Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will die Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent deckeln. Das geht aus einem Positionspapier hervor, über das aktuell die Stuttgarter Nachrichten berichten. Alternativ soll die private Vorsorge gestärkt werden.
Deutschland altert - und das belastet auch das Umlageverfahren in der Sozialversicherung. Immer mehr Menschen gehen in Rente oder müssen gesundheitlich umsorgt werden, dem Arbeitsmarkt gehen nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in den nächsten 15 Jahren 12,9 Millionen Menschen verloren. Das hat Folgen für das Sozialsystem. Die Sozialbeiträge müssten bis zum Jahr 2030 auf 45,2 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens steigen, warnt das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) in einer Studie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass hier auch die Arbeitgeberbeiträge enthalten sind.
Die Unionsfraktion im Bundestag will nun gegensteuern. Die Gesundheitspolitiker von CDU und CSU haben ein bislang unveröffentlichtes Positionspapier erarbeitet, das sich der Sozialversicherung widmet. Im Mittelpunkt steht die Pflegeversicherung. Darin fordern die Parteien, die Sozialbeiträge zu deckeln. Über das Papier berichten aktuell die „Stuttgarter Nachrichten“.
Steigende Beiträge „belasten nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Arbeitgeber. Das schadet dem Standort Deutschland“, zitiert die schwäbische Zeitung aus dem Positionspapier. Nötig sei deshalb „eine schnellstmögliche Rückkehr zur Sozialgarantie, die eine Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent vorsieht“.
Pflegeversicherung: Mehr Eigenvorsorge gefordert
Schwerpunkt des Arbeitspapiers aber ist die Pflegeversicherung. Sie müsse auf drei Säulen aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge gestellt werden, fordern die Unionspolitiker in dem Papier. „Wir haben die Grenzen des bestehenden Umlagesystems erreicht. Auskömmlich finanziert werden kann die Pflege künftig nur mit einem Mix aus Beiträgen in der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung sowie Anteilen, bestehend aus Eigenvorsorge, betrieblicher Finanzierung sowie Finanzierung aus Steuermitteln“, schreibt die Union laut Stuttgarter Zeitung.
Insbesondere die junge Generation könne durch geringe Beiträge ein späteres Pflegerisiko im Alter finanziell absichern, argumentieren die Unionsparteien. Die Gewerkschaften haben diesbezüglich wiederholt kritisiert, dass von der Forderung nach mehr Privatvorsorge vor allem die Arbeitgeber profitieren würden, da die Beschäftigten ihren privaten Schutz auch allein zahlen müssten. Die soziale Pflegeversicherung wird hingegen zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt und denkt ohnehin nur einen Teil der Kosten im Pflegefall ab.
Vermehrt Fachkräfte aus dem Ausland werben
Auch zum Mangel an Pflegekräften äußert sich die Union: Sie schlägt Konzepte vor, die bisher bereits diskutiert wurden, aber bisher keine Entlastung brachten. So sollen gezielt Fachkräfte aus dem Ausland angeworben und dafür bürokratische Hürden abgebaut werden. Außerdem soll das bestehende Pflegepraktikum für Medizinstudierende verlängert werden. Zum Hintergrund: Das Pflegepraktikum ist verpflichtender Bestandteil des Medizinstudiums und notwendig, um sich für das Physikum anzumelden. Es soll den Studierenden Praxiserfahrung vermitteln. Derzeit beträgt es 90 Tage. Damit würde der Pflegenotstand aber zunehmend auf dem Rücken der Studierenden bekämpft, zumal das Praktikum unbezahlt ist. Ohnehin dauert das Medizinstudium mit sechs Jahren vergleichsweise lange. Auch fehlen in Deutschland qualifizierte Ärzte, vor allem in ländlichen Regionen.
Ein Verbot von Leiharbeit in der Pflege lehnen CDU und CSU hingegen ab. Viele Pflegekräfte sind bei Leiharbeitsfirmen beschäftigt, weil sie dort laut der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ihre Arbeitszeit besser planen können - und in der Altenpflege auch teils besser bezahlt werden als die Stammbelegschaft. Pflegende, die bei einem Krankenhaus oder in einem Heim fest angestellt sind, müssen hingegen oft Kolleginnen und Kollegen bei zu dünner Personaldecke ersetzen. Zuletzt wurde in Berlin ein Verbot der Leiharbeit diskutiert. So würden Festangestellte beklagen, dass ihnen durch die Leiharbeit oft eine zusätzliche Belastung entsteht, da die Springer nicht eingearbeitet sind und die Tagesabläufe in der Einrichtung nicht kennen. Stattdessen solle die Leiharbeit reformiert werden.
Die Union verweist darauf, dass 80 Prozent aller Pflegebedürftigen nach wie vor zuhause umsorgt werden. Auch in der häuslichen Pflege fordert sie Verbesserungen. "Wir fordern flexible und bürokratiearme Leistungen sowie eine Weiterentwicklung von Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflegeangeboten sowie bessere Nutzungsmöglichkeiten von Verhinderungspflege", zitieren die "Stuttgarter Nachrichten" aus dem Papier.