FDP fordert Korrekturen bei "Rente mit 63"

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Im Streit um das sogenannte Rentenpaket II hat die FDP ihre Forderung bekräftigt, dass Korrekturen an der sogenannten Rente mit 63 vorgenommen werden. Es sei teuer und verschärfe den Fachkräftemangel. Ein denkbares Modell: Zukünftig steht die Möglichkeit zu einem vorzeitigen Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren nur noch Geringverdienern offen.

Seit spätestens Freitag bahnt sich in der Bundesregierung neuer Streit an: Die FDP-Bundestagsfraktion signalisiert Widerstand gegen den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Rentenreform, dem sogenannten Rentenpaket II, und drängt auf Korrekturen. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil Bundesfinanzminister Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, das Gesetz maßgeblich mit ausgearbeitet hat. Nun hat die Partei eine ihrer Forderungen konkretisiert: Die sogenannte „Rente mit 63“ soll abgeschafft oder zumindest geändert werden.

"Die Statistik zeigt, dass die Rente mit 63 dem Arbeitsmarkt wertvolle Fachkräfte entzieht“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Bild am Sonntag“. Angesichts des Fachkräftemangels müsse die Politik die Debatte „fair und sachlich“ führen. Wer länger arbeiten möchte, solle dies "unter attraktiven Bedingungen machen können“, forderte der Diplom-Kaufmann.

Ähnlich positionierte sich Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Die „Rente mit 63“ sei „sehr teuer“ und schade dem Arbeitsmarkt, wird er von der „Bild am Sonntag“ zitiert. „Das muss jetzt einfließen in die parlamentarischen Beratungen zum Rentenpaket II. Denn klar ist: Die Rentenkosten müssen runter“, so Kober.

Am Freitag hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits deutlich gemacht, dass seine Partei dem nicht zustimmen wird. „Das ist eine faire Regelung in unserem System“, sagte er bei einer Wahlkampfrede zur Europawahl in Hamburg, und fügte hinzu, „das wird mit uns auch nicht geändert“.

"Rente mit 63" wird überproportional von männlichen Gutverdienern genutzt

Tatsächlich haben Ökonomen schon früh nach der Einführung der „Rente mit 63“ im Jahr 2014 auf mögliche Nachteile hingewiesen - und argumentiert, dass sie soziale Unwuchten im Alter eher verschärft. Die Möglichkeit, nach 45 Beitragsjahren früher in Rente zu gehen, wird zu zwei Dritteln von Männern genutzt - und von gut ausgebildeten Fachkräften, wie eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigte. Geringverdiener und Frauen nutzen sie deutlich seltener: auch weil sie darauf angewiesen sind, dass ihre Rentenansprüche durch weitere Beitragszahlungen steigen.

Gleichzeitig schmälert die „Rente mit 63“ die Einnahmen der Deutschen Rentenversicherung, weil weniger ältere Arbeitnehmer in die Rentenkassen einzahlen. Nach Angaben der Rentenversicherung nutzten zuletzt deutlich mehr als zwei Millionen Rentnerinnen und Rentner die vorgezogene Altersrente ohne Abschläge. Zudem bezogen in den letzten Jahren etwa 30 Prozent der Neu-Rentner eine Frührente. Damit übertrifft die Zahl der Menschen, die von diesem Instrument Gebrauch machen, alle Erwartungen.

Hochgerechnet gingen dem deutschen Arbeitsmarkt durch die abschlagsfreie Rente allein im Jahr 2022 rund 207.300 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verloren, so eine Studie das Prognos-Instituts. Diese Zahl könnte auf 300.000 bis 400.000 Frührentner pro Jahr anwachsen, weil die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer kurz vor der Verrentung stehen. Im Auftrag des Lobbyvereins Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat Prognos untersucht, wie sich die Beschäftigung Älterer vor und nach Einführung der „Rente mit 63“ entwickelt hat.

"Rente mit 63" nur noch für Geringverdiener?

Max Mordhorst, der für die FDP im Finanzausschuss des Bundestages sitzt, schlägt eine Übergangsregelung vor. Der 28jährige plädiert dafür, dass "die Rente mit 63 künftig nur noch für Geringverdiener möglich ist". Mittelfristig müsse sie aber komplett abgeschafft werden. "Solche demografisch widersinnigen Wahlgeschenke sollten wir uns nicht leisten", sagte Mordhorst der "Bild am Sonntag".

Wer 45 Jahre Versicherungszeit in der Deutschen Rentenversicherung nachweisen kann, muss nicht bis zur Regelaltersgrenze warten, sondern kann seit 2014 zeitiger ohne Abschläge in den Ruhestand wechseln. Die entsprechende Reform wurde unter dem Begriff „Rente mit 63“ bekannt, auch wenn diese Bezeichnung streng genommen nicht korrekt ist. Das Renteneintrittsalter wird schrittweise angehoben, das trifft auch auf die „Rente mit 63“ zu. Nur Jahrgänge, die vor 1953 geboren sind, konnten tatsächlich mit 63 Jahren in Rente. Für alle anderen steigt das vorgezogene Renteneintrittsalter schrittweise auf 65 Jahre an.