Wer im Ausland einen Mietwagen leiht, muss mit Blick auf den Versicherungsschutz einiges beachten: Die Selbstbeteiligungen für Kaskoschäden sind zum Beispiel oft hoch; und wer selbst unverschuldet Unfallopfer wird, muss damit rechnen, dass nicht alle Kosten übernommen werden. Worauf zu achten ist, erklärt Leonardo Diurno, qualifizierter Sachbearbeiter Kooperationen bei der ACE-Wirtschaftsdienst GmbH.
Versicherungsbote: Wir möchten gern mit Ihnen über Mietwagen im Ausland reden. Die Absicherungsmöglichkeiten für Autos sind in Deutschland bekanntlich sehr hoch. In anderen Ländern sind die vorgeschriebenen Haftpflichtsummen dagegen niedriger. Welche Möglichkeiten, diese Differenz auszugleichen, haben deutsche Autofahrer im Urlaub?
Leonardo Diurno: Man sollte unbedingt einen Blick in seine eigenen Versicherungsunterlagen der KFZ-Versicherung werfen. Für genau diese Fälle gibt es die Mallorca-Police. Es handelt sich hier um eine zusätzliche Leistung der bekannten Kfz-Haftpflichtversicherung, die Schutz auf deutschem Niveau gewährleistet. Darüber sind Kosten abgedeckt, die eine Mietwagen-Haftpflichtversicherung im Reiseland möglicherweise nicht übernimmt. In vielen Fällen ist diese Klausel schon Bestandteil der KFZ-Haftpflichtversicherung.
Zahlen deutsche Kfz-Versicherer bei einer Mallorca-Police das, was sie auch in Deutschland zahlen müssten? Wie hoch sollten mindestens die vereinbarten Summen sein?
Ja, üblicherweise werden die Leistungen auf das Niveau aufgestockt, welches bei uns Standard ist. Die vereinbarten Summen sollten mindestens den Mindestdeckungssummen nach deutschem Recht entsprechen.
Autofahrer können auch selbst Opfer eines Unfalls werden – und riskieren, in Staaten mit niedrigen Haftpflichtsummen auf einem Teil des Schadens sitzen zu bleiben. Wie kann man sich als Unfallopfer gegen finanzielle Schäden absichern, die Dritte verursachen? Können Urlauber zumindest in der EU darauf hoffen, angemessen entschädigt zu werden?
Empfehlenswert ist es, eine private Unfallversicherung für den Personenschaden selbst abzuschließen. Um rechtliche Ansprüche geltend zu machen, empfiehlt sich eine Rechtsschutzversicherung. Für eine Behandlung im Ausland könnte sich zusätzlich eine Auslandskrankenversicherung anbieten.
Es gelten tatsächlich immer die gesetzlichen Mindestdeckungssummen des jeweiligen Urlaubslandes, somit sind Leistungen immer an den Standard des jeweiligen Landes gebunden.
In der Regel sind auch für gewöhnliche Unfälle die Deckungssummen im EU-Ausland ausreichend. Problematisch wird es erst bei – zum Glück eher seltenen – schweren Unfällen mit mehreren Beteiligten und erheblichen Personenschäden mit dauerhafter Beeinträchtigung. Es ist jedoch zu beachten, dass normalerweise bei einem Unfall im Ausland auch das Recht des Unfallorts anwendbar ist. Je nach Unfallland und Unfallfolgen kann das bedeuten, dass die Betroffenen weniger oder sogar mehr Ansprüche haben, als es in Deutschland üblich ist. Sollte man einen unverschuldeten Unfall im Ausland erleiden, lohnt es sich, einen spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen.
Mietwagenversicherungen übernehmen die Selbstbeteiligung bei Kaskoschäden. Lohnen sich derartige Angebote? Und welche Alternativen gibt es?
Ja, es lohnt sich auf jeden Fall eine Selbstbeteiligungsversicherung im Schadenfall, denn üblicherweise sind die Selbstbeteiligungen beim Mietwagen deutlich über dem üblichen Niveau. Je höher die Selbstbeteiligung ausfällt, desto niedriger ist der Mietpreis. Hier kann man mit einer Zusatzpolice mitunter sogar sparen.
„Besonders wichtig ist der Schutz gegen Diebstahl und selbstverursachte Schäden“
Auf welche Leistungsbausteine bzw. Ausschlüsse sollten Interessierte beim Kasko-Schutz für Mietwagen im Ausland achten?
Die Kaskobedingungen sollten grundsätzlich weitestgehend dem deutschen Standard entsprechen. Besonders wichtig ist der Schutz gegen Diebstahl und selbstverursachte Schäden, wie zum Beispiel Parkschäden. Empfehlenswert ist auch hier ein Blick auf die Höhe der jeweiligen Selbstbeteiligung.
Sind eventuell zusätzliche Versicherungen vonnöten, etwa für Diebstahl oder Glasschäden?
Nein, dies sollte üblicherweise alles in der Kaskoversicherung mitversichert sein. Es empfiehlt sich aber, noch einmal die Versicherungsbedingungen seiner Hausratversicherung hinsichtlich der Außenversicherung zu überprüfen – insbesondere dann, wenn man z.B. wertvolle Fotoausrüstungen oder ähnliches mitnimmt.
Wenn man bei der Autovermietung eine Reduzierung der Selbstbeteiligung (CDW/LDW) bucht, ist das zwar quasi eine Vollkaskoversicherung, aber keine echte. Es handelt sich lediglich um die Vereinbarung, dass der Vermieter bei Schäden bis zu einer vereinbarten Höhe auf Schadenersatzansprüche verzichtet, solange dem Mieter kein Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeworfen werden kann. Das macht die Sache kompliziert, da unter Umständen Positionen ausgeschlossen sein können, die normalerweise von einer Kaskoversicherung gedeckt sind. Es sollte daher genau darauf geachtet werden, welche Ausschlüsse für den Schadensfall vereinbart wurden. Bietet der Autovermieter z.B. eine Zusatzversicherung für Glasschäden an, ist zu prüfen, ob diese in der vereinbarten Haftungsreduzierung enthalten sind.
Welche Lösungen gibt es für die spontane Miete eines Wagens vor Ort?
Wenn man im Urlaub regelmäßig einen Mietwagen in Anspruch nimmt, würde es sich ohnehin empfehlen, eine Jahres-Selbstbeteiligungspolice abzuschließen. Selbstverständlich sind Mietwagenversicherungen auch jederzeit spontan online abschließbar.
Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2023. Das Magazin kann auf der Webseite beim Versicherungsbote bestellt werden.