Allianz-Chef Oliver Bäte zeigt sich unzufrieden mit dem Kundenwachstum. Das machte er bei einer vorab veröffentlichten Rede vor der Hauptversammlung des Münchner Versicherers deutlich. Zwar seien die Kundenbewertungen im Netz positiv - dies habe man aber nicht in mehr Wachstum in den Kernmärkten übersetzen können.
Wer sich die Online-Bewertungen auf Bewertungsplattformen im Netz anschaut, stellt fest, dass diese tendenziell positiv sind: mit einigen Auffälligkeiten. Bei Trustpilot zum Beispiel erzielt die Allianz 3,9 von 5 möglichen Punkten bei 4.262 abgegebenen Stimmen. Das bedeutet „gut“. Allerdings fällt auch auf, dass fast ein Drittel (31 Prozent) der Nutzerinnen und Nutzer nur einen Stern vergeben hat: die schlechteste Wertung. Die Kritiker bemängeln unter anderem lange Bearbeitungszeiten nach einem Unfallschaden und unklare Ansprechpartner.
Im Jahr 2022 konnte die Allianz einen Rekordgewinn von 14,2 Milliarden Euro verkünden: am 04. Mai trifft sich der Versicherer in München zur virtuellen Hauptversammlung. Doch in seiner vorab veröffentlichten Rede machte Oliver Bäte deutlich, dass er mit der derzeitigen Entwicklung des Konzerns nicht voll zufrieden ist. Zwar würden bestehende Kunden der Allianz bei Umfragen gute Noten geben. "Doch wir schaffen es noch nicht, diese Zufriedenheit in stärkeres Kundenwachstum zu übersetzen - insbesondere in unseren Kernmärkten in Europa“, wird Bäte von der Nachrichtenagentur „Reuters“ zitiert. Es sei Anspruch der Allianz, das so bald wie möglich zu ändern.
Bäte kündigte an, die Allianz krisensicherer zu machen. „Das ist nicht nur das Anliegen von Vorstand und Aufsichtsrat, sondern auch unserer Aufseher. Wir müssen uns auch gegen sehr unwahrscheinliche Risiken wappnen, die ein großes Verlustpotenzial bergen“, so der Konzernchef. Der wichtigste Hebel dabei sei "eine Kultur, die ein hohes Vertrauen und starke Kontrollen als zwei Seiten der gleichen Medaille sieht“.
Tatsächlich hatte die Allianz zuletzt Probleme mit der Versicherungsaufsicht: Vor allem in den USA, wo der Skandal um verlustreiche Structured-Alpha-Fonds zu Schadenersatz- und Vergleichskosten von 5 Milliarden Euro führte. Die Allianz hatte die Fonds institutionellen Anlegern als sicheren Hafen für die Altersvorsorge empfohlen, doch riskante Finanzwetten führten zu Corona-Zeiten zu hohen Verlusten. Ein solcher Vorfall solle sich nicht wiederholen, versicherte Bäte.
Doch auch in Deutschland meldete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Änderungsbedarf an. Grund ist ausgerechnet die IT-Struktur des Versicherers. Gegenüber der Aufsichtsbehörde müssen die Versicherer nachweisen, dass auch die IT bestimmte Mindestanforderungen erfüllt. So sehen es die Versicherungsaufsichtlichen Anforderungen an die IT (VAIT) vor. Unter anderem muss eine verantwortliche Einheit für die IT in den Konzernen zu benennen sein. Bei der Allianz bemängelten die Aufseher eine „lückenhafter Steuerung“ und nicht abgestimmten Prozesse, wie der Konzern bestätigt hat.
Bäte bekräftigte laut „Reuters“ zudem, trotz eines raueren Marktumfelds an den selbst gesteckten ehrgeizigen Unternehmenszielen festhalten zu wollen. Der Gewinn je Aktie soll um fünf bis sieben Prozent gesteigert werden, die Eigenkapitalrendite über 13 Prozent liegen. Weltweit betreue die Allianz derzeit rund 122 Millionen Kunden, berichtete Bäte.