Ob Immobilien-Vermögen, Fonds oder festverzinsliche Wertpapiere: Der Bayrische Rundfunk bekam eine heftige Nachhilfe-Stunde in Sachen Geldanlage vom Bayrischen Obersten Rechnungshof (ORH). Woran sich die Kritik der Haushaltsprüfer entzündete.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland kommt nicht zur Ruhe. Nach den Vorwürfen gegen Teile der Führung von RBB und NDR droht nun neues Ungemach. Diesmal beim Bayrischen Rundfunk (BR). Anlass ist der Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes zur finanziellen Situation des BR (PDF).
Darin heißt es u.a.: „Trotz der bisherigen Sparmaßnahmen werden die finanziellen Reserven des BR bis Ende 2024 weitgehend aufgebraucht sein. Da er seine Pensionsverpflichtungen erfüllen muss, wird der Finanzbedarf des BR weiter steigen.“ Zum 31.12.2020 bestand allein bei der Absicherung der betrieblichen Altersversorgung eine Unterdeckung von 465 Millionen Euro.
Die „jahrelang immer weiter gestiegenen Pensionsrückstellungen“ seien im Wesentlichen dafür verantwortlich, dass der BR zum 31.12.2020 erstmals ein negatives Eigenkapital in Höhe von 47 Millionen Euro auswies, so der Rechnungshof. Für die Jahre 2018 - 2020 ergaben die handelsrechtlichen Jahresergebnisse einen Gesamtfehlbetrag von 267 Millionen Euro.
Harte Kritik an Immobilien-Veräußerungen
Im Kapitel „Sondervermögen Altersversorgung des BR“ schlüsselt der ORH auf, wie sich das Deckungsstockvermögen des BR zusammensetzt und welche Entwicklungen im Berichtszeitraum stattgefunden haben.
So verfügte der BR 2009 (Beginn des Berichtszeitraums) über 23 Immobilien im Bestand deren Anschaffungswert rund 110 Mio. Euro betrug. Der ORH merkt dazu allerdings an, dass „keine einheitliche Strategie erkennbar“ sei. „Weder Standortauswahl, Immobilienart, Investitionsvolumen noch Alter und Beschaffenheit sowie Anlagehorizont belegen einheitliche Entscheidungskriterien“, so der Rechnungshof. Die Empfehlung der Ausgabenhüter: Einheitliche Erwerbskriterien in die Anlagerichtlinie aufnehmen und bei allen Investitionsentscheidungen zu Grunde zu legen.
Bei der Ermittlung der Mietrendite bemängelte der Rechnungshof, dass der BR die eigenen Personalkosten der mit der Verwaltung der Immobilien befassten Mitarbeiter nicht den Immobilien zuordnet. Bei der Ermittlung der Mietrendite können die eigenen Personalkosten also keine Berücksichtigung finden. Das soll sich künftig - so mahnten es die Prüfer jedenfalls an - ändern.
Im Prüfungszeitraum fanden auch sieben Immobilienveräußerungen statt. Deren Bilanz schließt mit einem Veräußerungsverlust von rund 6,0 Mio. Euro ab. Bezogen auf die Erwerbskosten ein Verlust von 12 Prozent. Im Detail schreiben die Prüfer: „Bei vier Objekten, die der BR nach rund 20 Jahren veräußerte, realisierte er einen Verlust von 46 % bezogen auf seine Erwerbskosten. Die durchschnittliche Wertentwicklung des Immobilienmarkts in Bayern ist gegenläufig.“
Der ORH empfahl deshalb, „durch ein gezieltes Monitoring von Lage, Investitionsdauer, Sanierungsbedürftigkeit, Beschaffenheit sowie einer multifunktionalen Nutzung das Verlustrisiko bei Investitionsentscheidungen zu verringern.“
Renteneinlagen: ‚Buy and hold‘ ist nicht genug!
Bei den einlagengesicherten, festverzinslichen Wertpapieren wie etwa Bankschuldverschreibungen, wirkte sich der Negativzins aus. Der BR entschied 2014 deshalb, keine weiteren Investitionen in Renteneigenanlagen zu tätigen. Gegenüber 2009 verringerte sich der Bestand von 359,5 auf 203,7 Mio. Euro Ende 2019. Dies entsprach einem Rückgang um 43 Prozent.
Doch der BR hielt an seiner ‚Buy and hold‘-Strategie fest und sah keinen Anlass, Bewertungen zur Höhe der stillen Reserven vorzunehmen. 2014 beliefen sich diese auf 56,4 Mio. Euro.
Dieses Vorgehen sehen die Haushaltsprüfer ebenfalls kritisch: „Durch die fehlende ‚Sell‘-Option können die Verantwortlichen nicht flexibel auf Kapitalmarktveränderungen reagieren“, heißt es im Bericht dazu. Der ORH rät dem BR, regelmäßig zu prüfen, ob „Veräußerungen von Renteneigenanlagen unter Realisierung stiller Reserven vorteilhaft sind.“
Aktien- und Rentenfonds: Durchschnittlicher Wertzuwachs von 1,4 Prozent pro Jahr
Das Anlagesegment ‚Fonds‘ wurde seit 2009 von 181 Mio. Euro auf 570 Mio. Euro 2019 ausgebaut. Allerdings beläuft sich der durchschnittliche jährliche Wertzuwachs des gesamten Fondsvermögens im Prüfzeitraum auf magere 1,4 Prozent. Der Rechnungshof kann seine Kritik kaum verbergen, wenn er schreibt: „Im Vergleich hierzu entwickelte sich der Deutsche Aktienindex (DAX) mit einem durchschnittlichen jährlichen Wertzuwachs von 10,8 Prozent. Wäre der gesamte Fondsbestand des BR von 181 Mio. € (Stand 2009) beispielsweise in eine den DAX-abbildende Anlage investiert worden, hätte der Wertzuwachs rd. 317 Mio. € betragen und einen Großteil der Zuführungen von 389 Mio. € erwirtschaftet.“
Welche Rolle die wachsenden Versorgungspflichten spielen, thematisierte Versicherungsbote bereits 2020. Den Nettoaufwand für die betriebliche Altersversorgung (bAV) der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bezifferte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) auf knapp 2,5 Milliarden Euro - allein für den Zeitraum 2021 bis 2024. Etwas griffiger: 16,80 Euro zahlt jeder Bürger über seinen Rundfunkbeitrag im Jahr für die Altersversorgung öffentlich-rechtlicher Beschäftigter. Tendenz: Massiv steigend.