BGH: Axa und Krankenversicherer triumphieren im Streit um PKV-Beitragsanpassungen

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Für diejenigen, die von dem BGH-Urteil im Treuhänderstreit enttäuscht waren, schien sich ein weiteres Einfallstor zu bieten, um gegen die Prämienerhöhungen vorzugehen. Hier beriefen sich die Kläger darauf, dass der Versicherer die Alterungsrückstellungen nicht im ausreichenden Maße berücksichtigt hat, um die Prämie in einem Tarif zu stabilisieren. Dabei handelt es sich um sogenannte Limitierungsmittel.

Limitierungsmittel werden nach einem festgelegten Verfahren eingesetzt, um Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung abzumildern oder ganz zu vermeiden. Verwendet werden hierfür beispielsweise Überschüsse aus Zinserträgen nach § 150 VAG, die der Versicherer erwirtschaftet hat. Oder aus Beitragsteilen, die der Versicherer nicht benötigt, weil er seinen Tarif vorsichtig kalkuliert hat. Sie werden der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) zugeführt und als Einmalbeitrag entnommen, wenn eine Beitragsanpassung ansteht. Der Treuhänder muss zustimmen, ob und wie sie verwendet werden dürfen. Auch der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit hatte bezweifelt, dass diese Mittel richtig verwendet wurden, klagte und verlangte mehr Informationen. Er berief sich darauf, dass aufgrund der fehlerhaften Einrechnung der Limitierungsmittel auch die Prämienerhöhung insgesamt unwirksam geworden sei. Erfolglos, denn der BGH ließ den klagenden Versicherungsnehmer abblitzen.

Beweislast trägt der Versicherungsnehmer

Der BGH hob hervor, dass die Beweislast einer fehlerhaften Kalkulation zunächst beim Versicherungsnehmer liege. Der Versicherte müsse nachweisen, dass er durch die Verteilung der Mittel in seinen Rechten verletzt worden sei, urteilte der 4. Zivilsenat. Die Versicherung müsse ihn dabei zwar unterstützen und in einem zweiten Schritt interne Informationen vorlegen, wenn die Sache vor Gericht verhandelt wäre. Sie müsse aber nicht darlegen, wie die Mittel auf die einzelnen Tarife verteilt worden seien. Hier aber beißt sich die Katze in den Schwanz: Um dem Versicherer eine Fehlkalkulation nachzuweisen, brauchen die Versicherungsnehmer Informationen, die die privaten Krankenversicherer in der Regel nicht öffentlich kommunizieren. Laut dpa hatte der Senat bereits in der Verhandlung unterstrichen, dass es bei der Verwendung von Rückstellungen nicht um die Belange eines Einzelnen, sondern um das Interesse der Gemeinschaft der Versicherten gehe.

Konkret heißt es hierzu in einem Pressetext des Bundesgerichtshofs: "Der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast dafür, dass die Limitierungsentscheidung den Anforderungen des § 155 Abs. 2 VAG nicht entspricht und er hierdurch in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die internen Verhältnisse des Versicherers nicht kennen kann, führt allerdings zu einer sekundären Darlegungslast des Versicherers. Er hat zu den Parametern, die der Limitierungsentscheidung zugrunde liegen, näher vorzutragen. Diese Darlegungslast beinhaltet jedoch nicht die Vorlage eines umfassenden, sich auf alle parallel mit Limitierungsmitteln bedachten Tarife erstreckenden Limitierungskonzepts."

Beitragsanpassung auch bei fehlerhafter Limitierung wirksam

Das Urteil geht aber noch weiter: Selbst bei einer fehlerhaften Limitierung bleibt eine Beitragsanpassung wirksam und kann nicht vom Versicherungsnehmer rückwirkend angefochten werden. Der BGH führt hierzu im Pressetext aus: "Bei einer gerichtlichen Kontrolle der Limitierungsmaßnahmen sind lediglich besonders schwerwiegende Verstöße gegen die schutzwürdigen Interessen der Versicherten geeignet, einen materiellen Verstoß gegen den sich aus § 155 Abs. 2 VAG ergebenden Prüfungsmaßstab für die Limitierungsmaßnahmen zu begründen. Eine Motiv- oder Begründungskontrolle der vom Versicherer getroffenen Limitierungsentscheidung findet nicht statt. Die Fehlerhaftigkeit einer Limitierungsmaßnahme lässt die materielle Wirksamkeit einer Prämienanpassung, die im Übrigen auf einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Nachkalkulation beruht, unberührt. Diese führt lediglich dazu, dass dem einzelnen Versicherungsnehmer, soweit er dadurch konkret beeinträchtigt ist, ein individueller Anspruch auf (weitere) Limitierung, d.h. auf dauerhafte Absenkung seiner Prämie zustehen kann", so der BGH.

Die Revision der Axa hatte auf dieser Grundlage Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils in den verhandelten Punkten. Der Bundesgerichtshof hat die Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es die Prüfung der Nachkalkulation der Prämie nachholen und, falls diese Prüfung keine Fehler ergibt, die Limitierungsmaßnahme unter Berücksichtigung der Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs neu beurteilen kann. Die Anschlussrevision des Klägers wurde ebenfalls aufgrund eines Verfahrensfehlers des Berufungsgerichts aufgehoben und zurückgewiesen.