Betriebsrente: IG Metall begräbt Sozialpartnermodell

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Das sogenannte Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersvorsorge erleidet erneut einen Rückschlag. Die mächtige IG Metall mit mehr als 2,2 Millionen Mitgliedern wird sich nicht auf das Modell einlassen - Grund sind die fehlenden Garantien. Damit wird es nahezu ausgeschlossen, dass Beschäftigte in der Metall-, Stahl- und Elektroenergie einen solchen Vertrag erhalten.

Es sollte der große Startschuss dafür sein, dass sich Betriebsrenten mehr und breiter unter den Beschäftigten durchsetzen: das sogenannte Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersvorsorge, auch als "Nahles-Rente" bekannt. Die Arbeitgeber werden aus der Haftung entlassen, müssen also nicht mehr für die Höhe der Rente gegenüber ihren Beschäftigten einstehen, wenn ein Anbieter der Betriebsrente in Schieflage gerät. Gleichzeitig sollen die Versicherer stärker in Aktien und Fonds investieren dürfen und damit höhere Renditen erwirtschaften, als dies mit „klassischen“ bAV-Produkten möglich ist. Klingt gut? Bliebe die dritte Partei, die bei diesen Betriebsrenten mitreden darf und muss: Die Arbeitnehmer und ihre Vertreter. Denn Bedingung für das Sozialpartnermodell ist, dass sich zwei Tarifpartner auf einen Vertrag einigen.

Doch erneut zeigt sich, dass viele Arbeitnehmervertreter -die Gewerkschaften- so gar keine Lust auf das Sozialpartnermodell haben. In diesem Fall die IG Metall. Am Mittwoch traf sich die einflussreiche Industriegewerkschaft in Frankfurt am Main zu ihrem Gewerkschaftstag. Er ist zugleich das höchste beschlussfassende Organ der Gewerkschaft, die in Deutschland zu den größten zählt: Sie vertritt nach eigenen Angaben 2,2 Millionen Arbeiter und Angestellte in der Metall- und Elektroindustrie. Auf ihrem Gewerkschaftstag hat die IG Metall dem Sozialpartnermodell eine Absage erteilt, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Sie lehnt das Modell schlichtweg ab - und will sich nicht auf die Verhandlungen über entsprechende Verträge einlassen.

Der Grund: Beim Sozialpartnermodell erhalten Beschäftigte, die sich auf eine solche Betriebsrente einlassen, keine Garantien, wie hoch ihre Rente ausfallen wird. Im Gegenteil: Garantien sind sogar verboten. Das Kapitalmarktrisiko tragen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies sei ein wichtiger Grund gewesen, weshalb sich die IG Metall nach heftigen Diskussionen gegen das Sozialpartnermodell ausgesprochen habe, berichtet das „Handelsblatt“. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit sei diese Form der Betriebsrente beerdigt worden. Stattdessen soll es nun den Beschäftigten möglich sein, zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, um ihre Rentenansprüche zu erhöhen.

Damit bleibt das Sozialpartnermodell eine Nische: obwohl es gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen dazu beitragen sollte, dass mehr Firmen ihren Beschäftigten eine Betriebsrente anbieten. Die Arbeitgeberhaftung bei den zuvor etablierten Modellen kann für mittelständige Betriebe ein existentielles Risiko bedeuten: Wenn sie die Renten ausgeschiedener Mitarbeiter bedienen müssen, ohne dass dies die eigene Ertragskraft hergibt. Aber schon hier wird ein Problem des Modells deutlich: Betriebe können sich einer Betriebsrente anschließen, die Tarifpartner innerhalb einer Branche ausgehandelt haben. Mit am Verhandlungstisch sitzen sie oft nicht. In manchen Regionen ist die Tarifbindung gering, viele Arbeitnehmer sind nicht in Gewerkschaften organisiert.

Bereits seit 2018 darf das Tarifpartnermodell laut Gesetz angeboten werden, doch es dauerte vier Jahre, bis sich erstmals Tarifpartner tatsächlich auf ein solches Modell einigen konnten. Der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) einigten sich 2022 auf eine solche Betriebsrente für die Chemie- und Pharmaindustrie. Auch der Energieversorger Uniper bietet eine solche Rente an. Ein ähnliches Modell zwischen der Gewerkschaft ver.di und Talanx werde aktuell noch von der Aufsichtsbehörde BaFin geprüft, berichtet das „Handelsblatt“.

Das Problem fehlender Garantien versuchen die Sozialpartner bei den bestehenden Modellen zu lösen, indem sich die Arbeitgeber am Aufbau eines zusätzlichen Finanzpuffers beteiligen, der das Marktrisiko abfedern soll. Beispiel Uniper: Der Energieversorger zahlt den Beschäftigten einen Grundfreibetrag von zwei Prozent des Bruttoarbeitslohnes. Hinzu gesellt sich ein sogenannter Matching-Beitrag sowie ein Sicherheitsbeitrag in Höhe von sieben Prozent der geleisteten Beiträge. Dieser Sicherheitsbeitrag soll Marktschwankungen ausgleichen: und verhindern, dass die Betriebsrente für Beschäftigte eine böse Überraschung wird, weil sie geringer ausfällt als eingeplant.