Später in Rente und eine Betriebsrenten-Pflicht: Das sieht der Entwurf eines CDU-Grundsatzprogramms vor. Doch Aussagen zur staatlich geförderten Altersvorsorge fehlen im Grundsatzpapier ebenso wie konkrete Details der Umsetzung. In der Kranken- und Pflegeversicherung will die CDU mehr Eigenvorsorge, um die Kosten im Gesundheitssystem zu senken.
Die CDU will sich neu aufstellen: Am Montag wurde den Spitzengremien der Entwurf eines neuen Grundsatzprogramms vorgelegt, das Grundlage für ihr Handeln als Regierungspartei sein soll. Und durchaus durfte mit Spannung erwartet werden, wie die als wirtschaftsliberal geltenden neuen Parteilenker Friedrich Merz und Carsten Linnemann die Partei neu ausrichten werden. Linnemann, Generalsekretär der CDU, ist auch Chef der Grundsatzkommission.
„In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“ ist das Grundsatzprogramm überschrieben, das dem Versicherungsboten vorliegt. Und darin sind auch Ideen enthalten, wie künftig das Rentensystem reformiert werden soll. Doch was genau geplant ist und wie die Pläne im Detail umgesetzt werden sollen, bleibt sehr vage. Hierzu sei angemerkt, dass in einem Grundsatzprogramm allgemeine Leitlinien der Parteipolitik definiert werden, die entsprechend Spielraum bei der detaillierten Ausgestaltung lassen.
“Es braucht in der Rente differenzierte Lösungen“
Im 73 Seiten umfassenden Entwurf zum Grundsatzprogramm widmen sich der Rente nur wenige Zeilen. „Es braucht in der Rente differenzierte Lösungen“, fordert die CDU. Gemeint ist damit, dass das Renteneintrittsalter angehoben werden soll - aber nicht für alle.
“Es gibt viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht oder nur noch teilweise bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können“, heißt es im Text. „Für diese Menschen brauchen wir passgenaue Lösungen, die ein gutes und sicheres Leben im Alter ermöglichen. Das ist Ausdruck unserer Solidarität“. Gleichzeitig zeige die langfristige Entwicklung aber auch, dass die Menschen immer älter werden. „Wenn wir unsere Rente stabil und finanzierbar halten wollen, spricht viel dafür, dass die Lebensarbeitszeit für diejenigen, die arbeiten können, steigen muss, und folglich die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung gekoppelt wird“, schreibt die CDU in ihrem Programmentwurf.
Details, wie das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung angepasst werden soll und welche Ausnahmen konkret angedacht sind, nennt die CDU nicht. Hier hatte Jens Spahn, Fraktionsvize der CDU im Bundestag, im vergangenen Jahr einen Mechanismus vorgeschlagen: Pro Jahr längere Lebenserwartung solle sich das Renteneintrittsalter um einen Monat nach hinten verschieben.
In einem internen Papier der CDU-Kommission "Soziale Sicherung", das im Frühjahr bekannt wurde, wird sogar empfohlen, das Renteneintrittsalter ab 2031 um vier Monate pro gewonnenes Lebensjahr zu erhöhen. In der Pressekonferenz zum Programmentwurf betonte Linnemann jedoch, dass dies nicht in jedem Fall ein höheres Renteneintrittsalter bedeute. Er verwies darauf, dass in den vergangenen Jahren die Lebenserwartung auch nur geringfügig stieg bzw. - unter anderem durch die Coronapandemie - sogar gesunken sei.
Pflicht zur betrieblichen Altersvorsorge?
Ebenfalls sehr allgemein zeigt sich das Grundsatzprogramm in der Frage, wie die betriebliche und private Altersvorsorge reformiert werden soll. Konkret wird es lediglich in einem Punkt: Die Bürgerinnen und Bürger sollen verpflichtet werden, einen Kapitalstock zusätzlich zur gesetzlichen Rente anzusparen. Im Programmtext heißt es hierzu: „Da die gesetzliche Rente allein eine auskömmliche Alterssicherung in vielen Fällen nicht garantieren kann, wollen wir für alle eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge einführen. Für Menschen mit geringem Einkommen braucht es dabei staatliche Zuschüsse“.
Was damit gemeint ist, erklärte Carsten Linnemann auf der Pressekonferenz. „Ein wichtiger Punkt: Wir wollen eine verpflichtende betriebliche Altersvorsorge, und wir wollen diejenigen, die wenig verdienen, dabei unterstützen - zum Teil bis zu 100 Prozent. Weil wir in Deutschland einfach ein Problem haben, das Eigentum nicht mehr erwerbbar ist“, sagte Linnemann bei der Präsentation des Programms.
Auffällig ist, dass sich die staatliche Unterstützung offenbar auf Menschen mit geringem Einkommen beschränkt. Aussagen zur staatlich geförderten Altersvorsorge, folglich Riester- und Basis-Rente, finden sich im Programmentwurf nicht.
Auch bezüglich der privaten und staatlich geförderten Altersvorsorge zeigen jedoch frühere CDU-Dokumente, wohin die Reise gehen könnte. Im April war ein Entwurf der parteiinternen Kommission „Soziale Sicherung“ bekannt geworden, in dem konkrete Vorschläge unterbreitet wurden. Geplant ist demnach, dass an die Stelle der umstrittenen Riester-Rente ein neues, staatlich gefördertes Standardprodukt tritt. Dieses soll nach dem Opt-out-Prinzip gestaltet sein: Jeder Beschäftigte nimmt daran teil, sofern er nicht ausdrücklich widerspricht. Dieses Standardprodukt solle „keine Abschlusskosten, möglichst niedrige Verwaltungskosten und keine volle Leistungsgarantie haben“, hieß es in dem Papier des Expertenkreises.
"Wer arbeiten kann, soll arbeiten!"
Weitere CDU-Forderungen aus dem Entwurf des Grundsatzprogramms: Wer mehr arbeiten möchte als bisher, solle dazu attraktive Rahmenbedingungen vorfinden. "Deshalb wollen wir Überstunden bei Vollzeitbeschäftigung steuerfrei stellen“, heißt es.
Zudem brauche es mehr Anreize, eine Arbeit aufzunehmen. „Wer arbeiten kann, soll arbeiten. Arbeit ist eine solidarische Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft“. Dies könne auch öffentliche und gemeinnützige Arbeit beinhalten. Hier hatte CDU-Generalsekretär bereits vorgeschlagen, dass es künftig eine Art Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger geben solle. Wer nach sechs Monaten Arbeit keinen Job annehme, solle zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden, sagte er der „BILD“. Doch auch dazu finden sich im vorläufigen Grundsatzprogramm keine konkreten Details.
Krankenversicherung: Mehr Anreize für Eigenvorsorge
In der Krankenversicherung bekennt sich die CDU zum dualen System mit gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Hierbei setze man aber auch auf Eigenverantwortung. „Es muss sich für jeden Einzelnen lohnen, sparsam mit den Ressourcen unseres Gesundheitswesens umzugehen. Jeder von uns ist gefragt, mehr auf seine eigene Gesundheit zu achten“, heißt es. Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen sollen im ambulanten wie stationären Bereich ausgebaut werden.
Um den finanziellen Engpässen im Gesundheitssystem zu begegnen, fordert die CDU strukturelle Anpassungen. „Unser Gesundheitssystem braucht eine solide Finanzierung. Um die Gesundheitsausgaben zu dämpfen, wollen wir den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen stärken. An der solidarischen Beitragsfinanzierung halten wir fest. Steuerzuschüsse müssen gedeckelt sein. Wir setzen auf mehr Eigenvorsorge und wollen das Kostenbewusstsein der Versicherten schärfen“, heißt es im Programmentwurf. Die gesundheitliche Versorgung müsse insbesondere im ländlichen Raum gestärkt werden. „Es braucht mehr regionale Gesundheitszentren und sektorenübergreifende Zusammenarbeit, den Ausbau der Telemedizin und eine Stärkung der Präsenzapotheken. Die Hausarztpraxis muss die erste Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten vor Ort bleiben“, so der konkrete Wortlaut. Weitere Details: Fehlanzeige.
“Mehr Eigenvorsorge“ fordert die CDU auch in der Pflege. Hier soll vor allem die ambulante Pflege gestärkt werden. „Viele Menschen haben den Wunsch, zuhause gepflegt zu werden. Wir wollen eine bessere Kooperation zwischen Familien, Institutionen, hauptamtlichen Pflegekräften und Ehrenamt aus der Nachbarschaft“, heißt es. Und weiter: „Wir wollen bezahlbare Pflegezusatzversicherungen einführen, um die Finanzierungslücke in der Pflege zu schließen. Wir stehen für mehr Eigenvorsorge und wollen die Pflegeversicherung als Teilkaskoversicherung erhalten“. Sollen folglich private Pflegezusatzversicherungen besser staatlich gefördert werden? Eine Aussage hierzu findet sich nicht.