Finanzthemen haben ein Imageproblem und das hemmt die Bereitschaft, sich gern mit ihnen zu beschäftigen. Unser Finanzsystem wird zurecht als zu kompliziert wahrgenommen und ist negativ konnotiert. Generell wird ein offener Dialog zu Geld- und Finanzthemen gesellschaftlich meist tabuisiert. Finanzielle Fehlentscheidungen erhalten indes deutlich mehr Aufmerksamkeit als Erfolgsbeispiele, der Alarmismus ist groß und allenthalben fehlen passende Vorbilder für finanziell eigenverantwortliches Handeln. Der Aufbau einer positiven Wahrnehmung kann durch eine bewusste und langfristige Kommunikation im öffentlichen Raum unterstützt werden. Und im digitalen Raum braucht es verlässliche Quellen, die Finanzthemen qualitativ hochwertig und gleichzeitig modern, inspirierend vermitteln. Eine stärkere Chancenorientierung, kann Mut machen, eigene Erfahrungen im Finanzkontext zu sammeln. Wer sich mit Finanzen auskennt, soll schließlich nicht als spröde oder raffgierig gelten, sondern als verantwortungsbewusst.
Anreize für eigenes Handeln schaffen
Der Staat wird’s schon richten! Ein Irrglaube, der viele davon abhält, eigenständig vorzusorgen und Finanzwissen aufzubauen. Politische Entscheidungen werden zuweilen aus dogmatischen oder ideologischen Beweggründen getroffen, die sowohl volkswirtschaftliche Realitäten außer Acht lassen als auch den Eindruck erwecken, es bestünde kein persönlicher Handlungsbedarf. Gerade bei der Rente sollten die Menschen animiert werden, eigenständig und frühzeitig vorzusorgen. Es müssten dafür eigentlich längst Reformen angestrengt werden, doch stattdessen wird auf staatliche Zuschüsse oder weitere Staatsschulden gesetzt und die Menschen im vermeintlichen Glauben gelassen, die Renten seien sicher. Privates, eigenverantwortliches Handeln sollte hingegen unterstützt und honoriert werden, sodass Anreize entstehen eigenständig aktiv zu werden.
Raum für Finanzentscheidungen schaffen und Vielfalt an Angeboten bieten
Eine höhere Finanzkompetenz ist schließlich kein Selbstzweck. Wer für sich selbst vorsorgen und bei finanziellen Dingen entscheiden kann, entlastet andere. Es ist daher gesellschaftlich erstrebenswert und bedingt eine Kraftanstrengung aller. Umso wichtiger ist aber auch, den Raum für Finanzentscheidungen weiter zu öffnen, statt einzuschränken. Derzeit übernehmen rund 190.000 ausgebildete Beraterinnen und Berater die Rolle, Menschen auf den Vorsorgebedarf anzusprechen und unterstützen bei der Finanzentscheidung, in dem Fachwissen geteilt und Fragen geklärt werden. Neben Gesprächen mit Freunden und Verwandten stellen mit 38 Prozent Beratungsgespräche die Top-Informationsquelle für junge Menschen dar. Ihnen sollte auch in Zukunft die Möglichkeit geboten werden, dort ihre Finanzkompetenz aufzubauen. Gleichzeitig braucht es hier mit Blick auf Beratungsformen, -angebote und -sprache noch mehr Vielfalt und Optionen, um für alle Menschen gleichermaßen ansprechbar zu bleiben. Mehr statt weniger ist hier die Devise. Gemeinsam mit karitativen Einrichtungen, Verbraucherorganisationen und Schuldnerberatungen kann der Finanzberatungssektor einen relevanten Beitrag zur Stärkung der Finanzkompetenzen leisten.
Die Förderung des Finanzwissens der Menschen stärkt die Chancengerechtigkeit und ist damit eine Investition in die soziale Gerechtigkeit. Zudem macht es uns ökonomisch widerstands- und zukunftsfähig, wenn wir die Eigenverantwortung der Menschen stärken. Hier aktiv zu werden, lohnt sich also mehrfach.