Viele Deutsche schätzen die Höhe der Provision für eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 30 Jahren zu niedrig ein: Teilweise wird eine Provision von weniger als 500 Euro angenommen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Aber auch der Beratungsaufwand für einen solchen Vertrag wird deutlich unterschätzt. Nettopolicen sind neun von zehn Deutschen kein Begriff.
Viele Deutsche unterschätzen die Höhe der Provision bei einem Lebensversicherungsvertrag. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Marktforschungsinstitut INNOFACT im Auftrag der myLife Lebensversicherung durchgeführt hat. Demnach gehen 44,2 Prozent der Befragten davon aus, dass die Provision für einen beispielhaften Vertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Beitragssumme von 36.000 Euro weniger als 500 Euro beträgt. Allein die Abschlussprovision liegt üblicherweise bei drei bis fünf Prozent der Beitragssumme, abhängig vom Produkt und dem jeweiligen Anbieter. Die Vergütung für die Bestandspflege ist hierbei noch nicht eingerechnet.
Beratungsaufwand auf nur dreieinhalb Stunden geschätzt
Gleichzeitig unterschätzen die Bürgerinnen und Bürger aber auch den Aufwand, der mit der Beratung zu einem solchen Vertrag verbunden ist. Der Zeitaufwand, den ein Vermittler oder Finanzberater für eine umfassende Altersvorsorgeberatung benötigt, wird im Durchschnitt auf dreieinhalb Stunden geschätzt. Dabei wurden die Befragten darauf hingewiesen, dass die Beratung auch Beratungsgespräche sowie Vor- und Nachbereitungszeit erfordert. Für die Studie wurden im Sommer 2023 1.000 Personen in Deutschland (18-65 Jahre) bevölkerungsrepräsentativ befragt.
Hier sei daran erinnert: Im Rahmen der Beratung zu LV-Produkten müssen stets die Wünsche, Bedürfnisse (insbesondere Anlageziele und die Fähigkeit, Verluste zu tragen) sowie die Kenntnisse und Erfahrung der Kundinnen und Kunden abgefragt werden, um ein geeignetes Produkt empfehlen zu können. Dazu gehören beispielsweise auch Fragen nach der Lebenssituation, den Zielen etc. Zudem müssen die Beraterinnen und Berater mit den Produkten vertraut sein. Der Zeitaufwand dürfte also deutlich höher liegen: wenn gut und umfassend beraten wird.
Bereitschaft zur Honorarberatung: Ja, aber…
In der Studie wurde darüber hinaus gefragt, wie hoch die Bereitschaft der Deutschen ist, für die Vermittlung von Lebensversicherungs-Verträgen ein Honorar zu zahlen. myLife selbst bietet ausschließlich Nettotarife an: Verträge also, bei denen die Berater keine Provision oder Courtage vom jeweiligen Versicherer erhalten, sondern sich die Beratung direkt vom Kunden vergüten lassen. Hierfür wird ein separater Vertrag zwischen Berater und Kunde ausgehandelt: in der Regel nach Stundensätzen oder auf Basis einer pauschalen Vergütung.
Nach einer kurzen Erläuterung gaben jedoch 91,1 Prozent der Befragten an, dass sie vor der Umfrage noch nichts mit dem Begriff Nettoversicherungen anfangen konnten. 94,1 Prozent wissen nicht, ob sie eine Nettoversicherung bei ihrem Finanzberater abschließen können. Parallel dazu gaben 73,4 Prozent der Befragten an, dass eine Nettoversicherung für sie interessant sei.
Ein weiteres Ergebnis dürfte jedoch die Freude der Honorarberatungs-Befürworter trüben. So wurden die Teilnehmer auch gefragt, welche Bereitschaft für eine Honorarzahlung bei dem genannten Musterfall und einem wirtschaftlichen Vorteil bei der Ablaufleistung von mehr als 10.000 Euro zu Gunsten des Nettoprodukts besteht. Im Durschnitt waren die Teilnehmer bereit, ein Honorar von 633 Euro zu zahlen. Auch das dürfte deutlich zu niedrig sein, wenn man den Beratungsaufwand für ein solches Produkt berücksichtigt.
“Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass viele Kunden die Höhe der tatsächlichen Vertriebskosten und damit den Wert der Beratungs- und Vertriebsleistung im Bereich der Lebensversicherung wenig einschätzen können“, schreibt myLife in einer Pressemeldung. Und weiter: „Die Existenz provisionsfreier Versicherungen und der damit einhergehenden Honorarberatungsmöglichkeit ist nur wenigen Endverbrauchern bekannt. Es bedarf hier weiterer Aufklärungsarbeit und höchstmöglicher Transparenz im Rahmen der Altersvorsorgeberatung“.
In den letzten Jahren ist ein zum Teil erbitterter Streit zwischen Gegnern und Befürwortern der Provisionsberatung entbrannt. Während der Verbraucherschutz Honorare bevorzugt, weil er Fehlanreize sieht, dass Vermittlerinnen und Vermittler bevorzugt Produkte mit hohen Provisionen vermitteln (auch wenn diese unpassend sind), weisen Kritiker auch auf die Nachteile der Honorarberatung hin. Weil es sich um zwei separate Verträge handelt, müssen die Kundinnen und Kunden das Honorar auch dann weiter zahlen, wenn sie schlecht beraten wurden und einen unpassenden Vertrag vermittelt bekamen - und die Lebensversicherung vorzeitig wieder abstoßen. Viele Versicherungsmakler bieten mittlerweile sowohl Beratung gegen Provision als auch gegen Honorar an.