Viele Krankenkassen müssen bald ihre Kunden über steigende Beiträge informieren. Derartige Nachrichten kommen bei der Kundschaft genauso gut an, wie etwa ein Beinbruch oder ein Autounfall. Welche Chancen im Thema Kommunikationsfähigkeit steckt, hat sich Ralf Pispers genauer angeschaut. Der Geschäftsführer der PBM Personal Business Machine AG befasst sich in der Reihe „Wir müssen reden“ diesmal mit der Kundenkommunikation.
Steigende Inflation, Ukraine-Krieg und Coronakrise – Wir bewegen uns in sehr turbulenten Zeiten. Es ist ein Umfeld von Unsicherheit und Volatilität, das Versicherungsunternehmen vor Herausforderungen stellt. Die Krankenkassen stehen vor der Mammutaufgabe automatisiert, schnell und informativ mit Millionen von Menschen täglich zu kommunizieren. Dabei müssen sie immer auf positive Formulierungen und Sprache achten. Denn egal wie sehr Corona die Inflation oder der Ukraine-Krieg die Krankenversicherer finanziell gebeutelt haben mag, Beitragserhöhungen oder steigende Zinsen kommen bei den Versicherten nie gut an.
Schwere Diagnose vermitteln: wie Arzt-Patienten-Kommunikation
Derzeit erinnert mich die aktuelle Situation in vielem an Arzt-Patienten-Kommunikation. Muss der Arzt dem Patienten schlechte Nachrichten mitteilen, dann bedeutet das für die Patientin/den Patienten eine entscheidende Phase für ihr/sein Leben. Der Arzt muss genau überlegen, wie er sie/ihn über schwierige Krankheit, das Versagen der bisherigen Therapie oder das weitere Fortschreiten der Erkrankung informiert.
Das gleiche gilt auch für Versicherer. Die richtige Kommunikation ist dabei der Schlüssel, um Vertrauen aufzubauen und die Kund*innen z.B. von der Notwendigkeit steigender Beiträge zu überzeugen. Doch den Krankenkassen fehlt das erzählerische Wellness. Letztendlich kann man über alles reden. Der entscheidende Faktor ist dabei: Kontext und die Art und Weise, wie man kommuniziert. „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“- Max Frisch hat es auf den Punkt gebracht. Und was machen die Krankenkassen? Begründet werden die höheren Prämien am häufigsten mit „allgemein steigenden Kosten in der Gesundheitswissenschaft“ (59,9 Prozent) oder mit „höheren Kosten für medizinische Behandlungen“ (28,9%). Doch das kommt bei den Versicherten nicht an.
Kraftsport für den Charakter – Wie Versicherer ihre Kommunikationsfähigkeit trainieren können
Sätze positiv zu formulieren ist Übungssache. Durch bewusste Sprache und Training kann man so aus pessimistischen Denkmustern entfliehen. Gibt es da ein bestimmtes Vokabular, das man anwendet? Meine Antwort: Natürlich nicht das Fachvokabular und zu komplizierte „Versicherungssprache“ verwenden. Das ist ja so ein typischer Fehler, den Versicherer gerne begehen.
Wenn negative Anlässe kommuniziert werden müssen, dann muss geguckt werden, dass daraus eine positive Lösung für die Kund*innen entsteht. Beispiel: Verwahrentgelt. Wenn es an den eigenen Geldbeutel geht, ist das immer ein bitteres Thema. Nicht nur für die betroffenen Bankkund*innen, sondern auch für die Banken selbst. Schließlich stehen diese vor der Mammutaufgabe, ihre oftmals wenig Begeisterten Kund*innen über das Verwahrentgelt zu informieren und sich das Einverständnis (die Unterschrift unter die Konditionsvereinbarung) dafür abzuholen. Ein negatives Thema, das in eine positive Kommunikation bzw. Möglichkeit für den/die Kunden/Kundin umgewandelt werden muss. Zudem muss der/die Kund*in umfassend zu seiner individuellen Situation informiert werden, sodass er/sie die Situation vollumfänglich versteht.
Daher mein Appell an alle Versicherungsunternehmen: Macht euch Personalisierung und neue Technologien zunutze, um die Kundenkommunikation auf das nächste Level zu heben. Zielführend und immer mit Mehrwert für die Kund*innen, dabei omnikanal und intuitiv. Auf diese Weise werden auch schwierige Themen wie das Verwahrentgelt oder Beitragserhöhungen zu einem Erfolgscase.