Offene Infrastruktur-Sondervermögen ebnen Privatanlegern den Weg in die Assetklasse erneuerbare Energien

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Mit dem offenen Infrastruktur-Sondervermögen hat der Gesetzgeber im August 2021 eine einfache Möglichkeit für Privatanleger geschaffen, in Infrastruktur und dabei vor allem erneuerbare Energien zu investieren. Privatanleger können sich mittels dieser regulierten Fonds bereits mit geringen Beträgen an Infrastruktur-Sachwerten wie zum Beispiel Wind- oder Solarparks beteiligen. Bislang war diese Assetklasse überwiegend institutionellen Investoren vorbehalten. Ein Gastbeitrag von Michael Kohl, Head of Open Investment Funds von KGAL.


„Gut Ding braucht Weil“ – und das Warten hat sich gelohnt: offene Infrastruktur-Sondervermögen wurden im Rahmen des Fondsstandortgesetzes in das Kapitalanlagegesetzbuch aufgenommen. Im Gegensatz zum ELTIF (European Long Term Investment Fund) können offene Infrastruktur-Sondervermögen ohne fixe Mindestanlagesumme und sparplanfähig aufgelegt werden. Andere Vehikel, über die eine Beteiligung an Infrastrukturprojekten möglich ist, weisen dagegen erhebliche Zugangsbeschränkungen auf. Mittlerweile sind die ersten Anbieter mit dem neuen Fondsmodell auf dem Markt.


Gemeinsamkeiten mit offenen Immobilienfonds


Wie ein offener Immobilienfonds hat ein offenes Infrastrukturfonds kein festgelegtes Laufzeitende. Zudem können Anleger eigenständig entscheiden, wann sie ihre Anteile zurückgeben. Dabei gibt es gesetzlich festgelegte Regelungen, um den Fonds und damit auch die Anleger selbst vor erratischen Abflüssen zu schützen. Die Fristen geben dem Management die erforderliche Zeit, um für Liquidität zu sorgen, ohne dabei ein prozyklisches Verhalten auszulösen. Denn ein Merkmal von Infrastrukturbeteiligungen ist, dass sie – genau wie Immobilien – nicht kurzfristig veräußert werden können. Deshalb ist die Rückgabe erst nach 24 Monaten Haltedauer möglich. Zudem muss die Rückgabe zwölf Monate vorher angekündigt werden und kann an bis zu zwei festgelegten Terminen pro Jahr erfolgen. Die eingeschränkte Flexibilität lässt sich im privaten Depot wiederum durch einen gezielten Anlagemix nicht korrelierender Assetklassen ausgleichen.

Für die Anlage in Infrastruktur hat der Gesetzgeber den Begriff der Infrastruktur-Projektgesellschaft, eingeführt. Das sind Gesellschaften, die gegründet werden, um dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende Einrichtungen, Anlagen, Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, sanieren, betreiben oder zu bewirtschaften. Dieser weit gefasste Begriff der Infrastruktur-Projektgesellschaft impliziert, dass, anders als bei früheren Infrastrukturfonds, auch Investments infrage kommen, die vollständig in privater Hand sind und die keine öffentlichen Aufgaben erfüllen.

Neben den Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften darf ein offener Infrastrukturfonds in begrenztem Umfang bestimmte andere Assets umfassen, darunter Immobilien und Wertpapiere. Nach Abschluss der Aufbauphase darf unter anderem der Anteil der im offenen Infrastrukturfonds gehaltenen Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften 80 Prozent des Wertes des Fonds nicht übersteigen.

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Bandbreite der Assets, die Infrastruktur erneuerbarer Energien umfassen.


Markt ohne klassische Zyklen

In den kommenden Jahrzehnten werden der Klimaschutz, der demografische Wandel und die Digitalisierung enorme Investitionen in die Infrastruktur auslösen. Angesichts der bevorstehenden Dekarbonisierung von Industrie, privaten Haushalten und Verkehr wird das Segment der Erneuerbaren-Energien-Infrastruktur stark wachsen. Dabei steht der Ausbau der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen auf den Agenden nationaler Regierungen und der Europäischen Union ganz oben. Prognostiziert wird ein Anstieg der Bruttokapazität aus erneuerbaren Energieträgern in der EU um jährlich mehr als zehn Prozent bis 2030. Deshalb dürfte der Markt auf absehbare Zeit keine klassischen Zyklen erleben, wie sie in anderen Märkten zu beobachten sind. Das sorgt für ein hohes Maß an Investitionssicherheit. Allerdings gilt es auch hier, mit Veränderungen umzugehen. So laufen in vielen Teilen Europas staatliche Anreize wie Einspeisevergütungen aus. An ihre Stelle treten zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit zunehmend privatwirtschaftliche Instrumente – sogenannte Power Purchase Agreements (PPA), also langfristige Stromlieferverträge, die zum Beispiel mit einem Energieversorger oder industriellen Großverbraucher abgeschlossen werden.



Fazit: Klimaschutz, demografischer Wandel und Digitalisierung erfordern in den kommenden Jahrzehnten enorme Investitionen in die Infrastruktur. Über das offene Infrastruktur-Sondervermögen werden die Zugangsbeschränkungen zu diesem vielversprechenden Investmentbereich für Privatanleger erheblich gesenkt. Zugleich tragen Schutzmechanismen dazu bei, dass offene Infrastrukturfonds ein defensiver Baustein für das Fondsportfolio sind.