Leisten Makler unabhängige Beratung im Sinn der EU-Kleinanlegerstrategie? Diese Frage entzündete sich an einem Meinungsbeitrag. Wie Vermittlerverbände darauf reagierten.
Mit seinem Kommentar „Endlich geben sie es zu: Versicherungsmakler sind nicht unabhängig!“ sorgte Niklas Hoyer von der WirtschaftsWoche für teilweise heftige Reaktionen. So antwortete Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), mit einem Leserbrief, in dem er Hoyer vorwarf, selbst „interessengeleitete Fehlinformation“ zu verbreiten (Versicherungsbote berichtete).
Auf Twitter reagierte der Journalist Christian Prüßing (kapital-markt-intern) auf den Meinungsbeitrag von Hoyer. Dessen Behauptung, ein Interessenkonflikt bestehe, weil Makler Anreize hätten, jene Produkte zu empfehlen, die ihnen die höchsten Provisionen einbrächten, hält Prüßing nicht für plausibel. Makler hätten nämlich, so Prüßing, ein elementares Interesse an langfristigen Kundenbeziehungen. ‚Provisionsoptimierung‘ würde diesem Interesse entgegenstehen. Zudem vermisste der kmi-Redakteur empirische Belege dafür, dass „immer das teuerste Produkt beim Kunden landet“.
Niklas Hoyer antwortete auf Twitter: „Ich sehe auch viele Makler/Vermittler, die auf langfristige Kundenbeziehung zielen - allerdings sehe ich auch die Fälle, wo aus Kundensicht grottige Policen/Anlageprodukte verkauft werden. Je höher die Provision, umso eher.“
Wo er diese Fälle allerdings sieht, machte Hoyer nicht transparent. In den Beschwerdestatistiken von BaFin oder Ombudsmann kann es jedenfalls nicht gewesen sein.
Votum-Verband sieht Gesetzgeber gefordert
Auf Anfrage von Versicherungsbote äußerte sich auch der Votum-Verband zu dem WiWo-Beitrag von Niklas Hoyer. Nach Auffassung des Verbands handelt es sich bei dem Text um „Wortklauberei“. Die EU-Kommission habe durch die Veröffentlichung der Omnibus Retail Investment Strategy (RIS) am 24.05.2023 den Begriff der „unabhängigen Beratung“ neu eigeführt. Dazu heißt es in Bezug auf Artikel 30 (5b) der IDD in der Erklärung des RIS:
„Dies geschieht dadurch, dass die Kategorie ‚unabhängig‘ für die Mitgliedstaaten obligatorisch statt fakultativ ist und dass die Annahme oder Gewährung von Anreizen im Zusammenhang mit einer Beratung auf unabhängiger Basis verboten wird. Ein solches Verbot sollte Versicherungsvermittler jedoch nicht daran hindern, eine Beratung anzubieten, für die sie Anreize erhalten können, sofern die Beratung nicht als ‚unabhängig‘ dargestellt wird und die Kleinanleger im Einklang mit den geltenden Transparenzanforderungen über die Anreize informiert werden.“
„Wir sind weiterhin der Meinung, dass unabhängige Beratung von Maklern angeboten werden kann und es dafür auch eine Vergütung in Form einer Provision geben darf“, so der Votum-Verband gegenüber Versicherungsbote. Allerdings bedürfe es hierfür aber nochmals einer Klarstellung des Gesetzgebers.
Gelegenheit, darauf hinzuarbeiten, bietet sich Votum-Vorstand Martin Klein am 18. Juli 2023 in Brüssel. Dann nimmt er im Rahmen seiner Tätigkeit als Vice-Chairman des europäischen Dachverbandes FECIF an einem Roundtable der EU-Kommissarin McGuinness teil.
Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung (AfW), verwies in seinem Statement zum WiWo-Artikel auf die Rolle von Maklern als Sachwalter ihrer Kunden, die der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1985 festschrieb. Gegenüber Versicherungsbote kündigte Wirth die Veröffentlichung eines Gutachtens zur Problematik des in der EU-Kleinanlegerstrategie angelegten Provisionsverbotes für Makler an. Dessen Tenor: Der Begriff „Beratung auf unabhängiger Basis“ könne im deutschen Recht sowohl Makler, als auch Versicherungsberater meinen. Das Gutachten soll zur gegebenen Zeit veröffentlicht werden.