Bedeuten die Vorschläge aber nicht auch, dass zunächst die Kapitalkosten deutlich steigen und speziell Menschen mit hohen Einkommen mehr zahlen müssen? Das räumen die beiden CDU-Politiker ein. „Wer Kapitaleinkünfte erzielt, würde deutlich mehr Abgaben zahlen als bisher“, heißt es in dem Papier. Und weiter: "Wenn Geld in Form von Löhnen oder Dividenden den Betrieb verlässt, fallen grundsätzlich immer für alle die Sozialversicherungsbeiträge an.“
Dafür aber soll es Entlastung an anderer Stelle geben. Kapitaleinkünfte sollen künftig nicht mehr mit der Kapitalertragssteuer belastet werden, sondern mit dem individuellen Einkommenssteuertarif. Zweitens soll die Unternehmenssteuer so weit wie möglich abgeschafft werden. „Wenn Geld in Form von Löhnen oder Dividenden den Betrieb verlässt, fallen grundsätzlich immer für alle die Sozialversicherungsbeiträge an. Es ergibt dann aber keinen Sinn mehr, die Finanzkraft des Unternehmens durch eine Steuer noch weiter zu verringern“, schreiben die CDU-Politiker. Drittens soll auch die Erbschaftssteuer wegfallen. „Die Finanzierung der staatlichen Aufgaben sollte laufende Einnahmen aus Arbeit und Kapital erzielt werden, aber nicht durch die steuerliche Substanzbelastung“, heißt es.
Die Reform würde nach Einschätzung der CDU-Politiker Gewinner und Verlierer produzieren. Arbeitnehmer unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze würden um mehr als ein Viertel entlastet und hätten mehr Geld für privaten Konsum. Auch Unternehmen mit hohen Arbeitskosten sollen profitieren, weil sie weniger Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung zahlen müssten.
Arbeitnehmer mit einem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze würden hingegen mehr zahlen müssen, auch Anleger oder Immobilienbesitzer auf ihre Kapitaleinkünfte. Teils hänge es schlicht von der Art der Einnahmen ab, ob mehr oder weniger gezahlt werden müsse. Ein Unternehmer müsste mehr für erzielte Renditen zahlen, würde aber bei den Arbeitskosten entlastet.
Die Reaktionen auf den Vorschlag zeigen, dass sich die beiden CDU-Politiker mit ihrem Vorschlag zwischen alle Stühle setzen. Eine -de facto- Bürgerversicherung, die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze, das Aus für die private Krankenvollversicherung, eine anfängliche Mehrbelastung von Gutverdienern, die nur indirekt und unter bestimmten Umständen von Erleichterungen Gebrauch machen können: Das stößt auch der eigenen Partei vor den Kopf. „Wir können nicht in der jetzigen Situation Debatten führen, die zu einer Mehrbelastung der arbeitenden Mittelschicht unserer Gesellschaft führen“, zitiert der SWR Thorsten Frei, den Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Frei lobt freilich auch, dass die Konzeptgeber ausgetretene Pfade verlassen und „Out of the Box“ denken.
Lob gab es aber vom Sozialverband Deutschland (SoVD). "Hier wird ein interessanter Input zur allgemeinen Debatte um die Rente und unsere Sozialversicherungssysteme geliefert", sagte dessen Vorsitzende Michaela Engelmeier. Der Verband schlage schon länger vor, auch Einkünfte aus Aktiengewinnen und der Vermietung von Immobilien in die Finanzierung der Rente einzubeziehen.