Die weltweiten privaten Vermögen sind im Jahr 2022 um 6,6 Billionen Euro geschrumpft. Das geht aus dem aktuellen Allianz Global Wealth Report hervor. Wertverluste von Geldanlagen und eine weltweite Rekordinflation waren Hauptursache hierfür. Deutschland kann sich bei den privaten Netto-Geldvermögen pro Kopf nur auf Rang 19 platzieren: hinter Staaten wie Italien, Irland und Österreich.
Statistiken zum Thema Geldvermögen, die Durchschnittswerte abbilden, sind immer mit Vorsicht zu genießen: Wenn der eine 100 Millionen Euro Nettovermögen hat und der andere gar nichts, dann besitzt auch der Habenichts rein statistisch 50 Millionen Euro. Die Ungleichverteilung von Vermögen bilden sie folglich oft nur unzureichend ab. Das gilt auch für den aktuellen Global Wealth Report der Allianz, der Aufschluss darüber geben will, wie sich der weltweite Wohlstand im letzten Jahr entwickelt hat. Wobei auch die Ökonomen des Münchener Branchenprimus durchaus beachtliche Zahlen zur Ungleichverteilung präsentieren.
2022 war „für Sparer ein Jahr des Schreckens“
Der neue Global Wealth Report 2023 der Allianz blickt darauf, wie sich die weltweiten Geldvermögen im abgelaufenen Jahr entwickelt haben - und welche Perspektiven sich in diesem Jahr bieten. Die Einschätzung für das Jahr 2022 ist dabei erschreckend. Die Volkswirte sprechen von einem „annus horribilis“ für Sparer - ein Jahr des Schreckens. In Summe seien Finanzanlagen im Wert von 6,6 Billionen Euro verloren gegangen, ein Rückgang um 2,7 Prozent. Dies sei der schlimmste Einbruch seit der Finanzkrise 2008.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. So seien einige Anlageklassen 2022 von starken Wertverlusten gekennzeichnet gewesen: Wertpapiere brachen um 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr um -7,3 Prozent ein und Versicherungen und Renten um -4,6 Prozent. Zeitgleich legten Bankeinlagen um satte 6,0 Prozent zu: auch aufgrund der gestiegenen Zinsen an den Kapitalmärkten. Und nicht zuletzt führte die sehr hohe Inflation zu Vermögensverlusten: Mit Geldanlagen sei sie praktisch kaum zu schlagen gewesen. In die Analyse der Allianz fließen Daten aus 57 Staaten ein.
In diesen 57 Staaten summierte sich das private Brutto-Geldvermögen zum Jahresende 2022 auf 233 Billionen Euro, so berichtet die Allianz. Zieht man hier die Schulden privater Haushalte ab, so ergibt sich ein Nettogeldvermögen von 177 Billionen Euro. Zunächst abstrakte und wenig greifbare Zahlen. Doch mit Blick auf die Ungleichverteilung nennt die Allianz eine weitere Zahl, die ein wenig transparenter macht, dass nicht alle gleichsam am Wohlstand partizipieren. 85 Prozent des weltweiten Nettovermögens würde sich demnach in den Händen der reichsten zehn Prozent der Menschen konzentrieren: Diese besitzen im Schnitt rund 270.000 Euro an Geldanlagen.
24 Prozent weniger frische Spareinlagen
Nach dem Ende der Corona-Pandemie haben die Menschen wieder mehr begonnen, Geld auszugeben, dass sie in den zwei Jahren zuvor aufgrund pandemiebedingter Sparzwänge noch zurückgehalten haben, berichtet die Allianz. So ging die Ersparnisbildung gingen 2022 um -24 Prozent zurück, lag mit 3,8 Milliarden Euro aber über dem Niveau von 2019 (3,6 Mrd.). Einen möglichen Grund für diese Entwicklung nennt die Allianz nicht: auch die hohe Inflation kann dazu beigetragen haben, dass die Menschen weniger sparen konnten oder sogar Gelder von den Finanzinstituten abzogen. Die Bankeinlagen gingen um satte -79 Prozent zurück, vor allem weil amerikanische Sparer Gelder abzogen. In anderen Regionen wurden zwar keine Bankeinlagen aufgelöst, aber die Neuzuteilungen brachen ein, zum Beispiel um -26 Prozent in Westeuropa und um -35 Prozent in Japan.
Im Gegensatz dazu wurden weltweit doppelt so viele Wertpapiere gekauft wie im Jahr 2021. Erneut waren die US-Haushalte die treibende Kraft: Die Wertpapierkäufe verdreifachten sich in den USA. In Westeuropa blieben die Wertpapierkäufe trotz eines Rückgangs auf einem extrem hohen Niveau von über 200 Milliarden Euro. Die Zuflüsse in Versicherungen/Pensionen stiegen 2022 um 17 Prozent, und auch hier waren es vor allem US-Sparer, die die Möglichkeit erhöhter Ersparnisse nutzten, um ihre Altersvorsorge aufzustocken.
Mit Blick auf die aktuelle Aktienrente-Debatte zeigt sich: Langfristig zahlt sich ein kapitalmarktnahes Sparverhalten aus. Es gibt zwei Quellen für das Wachstum des Geldvermögens: Sparanstrengungen und Preissteigerungen bzw. Wertsteigerungen. Stark vereinfacht kann man also Geld zurücklegen - oder dieses investieren, um von Renditen und Wertzuwächsen zu profitieren. In den letzten 20 Jahren trugen die Wertsteigerungen in Nordamerika durchschnittlich 62 Prozent zum jährlichen Wachstum bei, in Westeuropa sind es 37 Prozent, und in Deutschland wurde das Wachstum langfristig ausschließlich durch frisches Sparen getragen. „Dieser signifikante Unterschied trägt sicherlich dazu bei, dass das langfristige Wachstum des Geldvermögens auf der anderen Seite des großen Teiches um etwa 50 Prozent höher ist“, heißt es im Allianz-Report.
Netto-Geldvermögen: Deutschland nur auf Rang 19
In Deutschland sank das Brutto-Geldvermögen laut den Berechnungen 2022 um 4,9 Prozent auf 7.454 Milliarden Euro. Dazu trugen vor allem Verluste bei Versicherungen und Wertpapieren bei. Im laufenden Jahr könnte das private Geldvermögen aber wieder um drei Prozent wachsen, prognostizieren die Volkswirtschaftler der Allianz.
Bei den Netto-Geldvermögen pro Kopf liegen die USA mit umgerechnet 253.450 Euro uneinholbar an der Spitze, gefolgt von der Schweiz (238.780 Euro) und Dänemark (163.830 Euro). Zu Deutschland klafft da schon eine gewaltige Lücke: Die Bundesrepublik platziert sich nur auf Rang 19 mit 63.540 Euro pro Kopf.
Regionale Unterschiede: Die Welt legt ihr Vermögen unterschiedlich an
Die Studie zeigt auch, dass die Präferenzen, wie die Bürgerinnen und Bürger ihr Vermögen mehren und bewahren wollen, weltweit sehr unterschiedlich sind. Betrachtet man das weltweite Geldvermögen, so waren Aktien bzw. Wertpapiere der klare Gewinner: Ihr Anteil am globalen Portfolio stieg um fast sechs Prozentpunkte auf 41 Prozent des gesamten Geldvermögens. Versicherungen/Renten verloren dagegen fast sechs Prozentpunkte auf 27 Prozent, während sich die Bankeinlagen behaupten konnten (+1 Prozentpunkt auf 30 Prozent).
Auffällig sind jedoch die Unterschiede zwischen den Regionen. So spielen Versicherungen und private Renten in Osteuropa kaum eine Rolle, während sie in Westeuropa (und auch in Australien) die dominierende Anlageklasse darstellen: Hier sei daran erinnert, dass die Deutschen rund 82,7 Millionen Lebensversicherungs-Verträge halten. Ähnliches gilt für Bankeinlagen: Während sie in Amerika nur eine geringe Rolle spielen, sind sie in Osteuropa und Asien das beliebteste Sparinstrument - mit Ausnahme von China, wo sogenannte Wealth-Management-Produkte in der Vergangenheit sehr beliebt waren. Die Amerikaner setzen dagegen vor allem auf Wertpapiere, insbesondere Aktien und Investmentfonds (siehe Grafik).
Hintergrund: Die Vermögensstudie enthält Daten zum Geldvermögen und zur Verschuldung der privaten Haushalte in 57 Ländern. Diese Länder repräsentieren den Angaben zufolge 91 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und 72 Prozent der Weltbevölkerung. Berücksichtigt werden Bargeld, Bankeinlagen, Wertpapiere sowie Ansprüche gegenüber Versicherungen und Pensionskassen, nicht aber Immobilien. Die Studie
wurde auf allianz.com veröffentlicht.