Welche Punkte wären auf Ihrem „Wunschzettel“, um die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu stärken?
Lara Zacher: Das Produkt der betrieblichen Altersversorgung ist besonders für jene sinnvoll, welche eine hohe Steuerlast haben. Denn die Steuer- und Sozialversicherungsersparnis wirkt sich prozentual vor allem bei gutverdienenden Mitarbeitenden stark aus. Um den Zugang zu den Vorteilen der bAV aus diesem Grund auch für einkommensschwächerer bzw. geringfügig Beschäftigte attraktiver zu gestalten, wäre eine Alternative beispielsweise eine Bezuschussung zu den Eigenbeiträgen.
Ein weiteres ‚Hindernis‘ der bAV oder auch der Rentenversicherungen im Allgemeinen ist die zu versteuernde spätere Rente. Sofern sich hier eine Vereinfachung oder Reduzierung der Steuerabgaben finden ließe, würde sich die Ausgangssituation erheblich verbessern.
Von Unternehmen hört man immer wieder von zu hohen Verwaltungshürden, die zu viel Arbeitskraft binden würden. Wie kann man derartige Hürden beseitigen und die betriebliche Versorgung für KMU attraktiv machen?
Der Aufwand durch die Betreuung und Verwaltung solcher Versicherungsverträge kann in erster Linie durch die Zusammenarbeit mit einem Versicherungsmakler reduziert werden. Dies vereinfacht und beschleunigt die Prozesse durch effiziente und qualifizierte Bearbeitung enorm. Des Weiteren sorgt die Digitalisierung durch digitale Verwaltungstools und – beispielsweise – einen App-Zugang für einen deutlich geringeren Verwaltungsaufwand.
Beteiligt sich die Firma, können Betriebsrenten ein wirksames Instrument sein, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Sollten Vermittler in ihrer Beratung von KMU das Thema Fachkräfte-Gewinnung stärker betonen?
Auf jeden Fall – die betriebliche Altersversorgung ist ein attraktiver Benefit, von dem die Mitarbeitenden im besten Fall lebenslänglich profitieren. Da die bAV bei dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers nicht verpflichtend übernommen werden muss, hebt sich der Arbeitgeber allein schon durch die Option der bAV und die Bezuschussung deutlich hervor. Wird die bAV regelmäßig erhöht, beispielsweise mit einer steigenden prozentualen Arbeitgeberleistung pro Beschäftigungsjahr, wachsen die Rentenleistungen immer mehr. Dann kann sich die bAV allmählich als eines der elementaren Vorsorgeprodukte auszeichnen. Letztlich bietet der Arbeitgeber die bAV ganz überwiegend im Interesse der Mitarbeitenden an. Zwar sinkt im gleichen Zug auch die Steuerlast der Unternehmen, in erster Linie werden allerdings die Arbeitnehmer in deren privater Altersvorsorge unterstützt.
Welche Rolle könnte eine verpflichtende betriebliche Altersversorgung spielen?
Mit der Verpflichtung einer betrieblichen Altersversorgung würde sich ein Gegenspieler zur gesetzlichen Rentenversicherung ergeben. Zwar würde dies in erster Linie zur Schließung der Rentenlücke beitragen, hätte aber auch überwiegend negative Auswirkungen auf die Arbeitnehmer. So ist es beispielsweise für geringfügig Beschäftigte unter Umständen weniger sinnvoll, eine bAV zu besparen. Es ergeben sich auf anderem Wege gegebenenfalls vorteilhaftere Lösungen. Durch eine verpflichtende Regelung würden die Arbeitnehmer allerdings auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten müssen, was in diesem Zusammenhang eine zunehmend negative Stimmung auf die bAV lenken würde.
Wie können Vermittler Firmen und Beschäftigte ansprechen, um für die bAV zu werben – gerade in Zeiten, in denen viele Menschen existentielle Sorgen haben?
Den Arbeitgebern ist es mit das wichtigste Anliegen, Benefits für die Mitarbeitenden anzubieten, um ein angenehmes und wertschätzendes Klima zu schaffen. Dabei werden häufig Leistungen wie Tankkarten, Zuschüsse für ein Fitnessstudio etc. angeboten. Der größte Bedarf eines jeden Angestellten ist allerdings die finanzielle Sorgenfreiheit im späteren Rentenalter – denn dafür sind sie im ersten Sinne berufstätig. Um den Arbeitnehmern daher einen essenziellen Mehrwert zu bieten, zeichnet sich die betriebliche Altersversorgung als überaus attraktiv aus.
Bei einem Beratungsgespräch durch einen qualifizierten Versicherungsvermittler lässt sich gemeinsam mit den Mitarbeitenden zügig das Problem bzw. die Lücke der gesetzlichen Rentenversicherung herausarbeiten. Simple Proberechnungen zeigen die Notwendigkeit der privaten Vorsorge auf. Da aus diesem Grund in den überwiegenden Fällen akuter Bedarf zur Schließung der Versorgungslücke besteht, gilt es, den Arbeitnehmern die für sie passende Lösung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung herauszuarbeiten.
Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2023. Das Magazin kann auf der Webseite beim Versicherungsbote bestellt werden.