Ein Urteil zur Wohngebäudeversicherung zeigt: auch, wenn ein Schwammschaden ein Folgeschaden ist, greift die Ausschlussklausel der Wohngebäude-Versicherungsbedingungen. Versicherungsbote stellt des Urteil des Oberlandesgerichts Köln vor.
Hausschwamm – ein Pilz, der feuchtes Holz besiedelt – ist tückisch. Denn bei Befall kann das Gebälk eines Hauses innerhalb weniger Jahre zersetzt werden. Ein Sicherheitsrisiko entsteht besonders dann, wenn tragende Teile betroffen sind. Ist der Befall großflächig, sind oft umfangreiche Renovierungsarbeiten notwendig.
Kein Wunder, dass einige Wohngebäudeversicherer Schäden durch Schwamm vom Versicherungsschutz ausschließen. „Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Schwamm,“ lautet die Formulierung in den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen 2010 mit Stand 2016 (in der Folge VGB). Damit sollte eigentlich klar sein: für Schwammschäden wird nicht geleistet. Oder?
Der Ausgangspunkt: Stete Feuchte schadet viel
Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen jedenfalls sah das anders. Sie bewohnte – zusammen mit ihrem Partner – ein Einfamilienhaus, das als Holzrahmenbau errichtet wurde. Für dieses Haus wurde eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen. Der Versicherer wusste, dass es sich um ein Haus in Holzbauweise handelt.
Dem Paar widerfuhr nun Folgendes: Als einige kaputte Badfliesen repariert werden sollten, entdeckte die ausführende Firma einen umfangreichen Wasserschaden. Es stellte sich heraus: zwischen Abflussleitung und Duschrinne war eine undichte Stelle. Mehrere Jahre lang blieb der Defekt unentdeckt – und mehrere Jahre lang gelangte Wasser in die Tragbalkenkonstruktion. Die Wirkung war immens.
Offensichtlich war zunächst der Feuchtigkeitsschaden an Wand und Boden, der sich im Bad des Hauses offenbarte. Aufgrund dieses Schadens wandte sich die Frau an ihren Wohngebäudeversicherer. Ein Schadengutachter des Unternehmens stellte aber schnell fest, dass sich hier nur die Spitze des Desasters zeigte. Ein weiterer Gutachter sowie eine Fachfirma für mikrobiologische Untersuchungen wurden hinzugezogen.
Letztendlich trat ein großflächiger Schwamm- sowie Pilzbefall in den Geschossbalken zutage. Betroffen war die Fußbodenkonstruktion von Badezimmer, Kinderzimmer und Flur. Zudem waren verbaute Span- und Gipsfaserplatten großflächig geschädig. In der Summe musste die gesamte Konstruktion entfernt und erneuert werden – einschließlich Dämmung und Estrich, obwohl die Dämmung selbst nicht vom Schwamm befallen war.
Der Gesamtschaden belief sich auf hohe 66.184,74 Euro. Die Frau hoffte, den Schaden durch den Wohngebäudeversicherer ersetzt zu bekommen. Leistet die Versicherung doch gemäß VGB für Bruchschäden an Rohren sowie Nässeschäden, sobald Wasser bestimmungswidrig aus Rohren austritt. Allerdings verweigerte die Versicherung die Zahlung – und verwies hierbei auf die Schwammklausel. Dies führte zur Klage der Frau gegen das Versicherungsunternehmen – erst vor dem Landgericht (LG) Bonn (Az.: 10 O 196/20); sodann – in Berufung – vor dem Oberlandesgericht Köln.
Wie die Klägerseite ihre Klage begründete
Wie aber begründete die Klägerin den Leistungsanspruch gegenüber der Versicherung? Mehrere Punkte wurden ins Feld geführt:
- Schadensursache: Die Klägerin führte aus, ein Mangel bei Errichtung der Dusche habe zu einem undichten Abfluss geführt. Man könne also nicht von einem Schwammschaden sprechen, sondern dieser sei nur Folgeschaden der undichten Stelle.
- Zudem wurde darauf verwiesen, dass ein Schwammbefall zwangsläufige Folge eines Wasserschadens bei einem Holzhaus sei. Zwar hätten in der Vergangenheit mehrere Urteile die Rechtmäßigkeit des Leistungsausschlusses für Schwammschäden bestätigt, Gerichte hätten sich aber stets nur auf Gebäude mit mineralischer Bauweise bezogen. Dies auf Häuser mit Holzbauweise zu übertragen, benachteilige die Eigentümer solcher Häuser.
- Auch hätte die Klägerin bei Abschluss der Wohngebäudeversicherung auf die Besonderheit des Leistungsausschusses und die Konsequenz für Holzhäuser hingewiesen werden müssen.
Wie die Versicherung die Leistungsverweigerung begründete
Die Versicherung beharrte weiterhin darauf, nicht einstandpflichtig zu sein: für den Ausschluss der Schwammschäden sei es unerheblich, ob diese als Folgeschaden auftreten oder nicht. Zumal noch nicht mal geklärt sei, wie der Wasserschaden entstand – schon vor der Schadenbegutachtung hatte die Versicherungsnehmerin die Dusche demontieren lassen, so dass gar nicht begutachtet werden konnte, ob das Wasser wirklich durch eine undichte Leitung austrat.
Wie die Gerichte entschieden
Die Gerichte mussten nun entscheiden, ob die Ausschlussklausel für Schwammschäden auch dann greift, wenn der Schwamm ein Folgeschaden des austretenden Wassers aus einer Leitung ist. Das Landgericht bestätigte dies – und gab deswegen der Klage nur in geringem Umfang statt. Zugesprochen wurde der Versicherungsnehmerin nicht die Erstattung der gesamten Schadenkosten, sondern nur einen Betrag in Höhe von 4.989,81 Euro – dies deckt Reparaturkosten für die Dämmung und alle nicht vom Schwammbefall betroffenen Schäden ab.
Darüber hinaus aber wurde die Klage abgewiesen. Deswegen ging die Frau in Berufung vor das Oberlandesgericht Köln. Hier aber hatte die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg: Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil zurück (Az.: 9 U 19/23). In der Begründung bestätigte das Oberlandesgericht die Einschätzung des Landesgerichts.
Die Klausel gilt für alle Schwamm- und damit auch Folgeschäden
- So verwies das Oberlandesgericht auf mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, da dieser sich bereits mit der Schwamm-Klausel beschäftigt hatte. Der Wortlaut „Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Schwamm“ würde deutlich machen, dass Schwammschäden losgelöst von der Ursache ihrer Entstehung eindeutig nicht versichert seien – die Klausel sei für Versicherungsnehmer klar und transparent und schließe eben Schwammschäden generell aus.
- Der Ausschluss unterliegt einer unternehmerischen Entscheidung. Nicht gültig und damit anfechtbar wäre er nur, wenn eine Vertragszweckgefährdung vorliegt. Dies würde dann zutreffen, wenn Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser wären: dann wäre der Zweck einer Wohngebäudeversicherung durch die Klausel gefährdet. Dies aber sei – das Oberlandesgericht verweist hier auf ein Gutachten des Landgerichts – nicht der Fall: Schwammschäden seien keine zwangsläufige Folge von Leitungswasserschäden; auch für Holzhäuser gelte dies.
Demzufolge wurde die Berufung zurückgewiesen – es gilt letztendlich das Urteil des Landgerichts. Die Frau erhält von der Versicherung nur jene Schäden ersetzt, die nicht verbunden sind mit dem Schwammschaden – konkret 4.989,81 Euro statt 66.184,74 Euro.
Was Makler aus dem Urteil mitnehmen sollten
Was aber sollten Makler aus dem Urteil mitnehmen? Hier ist auf eine Stellungnahme des Fachanwalts Jens Reichow zu verweisen: die Entscheidung des Oberlandesgerichts zeige, dass bei der Anwendung der Schwamm-Klausel nicht auf die Bauart des Hauses und die Ursache des Schwammbefalls abgestellt werden kann. Ist ein Leistungsausschluss „Schwamm“ in der Gebäudeversicherung vereinbart, so kann sich der Versicherer auch bei einem vorangehenden Wasserschaden auf die entsprechende Klausel berufen.
Jedoch: Verweigert ein Versicherer auch eine teilweise Schadenregulierung, lohne es sich immer, einen Anwalt zur Prüfung hinzuzuziehen. Zeige das Urteil doch auch, dass zumindest ein Teil der Schäden erstattungsfähig ist, der nicht durch die Schwammklausel erfasst wird.
Hintergrund: Der Text erschien zuerst in unserem neuen Versicherungsbote-Printmagazin 01/2024. Das kostenlose Fachmagazin kann auf der Seite des Versicherungsbote abonniert werden.