Finfluencer sollen strenger von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) überwacht werden. Was das konkret bedeutet, schildert Hans-Joachim Lefeld, Partner der Beratung LPA, im Gastbeitrag.
In den letzten Jahren hat sich eine neue Gruppe von Influencern, die sogenannten Finfluencer, in den sozialen Medien etabliert. Sie nutzen ihre wachsende Aufmerksamkeit, um vor allem jungen Menschen Themen rund um die Geldanlage näher zu bringen und eine Followerschaft zu bilden. Die Finfluencer präsentieren Inhalte auf Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok und beeinflussen dadurch maßgeblich die Finanzentscheidungen ihrer Zuschauer. Mit der wachsenden Bedeutung dieser Akteure nimmt auch das Interesse der Aufsichtsbehörden zu. Zuletzt hatte die ESMA eine deutliche Warnung ausgesprochen. Content Creator, welche online Anlagetipps verbreiten oder für Finanzthemen werben, fallen unter die Vorgaben der Marktmissbrauchsverordnung. Bei Fehlverhalten drohen Strafzahlungen.
Vorteile und Zugänglichkeit
Der Boom rund um das Thema Geldanlage und finanzielle Bildung kann wie das Aufkommen günstiger Neobroker als Teil des Demokratisierungsprozesses der Finanzmärkte betrachtet werden. Traditionelle finanzielle Bildung, die oft durch schwer zugängliche Seminare und teure Beratungen gekennzeichnet war, wird durch Finfluencer revolutioniert. Sie machen komplexe Finanzthemen zugänglich und verständlicher, wodurch vor allem digital affine Generationen profitieren. Sie tragen dazu bei, die Scheu und den Respekt vor dem Thema Geldanlage abzulegen. Finfluencer fördern außerdem, eine Kultur der finanziellen Verantwortung, indem sie u. a. Themen wie finanzielle Unabhängigkeit und Frugalismus popularisieren. Diese Bewegungen finden besonders bei Millennials und der Generation Z Anklang.
Risiken und regulatorische Herausforderungen
Allerdings muss festgehalten werden, dass für die Inhalte dieser Finfluencer kein allgemeines Gütesiegel existiert. Große Schwankungen hinsichtlich der Expertise und der generellen Inhaltsqualität erfordern vom Zuseher stets auch ein gewisses Maß an Abstraktionsfähigkeit. Besonders große Akteure haben zudem längst eine gewisse Marktmacht aufgebaut und können mit ihren Inhalten etwa Kursbewegungen beeinflussen.
Somit ist unbestritten, dass der Boom der Finfluencer auch Risiken mit sich bringt, besonders da viele von ihnen keine zertifizierten Finanzberater sind. Kritiker bemängeln immer wieder eine Verbreitung ungenauer oder irreführender Informationen. Zudem könnten durch bezahlte Partnerschaften Interessenkonflikte entstehen, die ihre Neutralität und Glaubwürdigkeit beeinträchtigen. Aufsichtsbehörden wie die BaFin arbeiten daher an Richtlinien, um Transparenz und Schutz der Verbraucher zu verbessern. Hierbei spielt auch die Market Abuse Regulation (MAR) eine zentrale Rolle, indem sie sicherstellt, dass alle Finanzkommunikationen objektiv sind und potenzielle Konflikte offenlegen.
Im Frühjahr hat nun auch die ESMA eine klare Warnung an die Community ausgesprochen. Wer sich nicht an die festgelegten Grundlagen der MAR hält, muss Strafzahlungen befürchten. Ein großes Augenmerk wird dabei auf dem schmalen Grad zwischen Information und Anlageempfehlung liegen. Klar eingefordert wird etwa, dass eine objektive Darstellung von Anlageempfehlungen erfolgt. So müssen Fakten klar abgegrenzt werden von Interpretationen, Schätzungen und persönlichen Meinungen, eine genaue und transparente Quellenarbeit ist erforderlich. Auch mögliche Interessenkonflikte müssen klar und deutlich offengelegt werden, um Investoren klar aufzuklären.
Hinzu kommen weitere klar formulierte Anforderungen:
- Eine Zusammenfassung aller Bewertungsgrundlagen/-methoden und der zugrundeliegenden Annahmen.
- Die Dauer der Investition und eine entsprechende Risikowarnung.
- Die geplante Häufigkeit der Aktualisierungen der Empfehlung.
- Ob eine Empfehlung geändert wurde, nachdem sie dem Emittenten mitgeteilt wurde.
- Wenn sie eine Netto-Long- oder Short-Position von mehr als 0,5 Prozent am ausgegebenen Kapital des Emittenten halten.
Ausblick und Entwicklung
Es wird erwartet, dass die Rolle der Finfluencer weiterhin wachsen wird, da die Nachfrage nach alternativen Bildungsquellen steigt und der Konsum über soziale Medien leicht zugänglich und attraktiv aufbereitet ist. Traditionelle Finanzdienstleister könnten von einer Zusammenarbeit mit Finfluencern profitieren oder eigene digitale Bildungsangebote entwickeln. Die Herausforderung bleibt jedoch, die praktische Durchsetzung und Anwendung der Regularien, um die Integrität des Marktes und den Schutz der Verbraucher in einer schnelllebigen digitalen Umwelt zu gewährleisten. Weitere Bildungsinitiativen und klare Richtlinien sind erforderlich, um das Verständnis und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu verbessern.
Die zunehmende Bedeutung der Community in der Finanzwelt ist unbestreitbar und mit ihr wächst die Verantwortung dieser Akteure, sowohl in Bezug auf die bereitgestellte Information als auch hinsichtlich der Einhaltung regulatorischer Anforderungen. Es ist daher zu begrüßen, dass Regulatoren und Content Ersteller in einen Dialog treten, um ein klares Framework zu erstellen.