Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will mit einer Klinikreform die Kosten im Gesundheitssystem senken. Nun wurden Details aus dem Referentenentwurf bekannt. Demnach ist ein neues Vergütungssystem geplant, das sich nicht allein an der Zahl der behandelten Patienten orientiert.
Vor wenigen Tagen schlug die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Alarm: Im Jahr 2023 hätten demnach Kliniken an 40 Standorten Insolvenz anmelden müssen, sodass die Versorgung von Patientinnen und Patienten in vielen Regionen gefährdet sei, monatlich würden den Kliniken 500 Millionen Euro fehlen. Gleichzeitig sind Kliniken der größte Kostenblock im System der gesetzlichen Krankenversicherung, Tendenz steigend. Im Jahr 2022 mussten die Krankenkassen 88,1 Milliarden Euro für Krankenhaus-Behandlungen ausgeben, fast jeder dritte Euro fließt hierhin. Nach vorläufigen Zahlen des GKV-Spitzenverbandes kamen 2023 weitere 6,1 Milliarden Euro hinzu.
Die Krankenhäuser pleite, die Kosten hoch: Hier gilt es zu handeln. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine umfassende Reform angekündigt, die spätestens 2025 in Kraft treten soll. Einige Pläne hatte er bereits vor zwei Jahren öffentlich kommuniziert: So sollen, wo möglich, Operationen vermehrt ambulant durchgeführt und die Patienten danach schneller nachhause geschickt werden. Das würde die teure Rundum-Betreuung und Nachtdienste einsparen. Nun wurde ein neuer Referentenentwurf bekannt, der weitere Reformmaßnahmen beinhaltet. Darüber berichten übereinstimmend mehrere Medien, darunter der Spiegel und die BILD-Zeitung.
Weniger Fallpauschale, mehr Vorhaltekosten
Laut den Medienberichten plant Lauterbach, die Finanzierung der einzelnen Kliniken auf neue Füße zu stellen. Was sie an Geldern bekommen, orientiert sich bisher vor allem an der Zahl der behandelten Patienten und durchgeführten Operationen, die pauschal vergütet werden. Experten sehen hierin einen Fehlanreiz für die Kliniken, lukrative Behandlungen bevorzugt durchzuführen, hingegen bei teuren Behandlungen und auch beim Personal zu sparen.
Hier will Lauterbach eingreifen. Laut „Spiegel“ sieht der Referentenentwurf vor, dass die Kliniken künftig 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen: etwa für Personal, eine Notaufnahme und notwendige Technik. Im Gegenzug werden nur noch 40 Prozent der zugewiesenen Gelder per Fallpauschale vergütet. Grundlage für die neuen Festbeträge sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein, die an einheitliche Qualitätsvorgaben gekoppelt sind. So soll es für Kindermedizinstationen 288 Millionen Euro geben, für Geburtshilfestationen 120 Millionen, für Schlaganfallstationen 35 Millionen Euro etc. Die Krankenhausplanung sollen aber die Bundesländer übernehmen.
Darüber hinaus sei geplant, dass schwierige Eingriffe nur noch in Fachkliniken stattfinden, die auf solche Operationen spezialisiert sind. Damit will Lauterbach Heilungschancen und Qualität der Eingriffe steigern. Wiederholt hatte Lauterbach kritisiert, dass auch viele kleine Kliniken ohne spezialisierte Experten komplizierte Eingriffe durchführen - mitunter auch, um ihre Finanzen aufzubessern. In einem Interview mit der ZEIT sagte Lauterbach im Juni 2023: „Eingriffe am Herzen beispielsweise, mit denen Rhythmusstörungen bekämpft werden, sind kompliziert. Das dürfen derzeit viel zu viele Kliniken machen. Demnächst sollen den Eingriff nur noch diejenigen machen dürfen, die die Voraussetzungen dafür erfüllen, die bestimmte Geräte besitzen und Fachkräfte, die rund um die Uhr da sind. Genau dafür bekommen die Kliniken dann Geld“.
Für vergleichsweise unkomplizierte Eingriffe sind laut "BILD" sogenannte Klein-Kliniken bzw. "sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen" vorgesehen. Sie sollen die Schnellversorgung gewährleisten, etwa bei Knochenbrüchen, und es auch erlauben, dass die Patienten mehrere Tage dort übernachten und beaufsichtigt werden. Spezialisierte Kliniken, die schwerere Eingriffe durchführen, müssen sich entsprechend dafür qualifizieren. Insgesamt sind drei Stufen geplant, nach denen die Kliniken eingeteilt werden - je nachdem, welche Eingriffe sie anbieten und wofür sie qualifiziert sind.
30 Minuten Fahrtzeit bis zum Krankenhaus
Um trotz der Spezialisierungen auch eine ausreichende Versorgung in der Fläche zu gewährleisten, will Lauterbach den Ländern vorschreiben, innerhalb welcher Zeit eine Klinik mit dem Auto erreichbar sein soll. Für die Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie sind hier maximal 30 Minuten Fahrtzeit mit dem Auto vorgesehen. Für die anderen Leistungsgruppen soll die Reisezeit nicht mehr als 40 Minuten in Anspruch nehmen. Allerdings soll sich die Zeit und Klinikdichte auch an der Zahl der Einwohner je Region orientieren.
Fakt ist auch: Die Klinikreform wird zunächst Geld kosten, und zwar: viel Geld. Für die notwendigen Fusionen und Umwandlungen der Kliniken in medizinische Zentren ist laut ZDF ein Transformationsfonds vorgesehen, den Bund und Länder gemeinsam stemmen sollen. Die zusätzlichen Kosten: 50 Milliarden Euro über zehn Jahre verteilt. Die Finanzierung sei noch unklar.