Wie kann das Milliarden-Defizit der gesetzlichen Krankenkassen bekämpft werden? Während SPD und Grüne dafür votieren, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben, schlägt ein Beratungsunternehmen das Gegenteil vor.
Würde die GKV-Beitragsbemessungsgrenze (2023: 4.987,50 Euro pro Monat) auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (2023: West: 7.300 Euro /mtl.; Ost: 7.100 Euro / mtl.) angehoben, wie SPD und Grüne fordern, könnten bereits 2024 5,8 Milliarden Euro zusätzlich im Gesundheitssystem stecken (Versicherungsbote berichtete).
Folgt man diesem Vorschlag, müsste auch die Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze, JAEG) in der GKV angehoben werden. Andernfalls wäre die JAEG deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze.
Würde die JAEG von derzeit 66.600 Euro jährliches Einkommen auf die Bemessungsgrenze zur Rentenversicherung von 87.600 Euro angehoben, müssten freiwillig gesetzlich Versicherten eine Erhöhung von über 47% hinnehmen, so die Zielke Research Consult GmbH.
Zudem stünden die Arztpraxen vor einem Finanzierungsproblem, meint Zielke und stützt sich dabei auf Ausführungen des Verbands der privaten Krankenversicherer (PKV-Verband). So trugen die privat Versicherten 2021 20,4 Prozent der Praxis-Erträge - obwohl sie nur 10 Prozent der Bevölkerung ausmachen. In der ‚PKV-Studie 2022‘ schreibt Zielke Research dazu: „Die Gebührenordnung für Ärzte wurde das letzte Mal zum 1.1.1996 angepasst. Damit haben die Ärzte seitdem einen jährlichen realen Verdienstverlust von 2% bzw. von 53% insgesamt seit 1996 erlitten. Dies ist mitunter der Grund, warum die Ärzte für gesetzlich Versicherte immer weniger Zeit aufbringen können, da sie versuchen, diesen Ertragsverlust durch Menge auszugleichen.“
Wenn man nun den PKVen den Zugang zu Neukunden abschneide, würde das die wirtschaftliche Situation der Ärzte verschärfen. Verbunden mit der erhöhten Gefahr, unter solchen ökonomischen Bedingungen keinen Nachfolger mehr finden zu können.
Eine PKV ohne Neukunden käme einer Abschaffung des dualen Gesundheitssystems in Deutschland gleich. Das weiß auch Zielke Consult. In der PKV-Studie heißt es dazu: „Wenn man jetzt sogar die PKV in die GKV integrieren würde, dann könnten zwar vielleicht einmalig ca. 250 Mrd. € an Alterungsrückstellungen (obwohl aus unserer Sicht verfassungswidrig) vereinnahmt werden, doch würde dem Gesundheitssystem jährlich 13 Mrd. € fehlen. Bei einem derzeitigen durchschnittlichen Bruttolohn von ca. 3.200 € pro Monat müsste der Beitragssatz dann nicht wie derzeit bei 14,6% liegen, sondern bei 15,3%, wobei dann die demographische Entwicklung zu einer deutlichen Erhöhung in den kommenden Jahren führen wird.“
Selbst bei der konservativen Annahme, dass die Zahl der Rentenempfänger bis 2030 nur um 10 % steigt würden - bei gleichbleibenden Gesundheitskosten - Mehrkosten in Höhe von 14,5 Milliarden Euro zu Buche stehen.
Abschließend heißt es bei Zielke, dass die demografische Entwicklung ein Kapitaldeckungsverfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung unausweichlich machen würde. Die Abschaffung des PKV-Systems würde hingegen nur Probleme verlagern. „Sinnvoller wäre es, die Beitragsbemessungsgrenze abzusenken, um mehr Erwerbstätigen die Wahl zwischen zwei Systemen zu ermöglichen und den Wettbewerb zu fördern“, schreibt Zielke Research. Bei Beamten sei dieser Weg bereits eingeschlagen worden.