Die Daten würden es den Versicherern auch ermöglichen, Tarife genauer zu kalkulieren und auch individueller zu gestalten. Bei den so genannten Pay-as-you-drive-Tarifen werden diese Möglichkeiten bereits genutzt: Sofern sich der Kunde oder die Kundin aktiv dafür entscheidet. Wer vorsichtig und vorausschauend fährt, erhält bei diesen Angeboten Rabatte: Dafür muss sich der Nutzer bereit erklären, Fahrzeugdaten permanent messen zu lassen.
Allianz-Vorstand Röhler sagt: "Wir können deutlich risikogerechtere Versicherungsangebote kalkulieren, die sowohl die Fahrweise von Fahrerinnen und Fahrern als auch die Ausstattung des Fahrzeugs mit Sicherheitssystemen, und ob diese ein- oder ausgeschaltet sind, berücksichtigen. Gleichzeitig können die Sensor- und Kameradaten für die ordnungsgemäße, korrekte und faire Untersuchung eines Unfalls und zur Haftungsklärung verwendet werden".
Die Allianz fordert einen regulierten Marktplatz und einen unabhängigen Datentreuhänder, der den sicheren Austausch von Fahrzeugdaten gewährleistet. Diese unabhängige Institution müsse sicherstellen, dass Berechtigte auf Daten zugreifen können. Hinter der Forderung nach einem Treuhänder steckt die Sorge, die Autohersteller könnten sich trotz EU Data Act das Datenmonopol sichern: und die Datenherausgabe stark einschränken oder ganz verweigern.
Potentielle Nachteile für Kundinnen und Kunden - Gefahren des vernetzten Fahrens
Während die Versicherer vor allem die Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher betonen, könnte die neue Datenautonomie durch den Data Act auch entgegen Verbraucherinteressen wirken: etwa derart, dass Fahrzeughalter Preisaufschläge akzeptieren müssen, wenn sie die Herausgabe von Daten verweigern. Zudem stellt sich die Frage, ob und wie die Daten von Unbefugten abgegriffen werden können, wenn die Transferwege nicht sicher sein sollten. Das kann beim vernetzten Fahren im schlimmsten Fall so weit gehen, dass Hacker Autos fremdsteuern können. Übernimmt ein Hacker die Kontrolle über ein fremdes Auto, kann er bewusst Unfälle herbeiführen, das Fahrzeug stehlen oder den Fahrer erpressen.
Die Allianz hatte im Jahr 2020 selbst vor den Gefahren von Hackerangriffen gewarnt. Und auf eine Stichprobe des israelischen Start-ups Upstream Security verwiesen, das im Jahr zuvor über 100 erfolgreiche Hacker-Angriffe auf Fahrzeuge zählen konnte.
Die Allianz fordert eine europäische Lösung für Cybergefahren, an der sich branchenübergreifend Industrie und Versicherungswirtschaft beteiligen sollen: ein sogenanntes Automotive Security Information Center. „Wir haben es mit einer Bedrohung zu tun, die weder an Unternehmens- noch an Landesgrenzen haltmacht, und wir sind der Überzeugung, dass ein solches Center Daten und Kompetenzen verschiedener Institutionen zusammenführen muss, unter anderem Regierungsbehörden, Fahrzeughersteller, Automobilzulieferer, Telekommunikationsbetreiber, Forschungseinrichtungen, Reparaturbetriebe und Versicherer“, sagte Röhler im September 2020.