Der Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV) legte seine Stellungnahme zur EU-Kleinanleger-Strategie vor. Tenor: Die Kommission verkenne die Rolle die Vermittler und würde die selbstgesteckten Ziele verfehlen, so der Verband.
Ende August lief die Frist für Stellungnahmen zur Kleinanleger-Strategie der EU-Kommission ab. Auch der Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV) nutzte die Gelegenheit, seine Sicht auf das Vorhaben darzulegen (zur ausführlichen Stellungnahme des BDV).
Die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness sprach vom „ehrgeizigsten Legislativvorschlag seit Einführung der EU-Finanzregulierung“ (Versicherungsbote berichtete). Kein Wunder; soll doch die Kleinanlegerstrategie gleich mehrere Ziele erreichen:
- verbesserter Zugang zum Kapitalmarkt für Kleinanleger
- verbesserter Verbraucherschutz
- Bürokratie und Überinformation sollen abgebaut werden
- Produktkosten sollen sinken
- allgemeine Finanzbildung soll steigen
Die Zielsetzung, Bürokratie und Überinformation abzubauen, teilt der BDV nicht nur, sondern hält sie sogar für „die absolut vorrangige Aufgabe“. Doch schon bei den Zielsetzungen ‚freier Marktzugang‘ und ‚finanzielle Allgemeinbildung‘ regt sich bei Dr. Helge Lach, dem Vorsitzenden des BDV, Widerstand:
„Es ist vollkommen richtig, nach Wegen zu suchen, wie die finanzielle Allgemeinbildung verbessert werden kann. Hier gibt es große Defizite. Wir glauben aber, dass hier andere gefordert sind. Denn die finanzielle Allgemeinbildung in einem föderal organisierten, und schon national nicht reformierbaren deutschen Bildungssystem mit einer EU-Richtlinie verbessern zu wollen, ist nach unserer Einschätzung von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Ebenso sehen wir keine Probleme des Marktzugangs für Kleinanleger. Denn jeder hat heute binnen Minuten per Trading-App oder auf Websites schnellen Zugang zu Finanzprodukten, bei denen Barrieren allenfalls aus Bürokratie resultieren.“
BDV-Vorsitzender stärkt Maklern den Rücken
Insgesamt würde die EU-Kleinanlegerstrategie die maßgebliche Rolle der Vermittler verkennen, wenn es um die Beteiligung von Kleinanlegern am Finanzmarkt geht, so der BDV. Die Vermittler seien es, die die Kunden aus ihrer Passivität holen. Dazu Dr. Lach: „Es sind die Berater und Vermittler, die Bedarf wecken, Möglichkeiten aufzeigen und als kompetente ‚Dolmetscher‘ dem Kunden den Weg durch den ‚bürokratischen Dschungel‘ zum Abschluss eines Finanzproduktes ebnen.“ Der Kommissionsvorschlag würde eine an der Praxis vorbeigehende Haltung offenbaren, so der BDV. Insbesondere dadurch, dass
- der Berufsstandf der Vermittler immer weiter diskreditiert wird, indem systemische Interessenskonflikte unterstellt werden;
- die Einkommen durch partielle Provisionsverbote immer weiter eingeschränkt werden;
- der Wert einer Beratung nicht erkannt wird, indem nur auf Kosten und Rendite abgestellt wird und
- Berater zum Beispiel mit dem Best-Interest-Test gezwungen werden könnten, Produkte ohne einkalkulierte Beratungskosten anzubieten.
BDV-Vorsitzender stärkt Maklern den Rücken
Insbesondere mit Blick auf die praktische Umsetzung sieht der BDV die partiellen Provisionsverbote der Kleinanlegerstrategie (unabhängige Beratung und beratungsfreier Kauf) problematisch. „Wenn ein Makler, der sich als Sachwalter des Kunden versteht, zukünftig im Beratungsgespräch darauf hinweisen muss, dass er wegen der Courtage nicht unabhängig ist, werden die Kunden diesen Widerspruch nicht verstehen und der Makler befindet sich in einer unmöglichen Situation. Außerdem profitiert der Kunde auch beim Makler von der Courtage, indem er nicht selbst ein Honorar vorfinanzieren muss. Und kauft ein Verbraucher ein Produkt ohne Beratung im Internet und wendet sich später bei Fragen an seinen Berater, ist es abwegig, dass dieser dann hierfür keine Vergütung erhalten darf“, kommentiert der BDV-Vorsitzende.
Dass Vermittler, die bislang auf Provisionsbasis gearbeitet haben, nun einen Statuswechsel in Richtung Honorarberater vollziehen, hält der BDV für „abwegig“. Gerade bei Kleinanlegern seien kostendeckende Honorare nicht durchsetzbar. Stattdessen könnte der angestellte Außendienst eine Renaissance erleben, so Dr. Helge Lach: „Ein Versicherer, der sich über Jahrzehnte eine eigene Ausschließlichkeit aufgebaut hat, wird doch nicht tatenlos zusehen, wie sich alle seine Vermittler in die Honorarberatung verabschieden. Die Versicherer würden dann nicht nur ihre Vertriebe, sondern ihre wichtigsten Servicestellen verlieren. Viel realistischer ist es, dass dann der angestellte Außendienst eine Renaissance erlebt. Der Hinweis sei erlaubt, dass dies für den Kunden im Zweifel die deutlich teurere Alternative wäre und das Potential für Interessenskonflikte eher zu- als abnehmen würde“, resümiert Dr. Lach.