Rentenpaket II: FDP-Fraktion gegen Bundesregierung - und Christian Lindner?

Quelle: sharkolot@pixabay.com

Das Hick Hack um das sogenannte Rentenpaket II geht in die nächste Runde. Nachdem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) das Vorhaben zunächst blockiert hatte und nach einem Krisengipfel dann doch sein Einverständnis gab, plant nun die FDP-Fraktion im Bundestag, das Gesetz in seiner jetzigen Form abzulehnen. Die Fraktion fordert, dass der Rentenbeitrag weniger stark steigen soll - und das Generationenkapital ausgebaut.

In der Bundesregierung kündigt sich neuer Krach an. Die FDP-Fraktion im Bundestag will dem Rentenpaket II, gemeinsam ausgearbeitet von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), nicht zustimmen. Sie fordert stattdessen, dass an dem Gesetz nachgebessert wird. "Ich sehe aktuell nicht, dass das Rentenpaket in dieser Form im Bundestag verabschiedet wird", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Torsten Herbst, der „Bild“-Zeitung.

Streitpunkt Numero eins ist der hohe Anstieg des Rentenbeitrags. Bis zum Jahr 2035 müsste dieser nach Berechnungen der Bundesregierung auf über 22 Prozent steigen, um den Status Quo zu sichern - eine Mehrbelastung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das resultiert daraus, dass das Rentenniveau bei 48 Prozent festgeschrieben werden soll - also das Verhältnis einer Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren zu dem durchschnittlichen Einkommen der Beschäftigten. “Die Schere zwischen Brutto- und Nettogehalt darf nicht noch weiter auseinandergehen", positioniert sich nun Herbst.

Streitpunkt Numero zwei: Das sogenannte Generationenkapital. Ein öffentlich verwalteter Fonds soll Geld, dass der Staat ihm leiht, am Kapitalmarkt anlegen - die erzielten Renditen daraus sollen zukünftige Beitragszahler entlasten. Vor wenigen Tagen berichtete die WELT über eine Studie der Unternehmensberatung TeckPro AG, wonach das hierfür vorgesehene Kapital nicht ansatzweise reicht, um die zukünftigen Beitragszahler tatsächlich entlasten zu können. Das Kapitalvolumen müsste demnach im Jahr 2036 viereinhalb mal so hoch sein wie die geplanten 200 Milliarden Euro. Nun fordert Thorsten Herbst, das Generationenkapital müsse "viel mehr Gewicht bekommen".

"Wenn die Rentenbeiträge im Umlagesystem für die arbeitende Mitte einfach immer weiter steigen, gibt es immer weniger Netto vom Brutto und höhere Lohnnebenkosten“, positioniert sich nun auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel gegenüber der „BILD“. Daran sollten auch die Koalitionspartner kein Interesse haben, sagte er der Zeitung.

Und wie nun weiter? Am Dienstag war bekannt geworden, dass das Bundesfinanzministerium die Rentenreform gestoppt und ihre Zustimmung dazu im Bundeskabinett verweigert habe. Nach Widerspruch des Finanzministeriums sei das Vorhaben am Montag nicht auf die Tagesordnung der Kabinettssitzung gesetzt worden, die am Mittwoch hätte stattfinden sollen, so berichteten „Reuters“ und die BILD-Zeitung. Bei den Koalitionspartnern führte das zu Wut und Entrüstung. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, zitierte das „Handelsblatt“ einen Politiker aus Regierungskreisen, der nicht namentlich genannt werden wollte. Die Folge war ein Krisengipfel im Kanzleramt, bei dem sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) doch noch mit Christian Lindner einigen konnten.

Nun stellt sich die FDP-Fraktion im Bundestag nicht nur gegen die Koalitionspartner - sondern offenbar auch gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Sein „Nein“ zum Rentenpaket hatte auch deshalb für Verwirrung gesorgt, weil er es wesentlich mit ausgehandelt hatte.

Auch eine weitere Forderung der FDP-Bundestagsfraktion dürfte kaum mit den Koalitionspartnern durchsetzbar sein: Sie fordert, dass die sogenannte „Rente mit 63“ abgeschafft wird, die es Beschäftigten erlaubt, nach 45 Jahren vorzeitig und ohne Abschläge in den Altersruhestand zu wechseln. Am Freitag hat Bundeskanzler Olaf Scholz deutlich gemacht, dass seine Partei dem nicht zustimmen wird. „Das ist eine faire Regelung in unserem System“, sagte er bei einer Wahlkampfrede zur Europawahl in Hamburg, und fügte hinzu, „das wird mit uns auch nicht geändert“.