.
Allerdings sind die Rentensysteme nicht durchgehend auf starre Regelaltersgrenzen ausgelegt. So setzen sich die Rentensysteme oft aus mehreren Komponenten zusammen. In einigen Staaten wird eine pauschale Grund- oder Mindestrente mit einer einkommensabhängigen Rente gemischt: etwa in Tschechien, Griechenland oder Japan. Hier kann man sich über die Höhe der Beiträge einen vorzeitigen Renteneintritt regelrecht „erkaufen“. In anderen Staaten bestehen zusätzlich die Pflicht, sich über private Anbieter oder über eine Betriebsrente abzusichern, die öffentlich und privat verwaltet sein kann. Infolgedessen ist es schwierig, eine Klassifizierung der Rentensysteme und der verschiedenen Altersvorsorgeprogramme vorzunehmen.
Nettoersatzquote: Deutschland deutlich unter OECD-Schnitt.
Auch wie viel Rente Menschen in OECD-Ländern zukünftig erwarten dürfen, ist sehr unterschiedlich. Dies gibt die OECD mittels der Nettoersatzquote an. Die Quote setzt das Einkommen von Rentnerinnen und Rentnern mit vollständiger Erwerbsbiografie im Ruhestand in den Vergleich zu ihrem Verdienst während der Erwerbstätigkeit.
Die künftige Nettoersatzquote reicht im OECD-Raum von weniger als 40 Prozent in Chile, Estland, Irland, Japan, Korea, Litauen und Polen bis hin zu 90 Prozent und mehr in Ungarn, Portugal und der Türkei. Der OECD-Schnitt lag 2020 bei 62 Prozent, wie die Organisation berichtet. Hier liegen Deutschland und die Schweiz deutlich unter dem OECD-Schnitt. In Deutschland beträgt die Nettoersatzquote rund 53 Prozent, in der Schweiz 51 Prozent. In der Spitzengruppe ordnet sich hingegen Österreich mit 87 Prozent Nettoersatzquote ein.
Viele Staaten heben Regelaltersgrenze drastisch an
Der OECD-Report macht darauf aufmerksam, dass bereits viele Staaten Reformen beschlossen und umgesetzt haben, um das Renteneintrittsalter deutlich nach hinten zu verschieben. Die Türkei hat mit 48,3 Wochenstunden mit die längste Wochen-Arbeitszeit in Europa. Allerdings können die Menschen dort sehr früh ohne Abschläge in Rente: mit rund 52 Jahren. Hier wurde beschlossen, dass Männer künftig erst mit 65 Jahren und Frauen mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente dürfen. Ein Plus von 13 Jahren.
Besonders lange arbeiten müssen Menschen künftig in Dänemark. Bereits 2011 wurde dort eine Reform angeschoben, wonach junge Dänen bis zu ihrem 74. Lebensjahr arbeiten müssen, um volle Rente zu erhalten. Es sei auf Dauer nicht machbar, dass man "völlig gesunde Menschen dafür bezahlt, dass sie aufhören zu arbeiten“, hatte der frühere konservative Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen die Reform begründet. Das bedeutet Rekord aller OECD-Staaten.
Auch in Italien und Estland wird das Rentenalter künftig sehr hoch liegen: bei 71 Jahren. In Holland wird die Regelaltersgrenze von aktuell 66,3 Jahren auf 69 Jahre angehoben, in Finnland und Portugal von 65 Jahren bzw. 65,3 Jahren auf 68 Jahre.
Gesellschaft altert in vielen OECD-Staaten
Dass die Gesellschaft altert und folglich immer mehr Ruheständler von weniger Erwerbstätigen finanziert werden müssen, lässt sich in vielen OECD-Staaten beobachten. "Den jüngsten OECD-Projektionen zufolge wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) bis 2060 in den meisten süd-, mittel- und osteuropäischen Ländern sowie in Japan und Korea um mehr als ein Viertel zurückgehen. Für Deutschland erwartet die OECD, dass der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter bis 2060 um 21 Prozent zurückgeht, in Österreich um 18 Prozent", heißt es in einem Pressetext zur Studie.