Beim Strukturvertrieb fing alles an: Schon während des Studiums lernte Stefan Gierschke deren Arbeitsweise kennen. Jahre später gründete der Vertriebsexperte mit Geschäftspartnern die Königswege GmbH – und damit einen eigenen Strukturvertrieb. Im Versicherungsbote-Interview erklärt der Königswege-Geschäftsführer, was er über Reformvorschläge der Fokusgruppe Altersvorsorge denkt und wo er noch "Wachstumsschmerzen" spürt.
Versicherungsbote: Wer Königswege noch nicht kennt: In einem Satz, was macht Ihr anders als andere Vertriebe?
Stefan Gierschke: „Nie 08/15 – immer Königswege“. Wir stehen dafür, den Status Quo zu hinterfragen und neue Wege zu gehen.
Einer dieser neuen Wege ist das Angebot an Vermittler, ihre Kunden mitnehmen, wenn sie Euch verlassen. Wie wurde diese Besonderheit im Markt aufgenommen?
Im Markt kam fast ausnahmslos positives Feedback. „Endlich traut sich mal jemand“ war der Tenor. Ich habe gemerkt, dass wir mit einem Tabuthema gebrochen haben. Ich bin der Meinung, dass es ein notwendiger Schritt ist zu mehr offenem und ehrlichem Zusammenarbeiten. Das braucht unserer Branche. In diesem Fall wird den Strukturvertrieben oft nachgesagt, dass sie mit Angst und Druck die Leute halten oder sie mit langen Kündigungsphasen und Drohungen reagieren, falls man auch nur einen Kunden kontaktiert. Das ist nicht zeitgemäß. Das haben wir erkannt und verändert. Es war ein langer Weg – und wir sind stolz auf das Ergebnis. Es gab im letzten halben Jahr einige Anfragen von Kollegen aus der Branche, die mich zu diesen Punkten interviewt haben. Man merkt, dass es die Vertriebe bewegt.
Und wurde das schon genutzt?
Ja, na klar. Fluktuation macht auch vor uns nicht Halt. Mir ist auch bewusst, dass man mit der Maßnahme nicht alle halten kann. Ich behaupte aber, dass so ein Ausscheiden aus unserem Vertrieb deutlich entspannter abläuft als anderswo. Wenn man offen und ehrlich miteinander redet, dann muss sich keiner verstecken.
Wieviel Strukturvertrieb steckt denn in Königswege?
Mit Stolz würde ich sagen: 100 Prozent. Oft höre ich, wir wären ja gar kein echter Strukturvertrieb. Das ist positiv gemeint, weil wir anders sind. Im Herzen sind wir dennoch ein klassischer Strukturvertrieb. Wir haben ihn nur weitergedacht.
Wir haben viele Punkte identifiziert, die man anders lösen kann – und sind diese angegangen. Deutlich höhere Transparenz, die Kundenmitnahme, das Zulassen einer juristischen Person, der eigene Markenauftritt und vieles mehr. Das sind einige „neue“ Dinge, die der klassische Strukturvertrieb so noch nicht hatte. Für mich haben wir uns von den grundsätzlichen Punkten des Strukturvertriebes aber nicht entfernt. Eine gute Ausbildung, ein Mentorenprogramm, Leistungsvergütungen, Nebenberuflerprogramme, Teamaufbau etc. Das ist alles erhalten geblieben und wurde von uns mit vielen neuen und frischen Punkten ergänzt.
Ihr seid der wohl am stärksten wachsende Allfinanzvertrieb. Wohin geht Eure Reise?
Bis ganz nach oben. Da wird der eine oder andere immer noch schmunzeln. Und ja, es ist ein krasses Ziel. Dennoch glaube ich daran, dass unsere Story immer noch ganz am Anfang steht. Unsere Wachstumszahlen sprechen für sich. Auch in einem sehr schwierigen Umfeld 2022 hat unser Vertrieb gezeigt, wozu er fähig ist. Eine Steigerung um 25 Prozent hat keiner der Strukturvertriebe im Ansatz geschafft. Schaffen wir es, den Weg weiter zu gehen, dann wird unser Weg unweigerlich nach ganz oben gehen. Am Ende liegt es an uns selbst. Das Potential ist da. Wir müssen es umsetzen. Mich spornt es an, nicht die Ergebnisse der letzten Jahre als gegeben anzusehen und diese jedes Jahr aufs Neue zu bestätigen oder gar zu verbessern.
Und gibt es so etwas wie „Wachstumsschmerzen“?
Infrastruktur aufzubauen, ist nicht immer ganz einfach. Da muss immer mal probiert werden. Und nicht jeder eingeschlagene Weg führt uns zum anvisierten Ziel.
„Um ehrlich zu sein, habe ich mit der Fokusgruppe so meine Schwierigkeiten“
Im Königsmacher-Podcast sagten Sie, Sie würden versuchen, der Branche immer mindestens einen Schritt voraus zu sein. Wo verläuft der Königsweg, wenn Altersvorsorge-Beratung nur kostenlos für Verbraucher und von unabhängiger Stelle angeboten werden darf, wie es die Fokusgruppe Altersvorsorge empfiehlt?
Ein sehr kontroverses Thema. Um ehrlich zu sein, habe ich mit der Fokusgruppe so meine Schwierigkeiten. Ich halte es für absolut notwendig, sich zusammenzusetzen und über die Themen der Zukunft zu sprechen. Ich finde es immens wichtig, dass man sich Gedanken macht, wie es mit Riester weitergehen kann. Was mich irritiert, ist die Zusammensetzung dieses Gremiums. Damit möchte ich niemandem zu Nahe treten. Aber mir fehlt die Praxis in dieser Runde. Ich lese viel Theorie und wenig Eindrücke aus der Praxis. Ich war ja leider nicht dabei, habe das Papier aber gelesen.
Bei mir kommt an, dass die Provisionsberatung als Sündenbock in die Ecke gestellt und mit dem Finger auf sie gezeigt wird. Da wird es sich deutlich zu einfach gemacht. Ich biete mich jederzeit als Gesprächspartner für die Politik an. Sicher muss sich was verändern. Aber pauschal aus der Theorie heraus zu urteilen, kann nicht der Ansatz sein. Und dass sich Teile des Gremiums für hohe Garantien aussprechen und sogar gegen einen öffentlich verwalteten Fonds sind, ist für mich die Krönung. Da wird ein guter Ansatz im Koalitionsvertrag zunichte gemacht.
Das Gremium sagt selbst, dass man die Komplexität der Beratung sieht und bezweifelt, dass es ohne Beratung geht. Ich bezweifle sehr stark, dass eine kostenlose Stelle geschaffen werden kann, die qualitativ hochwertige Empfehlungen geben kann. Gute Lösungsansätze konnte ich nicht erkennen.
Ich plädiere für einen offeneren Austausch, der alle Player berücksichtigt und nicht die Praxis ausschließt. Dann bin ich mit sicher, dass wir eine Lösung finden, in der der Kunde im Mittelpunkt stehen kann.
Wie hart würde es Euch treffen, wenn keine Courtagen bzw. Provisionen fließen dürften?
Wenn das Thema „Honorare“ ausgeklammert wird und diese damit immer noch zulässig sind, dann bin ich komplett entspannt. Wir bilden unsere Partner*innen sowohl in der Provisions- als auch der Honorarvermittlung aus. Damit sind wir für alles gewappnet. Wobei ich da nochmal ganz klar Stellung beziehen möchte. Ich halte nichts von einem solchen Pauschalverbot. Man muss sich über eine faire Regulierung Gedanken machen. Dabei ist ein pauschales Verbot keine gute Lösung. Da rutschen wir in der aktuellen Politik zu schnell in eine Verbotskultur. Das ist nicht gut.
Was genau verbirgt sich hinter dem Mentorenprogramm von Königswege? Und wie wird das angenommen?
Auch wenn unsere Partner*innen rechtlich selbstständig sind, lassen wir sie nicht allein. Es gibt jede Menge Support. Jeder hat mindestens einen kompetenten Ansprechpartner für alle Prozesse oder auch Probleme, die mal aufkommen – und kann damit von Führungskräften lernen, die die meisten Situationen schon durchgemacht haben und direkt aus der Praxis Hilfestellung geben können. Parallel zum individuellen Austausch haben wir mit der KW-University eine Onlineplattform aufgebaut, in der es zu allen wichtigen Themen on demand Inhalte gibt; jederzeit und von überall abrufbar. Dieses Programm wird von unseren Partner*innen sehr geschätzt und zeichnet uns auch aus.
Überspitzt könnte man sagen: FondsFinanz wirkt übermächtig und Blau direkt schart alle um sich, die FondsFinanz noch nicht gekauft hat. Wie beurteilen Sie die sehr dynamischen Bewegungen am Maklermarkt?
Gesunder Wettbewerb ist gut für die Branche. Bei Blau direkt bin ich deutlich näher dran, beobachte aber auch die Tätigkeiten der FondsFinanz. Viele Schachzüge auf beiden Seiten kann ich sehr gut nachvollziehen – sie machen Sinn, auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin. Wir werden das weiter beobachten und unsere Schlüsse ziehen.
Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2023. Das Magazin kann auf der Webseite beim Versicherungsbote bestellt werden.