Seit 2017 können Hinterbliebene ein Angehörigenschmerzensgeld geltend machen, wenn ein naher Angehöriger durch das Verschulden eines Dritten stirbt. Die Versicherungswirtschaft zieht nun eine positive Bilanz. Oft könnten sich Hinterbliebene und Versicherer gütlich auf eine Summe einigen: Nur in Ausnahmefällen käme es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.
Im Jahr 2017 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das Hinterbliebenen eine finanzielle Entschädigung zuspricht, wenn ein Mensch durch Fremdverschulden ums Leben kommt. Sie soll einen Ausgleich für das zugefügte seelische Leid schaffen und wird in der Regel vom Haftpflicht- oder Kfz-Haftpflichtversicherer des Verursachers gezahlt, sofern vorhanden. Die entsprechende Regelung findet sich in § 844 Abs. 3 BGB. Vor dieser Reform wurde ein Schmerzensgeld für Angehörige nur in Ausnahmefällen gewährt: etwa, wenn eine starke gesundheitliche Beeinträchtigung bzw. Schockschaden aufgrund des Verlustes ärztlich nachgewiesen werden konnte.
Versicherungswirtschaft berichtet von positiven Erfahrungen
Zu diesem Angehörigenschmerzensgeld bzw. Hinterbliebenenschmerzensgeld hat sich nun die Versicherungswirtschaft positioniert. Sie evaluierte das Gesetz und legte hierzu ein Gutachten vor. Die Erfahrungen sind positiv. „Hinterbliebene machen den neuen Anspruch regelmäßig geltend und einigen sich meist einvernehmlich mit den Versicherungen über die Höhe der Zahlungen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Das neue Schmerzensgeld habe ich nach Ansicht der deutschen Versicherer gut bewährt.
Ein Grund für die positive Resonanz: Es komme nur selten zum Rechtsstreit zwischen Hinterbliebenen und Versicherer. Die seltenen Streitfälle basieren nach den bisherigen Erfahrungen der Versicherer vor allem darauf, dass das Gesetz das „persönliche Näheverhältnis“ zum Getöteten nicht auf nahe Angehörige beschränkt. „In einigen Fällen wollen Menschen auch dann Hinterbliebenengeld erhalten, wenn Bekannte, Paten oder sogar Sportfreunde getötet wurden. Das ist aber zurecht nicht Sinn der Regelung”, so Asmussen.
Konkrete Zahlen, wie oft und in welcher Höhe das Geld in Anspruch genommen wird, nannte der Verband allerdings nicht. In der Stellungnahme des GDV wird dies damit begründet, dass die Höhe des entsprechenden Schmerzensgeldes nicht separat erfasst werde. "Es gibt aktuell keine belastbaren Zahlen zum Aufwand für das Hinterbliebenengeld. Das Hinterbliebenengeld wird in den meisten Fällen im Rahmen eines Abfindungspakets ausgezahlt, in dem die einbezogenen Schadenpositionen nicht immer einzeln beziffert werden. Nach Einschätzung der Kfz-Haftpflichtversicherer nimmt der Aufwand jedoch weiterhin zu", schreibt der GDV.
10.000 Euro als Richtwert
Beanspruchen können Hinterbliebene das Schmerzensgeld, wenn eine ihnen besonders nahestehende Person getötet wurde, etwa nach Verkehrsunfällen, Arbeitsunfällen oder medizinischen Behandlungsfehlern. Als Richtwert sieht der Bundesgerichtshof einen Betrag von 10.000 Euro an, berichtet der GDV, im Einzelfall könne es nach unten oder oben angepasst werden. Das Geld ist vom Verursacher des Todesfalls beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung zu bezahlen und soll das seelische Leid der Hinterbliebenen anerkennen.
Im Wortlaut heißt der entsprechende Paragraph im Bürgerlichen Gesetzbuch: „Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.“ (§ 844 Absatz 3 BGB).