Die Düsseldorfer Tabelle, eine von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf ausgearbeitete Richtlinie für Unterhaltsrecht und Unterhaltszahlungen, wurde nun für 2023 aktualisiert. So gelten ab Januar neue Bedarfssätze für den Kindesunterhalt von Trennungskindern – diese erhalten mehr Unterhalt. Aber auch die Selbstbehalte für unterhaltspflichtige Eltern steigen diesmal wesentlich.
Düsseldorfer Tabelle ist eine Richtlinie mit Tradition
Schon seit 1962 gibt die Düsseldorfer Tabelle Richtwerte für Unterhaltszahlungen vor – zum Beispiel für den Kinds-, aber auch den Ehegatten- oder den so genannten Elternunterhalt. Erarbeitet wurde die Tabelle durch die Familiensenate des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf. Zwar hat die Tabelle keine verbindliche Gesetzeskraft. Jedoch: Gerichte ziehen die Zahlen regelmäßig zur Orientierung heran, ebenso viele Behörden.
Auch werden Richtwerte der Tabelle regelmäßig aktualisiert und angepasst, und zwar in enger Abstimmung mit der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstags und mit Richtern aller Oberlandesgerichte. Eine aktualisierte Ausgabe dieses wichtigen Werkzeugs der Familiengerichtsbarkeit für das Jahr 2023 wurde nun veröffentlicht. Demnach bekommen Trennungskinder ab 2023 mehr Unterhalt. Zugleich dürfen unterhaltspflichtige Eltern aber auch eine größere Summe als Selbstbehalt geltend machen.
Die Tabelle weist monatliche Bedarfssätze getrennt für vier Altersstufen aus: 0 bis 5 Jahre, 6 bis 11 Jahre, 12 bis 17 Jahre sowie ab 18 Jahre. Bei Anpassung der Bedarfssätze orientiert sich das Gericht am Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß Paragraph 1612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser Mindestunterhalt wird zweijährig durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) festgelegt. In Orientierung an der aktuellen Verordnung hat das Gericht nun alle Bedarfssätze der Tabelle angehoben.
Demnach beträgt nun der Mindestunterhalt ab 2023:
- für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 437 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 41 EUR),
- für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 11. Lebensjahres) 502 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 47 EUR),
- für Kinder der 3. Altersstufe (vom 12. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 588 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 55 EUR).
Mit dem Einkommen steigt der Unterhaltsbedarf – für 15 Einkommensgruppen
Der Mindestunterhalt der Kinder greift aber nur für unterhaltspflichtige Eltern mit niedrigem Einkommen (bis 1.900 Euro). Allerdings gilt für den Unterhalt das Prinzip: Je höher das Einkommen unterhaltspflichtiger Eltern, desto mehr steigt der Unterhaltsbedarf.
Hierfür werden 15 Einkommensgruppen je Altersstufe unterschieden und die Bedarfssätze schrittweise erhöht:
- Ab der zweiten bis zur fünften Einkommensgruppe steigen die Bedarfssätze um jeweils fünf Prozent.
- Ab der sechsten bis zur fünfzehnten Einkommensgruppe steigen die Bedarfssätze um jeweils acht Prozent.
Auch Bedarfssätze volljähriger Kinder werden zum 01.01.2023 angehoben, wie das Gericht erklärt. Sie betragen 125 Prozent der Bedarfssätze der 2. Altersstufe. Die Anhebung führt zu folgenden Bedarfssätzen ab 2023:
Kindergeld wird eingerechnet
Laut Paragraph 1612b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss zur Deckung des Unterhaltsbedarfs auch Kindergeld verwendet werden. Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen, informiert das Gericht. In 2023 beträgt das Kindergeld je Kind einheitlich 250 EUR. Gegenüber 2022 bedeutet dies für das 1. und 2. Kind eine Erhöhung um 31 EUR und für das 3. Kind um 25 EUR.
Auch Selbstbehalte steigen merklich
Erstmals seit Januar 2020 profitieren nun auch wieder unterhaltspflichtige Eltern von den Veränderungen: Die Selbstbehalte steigen merklich. Angaben finden sich in den Anmerkungen zum Teil "A" der Tabelle (Kindesunterhalt) unter Punkt fünf.
Unterschieden wird zwischen zwei Richtwerten für die Eigenansprüche des Unterhaltspflichtigen:
- Der notwendige Eigenbedarf definiert jenes Einkommen, das dem unterhaltspflichtigen Elternteil notwendig als absolutes Minimum zusteht. Dieses darf als Selbstbehalt nicht belangt werden.
- Zudem gibt es noch den angemessenen Eigenbedarf, der höher ausfällt als der notwendige Eigenbedarf. Der angemessene Eigenbedarf greift jedoch nur unter bestimmten Bedingungen, sobald Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern besteht.
Neue Richtwerte für den Selbstbehalt
Der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende notwendige Eigenbedarf beträgt laut OLG für den nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.120 EUR (statt bisher 960 EUR) und für den erwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.370 EUR (statt bisher 1.160 EUR). Bei Bemessung des notwendigen Selbstbehalts wurde ein Bedarfssatz von 502 EUR entsprechend dem Bürgergeld berücksichtigt. Zudem sind Kosten der Unterkunft (Warmmiete) von 520 EUR enthalten.
Der angemessene Selbstbehalt gegenüber sonstigen Ansprüchen auf Kindesunterhalt beträgt ab dem 1.Januar 2023 insgesamt 1.650 EUR (bisher 1.400 EUR). Im angemessenen Selbstbehalt sind Wohnkosten von 650 EUR (Warmmiete) enthalten.
Erneut keine Angaben mehr zum Elternunterhalt
Abhängig von der eigenen Leistungsfähigkeit müssen volljährige Kinder auch für ihre Eltern „haften“ und durch „Elternunterhalt“ zum Lebensbedarf der Eltern beitragen – eine Situation, die meist durch die Pflegebedürftigkeit eines Elternteils und die Unterbringung in einem Heim ausgelöst wird. Zwar steht zunächst der Ehepartner für den Unterhalt ein. Reicht aber dessen Einkommen nicht aus oder ist der Partner gar schon verstorben (was nicht selten ist), ermitteln die Sozialämter die unterhaltspflichtigen Verwandten und nehmen diese folglich in die Unterhaltspflicht. Und das sind in der Regel die leiblichen Kinder.
Die wichtigsten Werte der Düsseldorfer Tabelle für den Elternunterhalt fanden sich bis 2020 in einem Teil „D“, der sich dem Verwandtenunterhalt und Unterhalt nach Paragraph 1615 I BGB widmete. Dieser Selbstbehalt für den Elternunterhalt summierte sich aus einem eigenen „notwendigen Selbstbehalt“ und einem Prozentsatz des darüber hinausgehenden Einkommens. Konkreten Angaben der Tabelle aber entfallen nun schon zum zweiten Mal.
Angehörigen-Entlastungsgesetz erschwert Richtwerte
Grund ist das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das im November 2020 erst den Bundestag und dann den Bundesrat passierte (Versicherungsbote berichtete). Dieses Gesetz legt nun eine eigene Untergrenze für die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern fest. Die Grenze orientiert sich, anders als Werte der Düsseldorfer Tabelle, am Bruttoeinkommen und fällt dennoch wesentlich höher aus – denn Unterhaltspflichtige müssen erst dann Elternunterhalt leisten, wenn das Bruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt.
Demnach würde für viele Betroffene die Düsseldorfer Tabelle nicht mehr greifen – aufgrund einer nun eigenständig vorgegebenen höheren Untergrenze entfällt für sie die Pflicht komplett, Elternunterhalt zu leisten. Erst ab einer bestimmten Einkommenshöhe greift demnach die bisherige Berechnungsformel wieder.
Das Gericht reagiert auf dieses Problem, indem es keine Angaben eines konkreten Betrags mehr macht. Stattdessen heißt es nun in der Tabelle zum angemessenen Selbstbehalt gegenüber Eltern: „Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen. Bei dessen Bemessung sind Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz) vom 10.Dezember 2019 (BGBl I S. 2135) zu beachten.“ Die neue Düsseldorfer Tabelle ist auf der Webseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf verfügbar.