Wohn- und Gewerbeimmobilien waren Renditegaranten im Portfolio vieler Versicherer. Doch steigende Zinsen und Krise am Bau dämpfen das Geschäft. Warum Versicherer dennoch auf Immobilien setzen sollten, erklärt Florian Bauer (Bauer Immobilien) im Gastbeitrag.
Auf den ersten Blick scheint alles rosig zu sein. Die Immobilienquote der Assekuranz ist auch im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Im Detail liegt die Immobilienquote in den Portfolien deutscher Versicherer demnach bei 13 Prozent. 0,9 Prozent höher als im vorherigen Jahr und noch weit entfernt von der Marke an maximal 25 Prozent, die Versicherungen gemessen am Gesamtanteil aller Anlagegelder in Betongold investieren dürfen.
Laut der Untersuchung hält die steigende Quote bereits seit 14 Jahren an. Dafür befragte die Beratungsgesellschaft EY Real Estate im Sommer 2023 32 repräsentative Versicherungsunternehmen.
Doch beim zweiten Blick verdunkeln dicke Wolken den Branchenhimmel. Derzeit wollen nur noch 14 Prozent der befragten Versicherer ihre Immobilienquote weiter erhöhen (2022: 50 Prozent). Mit 68 Prozent will die klare Mehrheit der Versicherungen ihre Immobilienquote nun stabil halten, während 26 Prozent ihre Immobilieninvestments sogar reduzieren möchten, so die Zahlen.
Baubranche funktioniert noch – aber anders als in der Vergangenheit
Damit ist klar: Auch die hiesige Versicherungsbranche spürt die momentanen Stressoren des Immobiliensegments. Spätestens seit Frühjahr 2022 – dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – ist am Bau nichts mehr wie in den vielen Boomjahren zuvor. Die Zinsen sind gestiegen, die Baustoffpreise vor allem wegen der massiv gestiegenen Energiekosten überdurchschnittlich geklettert. Allen voran entwickelten sich Stahl, Bitumen, Bauholz und Kupfer in den letzten Monaten zu einer zeitweiligen Mangelware. Insbesondere für das Bauen von Häusern verteuerten sich essenzielle Materialien.
In der Folge sinkt die Zahl der neuen Genehmigungen kontinuierlich. Hinzu kommen erste Pleiten von Projektentwicklern. Prominentes Beispiel ist das vor einigen Wochen verkündete Aus des Platzhirschens Gerch aus der Projektentwicklung mit ca. 4 Mrd. EUR Gesamtvolumen gewesen. Auch Wohnimmobilien verlieren betriebswirtschaftlich aufgrund dieser Marktverhältnisse an Attraktivität – eigentlich an Absurdität nicht zu überbieten angesichts der vor allem in Großstädten grassierenden Wohnungsnot.
Zwischen Vorsicht und Panik gibt es meilenweite Unterschiede
Wenn jetzt auch erste sehr treue institutionelle Investoren – und dazu gehören Versicherer in vorderster Linie – dem Markt den Rücken kehren, ist Vorsicht geboten. Aber zwischen Vorsicht und Panik gibt es meilenweite Unterschiede. Es ist gut und richtig, dass die Versicherer jetzt selektiver bei ihren Investments in Gewerbe- und Wohnimmobilien vorgehen.
Aber es steht zugleich außer Frage, dass Immobilien mit gutem Objektzustand in einer guten Lage, ein zentrales Asset für die Versicherer bleiben werden. Dafür spricht vor allem ein Blick auf die objektiven volkswirtschaftlichen und demografischen Fakten und Entwicklungen. Das begrenzte Angebot an neuen Wohnungen trifft auf eine stark gestiegene Nachfrage. Treibende Faktoren sind dabei erstens die Zuwanderung aus globalen Krisengebieten.
Zweitens der Trend zu immer höheren Quadratmeterzahlen pro Kopf. Und drittens die Binnenwanderung, die sich vorrangig auf Metropolregionen und urbane Räume konzentriert. Vor allem in begehrten Regionen und Städten wie München, Berlin, Rhein-Main, Stuttgart, Hamburg, Köln, Münster, südlicher Oberrhein, Hannover und Düsseldorf wird die Nachfrage das Angebot auf Jahre bis Jahrzehnte übersteigen – und damit Investoren voraussichtlich stabile Renditen bescheren.
Baubranche verfügt über viel unausgeschöpftes Entwicklungspotenzial
Doch nicht nur die einfache Rechnung von steigenden Bevölkerungszahlen und stagnierendem Wohnraum spricht für Investments in Immobilien. Es gibt zudem kaum eine andere Branche, die über so viel unausgeschöpftes Entwicklungspotential verfügt wie die Bau- und Wohnungswirtschaft. Energetische Sanierungen, Digitalisierung und Konnektivität – hier gibt es enorm viel aufzuholen und damit Raum zur Wertsteigerung. Investitionsmöglichkeiten bleiben so enorm stark.
Von den aktuellen leichten Abkehrtrends sollte sich daher niemand dauerhaft irritieren lassen. Versicherungen sollten den langfristigen Anlagehorizont mit Blick auf Immobilien weiterhin pflegen und ausbauen.
Über den Autoren:
Der gelernte Bankkaufmann und studierte Immobilienökonom aus Köln, Florian Bauer, ist seit 2008 in der Finanzbranche aktiv. 2018 gründete er die Bauer Immobilien GmbH. Operativ agiert das Unternehmen bundesweit und richtet sich vor allem an private Kapitalanleger. Ziel der Kölner ist es, ihre Kunden beim Kauf von Immobilien in allen Belangen zu unterstützen und zu beraten.