Theo Waigel: Lebensarbeitszeit „wird über 67 hinausgehen müssen“

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Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) war am Donnerstag bei Markus Lanz zu Gast: und vertrat in der Talkshow eher unpopuläre Thesen. Die Deutschen werden deutlich länger arbeiten müssen, auch sei Deutschland beim Blick auf implizite Schulden höher verschuldet als Griechenland.

In seiner Sendung vom 20. Oktober sprach Markus Lanz über aktuelle Herausforderungen der Finanz- und Wirtschaftspolitik: und hatte sich hierfür auch Theo Waigel eingeladen. Von 1989 bis 1998 war das CSU-Urgestein Bundesminister für Finanzen unter Helmut Kohl, arbeitete hierbei unter anderem die Wirtschafts- und Währungsreform für das wiedervereinigte Deutschland mit aus. Auch für den gemeinsamen Euro in der EU stellte er wichtige Weichen.

Waigel: "Wer soll das finanzieren?“

In der Talkshow am Donnerstag vertrat Waigel, der nach seiner Amtszeit unter anderem auch für die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) beratend tätig war, eher unpopuläre Thesen. Nach seiner Ansicht werden die Deutschen deutlich länger arbeiten müssen. "Die jüngere Generation wird kleiner, so viele wachsen gar nicht nach. Wir alle werden mindestens zehn Jahre älter als unsere Eltern. Wer soll das finanzieren?“, fragte der promovierte Jurist.

Die Politik stehe vor der Wahl, ob sie entweder Renten und Pensionen kürze oder deutlich höhere Abgaben durchsetze, argumentierte Waigel weiter. Doch beides sei schwierig. Er forderte, die Lebensarbeitszeit raufzusetzen. Das werde "sogar noch über 67 hinausgehen müssen“. Gemeint ist hiermit die Regelaltersgrenze, die dazu berechtigt, ohne Abschläge nach 45 Jahren Beitragszeit eine gesetzliche Rente zu beziehen. Ab dem Geburtsjahrgang 1964 wird diese Altersgrenze bei 67 Jahren liegen, nachdem die Politik beschloss, sie schrittweise anzuheben. Das aber reiche allein nicht aus. Zusätzlich braue es einen "stärkeren Anteil von Frauen in der Arbeitswelt und eine bestimmte qualifizierte Zuwanderung – nur damit können wir die Probleme der Zukunft lösen“, sagte der 87jährige.

Hohe implizite Staatsschulden

Waigel untermauerte seine Thesen durch den Hinweis auf die impliziten Staatsschulden Deutschlands: stark vereinfacht jene Schulden, die im aktuellen Staatshaushalt noch gar nicht eingerechnet sind, sondern von zukünftigen Generationen gestemmt werden müssen. Diese würden sich auf 150 Prozent des Bruttoinlandsproduktes summieren: unter anderem für Pensionslasten und Pflegekosten. Hier hätten selbst die Euro-Krisenländer im internationalen Vergleich notwendige Korrekturen eingeleitet, die Deutschland versäumt hätte. „So ist die implizite Staatsschuld im Moment in Griechenland wesentlich geringer (…) und in Italien nicht höher als in der Bundesrepublik Deutschland.“

In jeder Haushaltsberatung müsste das Thema implizite Staatsschuld angesprochen und auch in der Öffentlichkeit breit diskutiert werden, fordert Waigel. Bereits seit 15 Jahren sei zudem klar, dass eine längere Lebensarbeitszeit notwendig werde. Auch wenn nicht jeder Bürger werde länger arbeiten können, so sei eine längere Lebensarbeitszeit doch „differenziert zumutbar“.