Die Allianz Gruppe wird mit Claire-Marie Coste-Lepoutre eine weitere Frau in ihren Vorstand berufen. Mit dieser Personalentscheidung übernimmt Deutschlands größter Versicherer eine Vorreiterrolle im deutschen Leitindex DAX einnehmen: Kein anderes Unternehmen kann eine Frauenquote von dann 44 Prozent im Vorstand vorzeigen.
Die Allianz wird weiblicher: So lässt sich die jüngste Personalentscheidung bei Deutschlands größtem Versicherer überschreiben. Wie am Montag bekannt wurde, verlässt der bisherige Finanzvorstand Giulio Terzariol den Konzern und kehrt in sein Heimatland Italien zurück, um dort eine Führungsposition bei der Generali zu übernehmen. Als Nachfolgerin ist die Französin Claire-Marie Coste-Lepoutre vorgesehen. Die 48-Jährige arbeitet seit 2011 bei der Allianz, war zuletzt Chefaktuarin und in den drei Jahren zuvor unter anderem Finanzchefin der Industrieversicherungstochter AGCS.
Mit ihrer jüngsten Personalentscheidung wird die Allianz auch bei der Frauenquote eine Vorreiterrolle einnehmen. Darauf macht das „Handelsblatt“ am Montag aufmerksam. Derzeit besteht der Vorstand der Allianz-Gruppe aus neun Personen, einschließlich Konzernchef Oliver Bäte. Mit Coste-Lepoutre werden dem Gremium künftig vier Frauen angehören. Das bedeutet einen Frauenanteil von 44 Prozent. Kein anderer DAX-Konzern hat derzeit so viele Frauen an der Konzernspitze, auch wenn mit Oliver Bäte weiterhin ein Mann das letzte Wort hat.
Derzeit sitzen drei Frauen im Vorstand der Münchener: Barbara Karuth-Zelle, die als COO unter anderem die Strategie des Konzerns mitverantwortet, Personal-Vorständin Renate Wagner, die auch für den Asien-Pazifik-Raum zuständig ist, sowie Sirma Boshnakova, verantwortlich für West- und Südeuropa, die Allianz Direct sowie die Partnerprogramme der Allianz. Die drei Frauen wurden innerhalb der letzten drei Jahre in den Vorstand berufen.
DAX-Konzerne: Nicht einmal jedes vierte Vorstandsmitglied ist weiblich
Im Schnitt aller DAX-Konzerne ist nicht einmal jedes vierte Vorstandsmitglied (23 Prozent) weiblich, wie eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY vom Juni 2023 zeigt. Bei Finanz- und Versicherungskonzernen liegt der Anteil der weiblichen Vorstände sogar nur bei 20 Prozent. Kein DAX-Unternehmen kann derzeit eine so hohe Frauenquote vorweisen wie die Allianz, wenn Coste-Lepoutre in den Vorstand aufrücken sollte.
Aber auch bei den Konzernen setzt ein Umdenken ein. Im DAX sind aktuell 40 Unternehmen gelistet: rechnet man auch die gelisteten Unternehmen im MDAX und SDAX ein, so summiert sich die Zahl auf 160 Gesellschaften. Im Verlauf des ersten Halbjahres gab es bei den 160 analysierten Unternehmen insgesamt 55 Neubestellungen von Vorständen – 23 der neuen Vorstandsmitglieder waren weiblich, dies entspricht einem Anteil von 42 Prozent.
Nur 16 Prozent Vorständinnen bei Deutschlands 60 größten Versicherern
Eine weitere Auswertung des DIW Berlin zeigt, dass gerade die Versicherer bei der Zahl der weiblichen Vorstände gegenüber anderen Branchen hinterherhinken. Bei den 60 größten Versicherungsunternehmen in Deutschland lag der Frauenanteil in den Vorständen im Spätherbst 2022 bei nur 16 Prozent. Auf den Chefsesseln ist der Anteil noch geringer: Nur fünf Prozent der Vorstandsvorsitzenden waren Frauen. Und das, obwohl nach Angaben des Arbeitgeberverbands der Versicherer (AGV) mehr als 50 Prozent der Innendienstmitarbeiter weiblich sind. Anders als im Vertrieb sind die deutschen Versicherer also durchaus beliebte Arbeitgeber für Frauen.
"Es gibt im Jahr 2023 keinen Grund mehr, bei Führungsaufgaben die Hälfte der Belegschaft nicht im Blick zu haben", kommentiert Ev Bangemann, Managing Partner Markets bei EY Deutschland, die Situation in deutschen Vorstandsetagen. Fähige Frauen, die führen können, gäbe es genug. "Unternehmen sind gut beraten, Managerinnen zu fördern und ihnen die Chance auf Top-Managementpositionen zu geben. Wer ambitionierten Managerinnen keine attraktiven Karriereangebote machen kann oder will, droht eben jene Mitarbeiterinnen zu verlieren. Bei dem aktuellen Mangel an Fachkräften kann sich dies kein Unternehmen erlauben", sagt Bangemann.