Angesichts der Nachrichten aus dem Nahen Osten denkt man zunächst einmal an den Verlust von Menschenleben. Die kriegerischen Handlungen haben aber auch ernste Konsequenzen für die globale Wirtschaft, denn sie bedrohen die wichtige Warentransport-Route durch das Rote Meer.
Wenn Kriege oder Naturkatastrophen den freien Warenverkehr behindern oder verunmöglichen, können Lieferketten für Monate unterbrochen werden. Alternative Meeresrouten sind nicht immer schnell verfügbar. Und selbst wenn sie es sind, können die damit verbundenen Kosten über mehrere Quartale oder sogar Jahre massiv ansteigen. Das zeigt, wie wichtig das Thema Transportversicherung für die globale und insbesondere die deutsche Wirtschaft ist, die wie kaum eine andere in Europa vom Warenexport abhängt.
QBE Transportversicherung jetzt auch in Deutschland
Für den australischen Versicherer QBE, der bereits über ein Standbein in Großbritannien verfügt, war es deshalb ein logischer Schritt, Ende vergangenen Jahres auch in den deutschen Markt einzutreten. QBE bietet nun in den wichtigsten europäischen Märkten Transportversicherungen an. Seit Oktober 2022 vertreibt der Versicherer die Produkte Marine Cargo und Fine Art & Specie in Frankreich und ab April 2023 auch in Nordeuropa. Für Deutschland formulierte QBE seine Strategie im Bereich Transportversicherung im Oktober vergangenen Jahres. Andere europäische Märkte wie die Niederlande sollen in Kürze folgen.
Im Zuge des Wachstums in Deutschland stellte der Versicherer Philip Specht als Senior-Marine-Underwriter und Lars Habersaat als Marine-Underwriter im Hamburger Büro ein. Die Australier sind mit Versicherungsprodukten wie Haftpflichtversicherung, Sachversicherung und Financial Lines für die deutsche Industrie bereits seit Längerem mit Büros in Düsseldorf und München vertreten. QBE hat entsprechende Produkte in Europa bislang vor allem von Großbritannien aus vertrieben. Mit dem Ausstieg des Landes aus der Europäischen Union und dem daraus folgenden Wegfall des sogenannten Freedom of Service in den EU-Staaten entschloss sich QBE, andere europäische Märkte zu erschließen.
Wasserwege entscheidend für Transportsektor
Gerade der Warentransport auf dem Seeweg ist ein für die deutsche Industrie überlebenswichtiger Faktor. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das Interesse an einer geeigneten Transportversicherung hierzulande steigt. Allein im Jahr 2022 sind insgesamt 117.120 Schiffe in deutsche Häfen eingelaufen. Davon waren 67% als gemeine Frachtschiffe und 20% als Passagierschiffe klassifiziert. Containerschiffe und Flüssiggüter-Schiffe machten 5,5% beziehungsweise 5,3% aus.
Insgesamt waren 2022 im deutschen Seefrachtsektor 77.303 Personen beschäftigt, was etwa 0,2% der Gesamtbeschäftigung ausmachte. Damit trug der Wirtschaftszweig €2,9 Milliarden oder 0,1% zum gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Und die Tendenz ist steigend, denn sowohl die Beschäftigtenzahlen als auch der Beitrag zum BIP liegen immer noch deutlich unterhalb des 2019er Niveaus - um 9% bei den Beschäftigten und um 31% beim BIP-Beitrag.
Herausforderungen annehmen und Wachstumschancen nutzen
Eine der größten Herausforderungen für den Sektor ist der Fachkräftemangel in Deutschland. Laut einer Studie der Europäischen Kommission für das vierte Quartal 2023 bezeichneten 29% der befragten Unternehmen fehlendes Fachpersonal als Hauptgrund für den Geschäftsrückgang.
Nicht nur kriegerische Handlungen, sondern auch ökonomische Zyklen können den Schiffsverkehr auf den Weltmeeren belasten. Warenvolumen und Passagierzahlen sind von der Wirtschaftsentwicklung der Länder abhängig und haben einen direkten Einfluss auf das Geschäft von Transportunternehmen. „Die Transportversicherung hängt stark von der wirtschaftlichen Entwicklung ab, die allerdings erstaunlich robust erscheint,” erklärt Philip Specht. Neben dem geopolitischen Beben in Nahost bereiten der deutschen Wirtschaft auch die andauernden Spannungen zwischen China und Taiwan Sorgen. Laut einer Studie von Oxford Economics und Control Risks dürfte der deutsche Seehandel den Konfrontationskurs Chinas und Taiwans vor allem in den Jahren 2024 und 2025 spüren. Erst ab 2026 ist gemäß der Studie mit einer Besserung zu rechnen.
Dennoch sind die langfristigen Aussichten positiv: Der Bedarf an Transportversicherungen ist stets vorhanden. „Das Wachstum in der Transportversicherung ist deutlich zu erkennen, aber der Welthandel steckt in turbulenten Zeiten,“ erklärte Specht und fügte hinzu: „Auch wenn das Transportversicherungsgeschäft der Dynamik der Wirtschaft und der Entwicklung seines Klientel folgt, so ist es doch etwas Konstantes. Die Vertragsbeziehung mit den Kunden ist in der Regel langfristiger Natur.“